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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Bühne würde bewundern können. Er tippte an den Hut und verabschiedete sich mit einem »Schönes Wochenende«.
    Das würden sie nicht haben, beide nicht. Gregor Lanke war nassgeschwitzt und zu nichts mehr in der Lage.
    Rath hatte kein Mitleid mit seinem Nachfolger, er hatte Gregor Lanke noch nie leiden können. Die Frage war, vor was der Mann eine solche Angst hatte, dass er es lieber in Kauf nahm, dass Rath seine Polizeikarriere zerstörte. Und wenn herauskäme, dass Lanke junior mit Prostituierten ins Bett ging, die eigentlich als Informantinnen der Inspektion E geführt wurden, dann wäre seine Karriere derart im Eimer, dass nicht einmal ein Onkel Werner das noch würde flicken können.
    Rath trat auf die Straße und ging zu seinem Auto.
    Da sah er einen Mann aus einem Ladenlokal kommen, eine Einkaufstasche in der Hand, und stutzte.
    »Guten Tag, Herr Kollege«, rief er über die Straße, »schon dabei, die Wochenendeinkäufe zu erledigen?«
    Sebastian Tornow machte große Augen.
    »Was machen Sie denn hier?«, wollte der Kommissaranwärter wissen.
    »Das wollte ich eigentlich gerade Sie fragen.«
    »Ich?« Tornow zuckte die Achseln und deutete mit dem Kopf auf den Laden. »Ich kaufe hier immer ein. Ich wohne direkt um die Ecke. Leuthener Straße.«
    »Na, so ein Zufall.«
    »Und Sie?«
    »Habe einen früheren Kollegen besucht. Kriminalsekretär Lanke.«
    »Lanke! Wusste gar nicht, dass Sie bei der Sitte waren.«
    »Sie kennen Lanke?«
    Tornow lachte. »Das Viertel hier ist überschaubar. Ob man will oder nicht, man trifft sich. Und wenn es beim Einkaufen ist.« Er zeigte Rath seine Einkaufstasche, in der ein paar Bierflaschen klimperten. »Wie wär’s«, sagte er. »Noch auf ein Bierchen mit zu mir? Das Wochenende einläuten?«
    Rath wollte schon automatisch ablehnen, aber dann erschien ihm der Gedanke gar nicht so dumm. »Warum nicht?«, sagte er.
    Tornow wohnte längst nicht so komfortabel wie Lanke. Möbliert, mit der dazugehörigen Zimmerwirtin, und dann auch noch unterm Dach. Rath fühlte sich an seine erste Berliner Wohnungin der Nürnberger Straße erinnert. Ein bisschen gemütlicher hatte Tornow es schon; immerhin zwei Zimmer, eines zum Schlafen, eines zum Wohnen und Arbeiten, wenn auch beide mit Dachschräge. Ein kleiner Esstisch mit vier Stühlen, ein Sessel und ein kleines Sofa. Auf dem Schreibtisch am Fenster standen eine Schreibmaschine und ein Telefon und ein paar gerahmte Fotografien. Raths Blick fiel auf das Aquarium neben dem Sofa.
    »Oh, Sie haben Fische«, meinte er, ehrlich überrascht. Ein Aquarium, das passte eigentlich nicht zu dem Bild, das er sich von Tornow gemacht hatte.
    »Irgendein Hobby braucht der Mensch ja«, meinte Tornow und grinste. »Damenbesuche sind bei Frau Hollerbach strengstens verboten.«
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor«, meinte Rath. »Deswegen habe ich mir eine andere Wohnung gesucht. Zwar ein wenig teurer und im Hinterhaus und nicht mehr in Charlottenburg, aber dafür bin ich mein eigener Herr. Frau Lennartz kommt nur zum Putzen, ansonsten könnte ich hundert Frauen mit in die Wohnung nehmen und niemand störte sich daran.«
    »Außer der Inspektion E wahrscheinlich«, meinte Tornow.
    Er holte zwei Bierflaschen aus der Einkaufstasche und stellte sie auf den Tisch, die restlichen Einkäufe räumte er in den Schrank. Die Männer ließen die Bügelverschlüsse ploppen und stießen an.
    »Vielen Dank für die Einladung«, meinte Rath. »Da fällt mir ein, dass ich mein Versprechen, Sie auf ein Bier einzuladen, immer noch nicht eingelöst habe.«
    »Na, wird sich schon noch ergeben«, sagte Tornow. »Vielleicht lerne ich dann ja auch mal das sagenumwobene Nasse Dreieck kennen, von dem Reinhold erzählt hat.«
    »Hat er das?«, fragte Rath. Das Dreieck am Wassertorplatz war sozusagen Raths Stammkneipe. Hier ließ er schon mal mit Gräf lang gewordene Arbeitstage ausklingen. »Eigentlich wollte ich damit warten, bis ich Ihnen das versprochene Bier ausgebe«, sagte er, »aber da Sie mir nun zuvorgekommen sind ...« Er streckte die Hand aus. »Es ist Zeit, dass wir uns duzen, so unter Kollegen. Ich heiße Gereon.«
    Tornow schüttelte die Hand. »Sebastian«, sagte er.
    Die Flaschen klirrten, als die Männer noch einmal anstießen.
    Rath zeigte aus dem Mansardenfenster, durch das man über die Dächer des Sedanviertels hinweg den imposanten Schöneberger Gasometer sehen konnte.
    »Schöne Aussicht hast du hier«, meinte er.
    Tornow nickte. »Soll ich dir mal etwas

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