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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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»Okay, bringen wir’s hinter uns. Aber wenn Sie noch einmal so etwas mit mir vorhaben, kommen Sie bitte etwas früher. Dann muss ich nicht gleich zweimal ins Bad.«
    »Reinlichkeit ist eine Zier«, meinte Rath und nahm die rechte Hand des Amerikaners, drückte den Daumen erst auf das Stempelkissen, dann auf das dafür vorgesehene Feld auf dem Formular. Ein schönes, sauberes Muster, der ED würde sich freuen. Hoffentlich würde er es niemals benutzen müssen. Die Sache mit den Fingerabdrücken sollte Goldstein von Anfang an zeigen, wer der Herr im Haus war. Aber offensichtlich schien den Ami die Prozedur nicht sonderlich zu beeindrucken.
    »Und was geschieht mit dem Bogen, wenn wir fertig sind?«, fragte er und klang dabei wie ein Patient, der vom Arzt den Blutdruck wissen will.
    »Kommt in unsere Sammlung«, sagte Rath und nahm den nächsten Abdruck. »Und wenn Ihre Fingerabdrücke bei irgendeinem krummen Ding in dieser Stadt auftauchen sollten, und sei es nur, dass Sie im Puff nicht bezahlt haben, dann landen Sie hinter schwedischen Gardinen. So einfach ist das.«
    »Wie ich schon sagte: Ich bin Tourist, ich schaue mir Ihre Stadt an. Was soll da passieren?«
    »Dann haben Sie bestimmt auch nichts dagegen, dass die Polizei sich ihrerseits anschaut, wie Sie sich die Stadt anschauen.«
    »Wie bitte?« Goldstein zog die Hand weg, bevor Rath den schon eingeschwärzten kleinen Finger aufs Papier drücken konnte. Na also! Jetzt hatte er dem Ami die Laune doch noch verdorben.
    »Kein Grund zur Aufregung! Wir überwachen Sie ein wenig. Dient allein Ihrer Sicherheit. Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dürfte Ihnen das doch nichts ausmachen.«
    »Es macht mir aber verdammt viel aus, wenn man mir nachschnüffelt. Fucking unbelievable! Ist das hier ein Polizeistaat oder was? Ich dachte, ihr hättet euren Kaiser weggejagt und das wäre eine Demokratie hier!«
    »Die Sicherheit unserer ... Touristen ist uns eben einiges wert.«
    Goldstein schaute Rath an, als wolle er ihn einschätzen. »Dann habe ich also einen Babysitter, was? Sogar einen mit Knarre.«
    »Wenn Sie so wollen.«
    Goldstein schüttelte den Kopf. »Und was machen Sie, wenn ich versuche, Ihrer Beschattung zu entkommen? Wollen Sie mich dann erschießen?«
    »Ganz einfach: Ich lasse Sie nicht entwischen.«
    Auf Goldsteins Gesicht zeigte sich nun wieder ein Lächeln. »Na, das hört sich doch endlich mal nach einem fairen Angebot an«, sagte er und streckte seine druckerschwärzebeschmierte rechte Hand aus. »Abgemacht, Officer, die Wette nehme ich an.«
    6
    W ie viele Menschen durch diese Drehtür kamen! Allein vom Hingucken konnte einem schwindlig werden. Eine Zeit lang hatte Rath alle Glatzköpfigen gezählt, die hereinkamen, dann alle mit Schnurrbart, und als das langweilig wurde, alle Frauen mit krummen Beinen. Irgendetwas musste man ja tun, um sich die Zeit zu vertreiben, und die Zeitungen hatte er allesamt schon gelesen.Natürlich nur mit halber Aufmerksamkeit, denn trotz allem musste er die Halle im Blick halten. Falls der Ami doch noch aus dem Aufzug spazieren sollte. Aber augenscheinlich schien Abe Goldstein sich in seiner Suite pudelwohl zu fühlen.
    Alle paar Minuten wechselten die dienstbaren Geister die Aschenbecher aus und stellten ihm einen sauberen hin, sodass Rath jeglichen Überblick darüber verloren hatte, wie viele Zigaretten er schon geraucht haben mochte. Seine Vorräte jedenfalls gingen langsam zur Neige, nur noch zwei Stück in der Packung. Na, wenigstens gab es hier im Excelsior neben anderen Annehmlichkeiten auch ein gutsortiertes Tabakwarenangebot.
    Er ärgerte sich noch immer über diesen großkotzigen Amerikaner. Sein Versuch, Goldstein ein wenig einzuschüchtern, war grandios gescheitert. Stattdessen hatte der Ami sich über ihn lustig gemacht. Eine Wette vorgeschlagen. Als würden sie miteinander Nachlaufen spielen oder Verstecken oder – das Spiel passte wohl am besten – Räuber und Gendarm.
    Tolle Aussichten. Rath klaubte die vorletzte Overstolz aus der Schachtel und zündete sie an. Der Kaffee in der goldumrandeten Tasse war längst kalt. Er nahm dennoch einen Schluck, rauchte eine Weile und blätterte durch die Vossische , ohne sie zu lesen, bis er auch das leid wurde und die Zeitung neben die Tasse legte. Sofort sprang ein Page herbei, glättete das zerknüllte Papier und faltete die Zeitung akkurat zusammen, dass sie wieder aussah wie neu, und legte sie zurück zu den anderen. Der Kommissar drückte seine Zigarette in den

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