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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Fernschreiben aus Amerika angenommen und weitergeleitet hatte. Böhm hatte sich zunächst auf Rath und seine Männer konzentriert, denen er offensichtlich jede Indiskretion zutraute, er hätte sogar Weiß oder Scholz eine solch gezielte, wohl auch politisch motivierte Tat eher zugetraut als dem Fernschreibermädchen, einer harmlosen Mittzwanzigerin. Doch die war schließlich als Einzige übriggeblieben und hatte nach einem Verhörmarathon dann auch gestanden, dass sie in der Kantine einem Kollegen von Goldstein und dessen baldiger Ankunft erzählt hatte. Und bei diesem Kollegen handelte es sich um Kriminalassistent Helmut Grabowski.
    Derselbe Kriminalassistent, den der Pförtner im Scherl-Haus dann, als Rath ihm Grabowskis Konterfei unter die Nase hielt, eindeutig als den Mann wiedererkannte, der die mysteriösen Briefumschläge für das Postfach von Stephan Fink gebracht hatte.
    Zunächst hatte Grabowski steif und fest behauptet, in Eigenregie gehandelt zu haben, doch als Gennat ihn häppchenweise mit den Aussagen konfrontierte, die Lanke junior bereits gemacht hatte, war schließlich auch er eingeknickt. Gregor Lanke, den Rath vor einer Woche schon beinah weichgekocht hatte, der aber ein eher kleines Rädchen in diesem Getriebe zu sein schien.
    Und nicht zu vergessen die Namen, die Charly hatte beisteuern können. Hunderte Porträts von Polizeibeamten hatte sie in den vergangenen Tagen gesichtet, ein paar hatte sie wiedererkannt.Gennat hatte sie zu diesem Zweck nicht ins Präsidium gebeten, sondern in eine konspirative Wohnung. Die Mitverschwörerin hieß Trudchen Steiner, Gennats treue Sekretärin, bei der Charly aus Sicherheitsgründen auch erst einmal wohnte. Solange Scheer und Tornow nicht hinter Gittern waren.
    Das Bild, das man aus all diesen Aussagen zusammensetzen konnte, war ungeheuerlich. Die Weiße Hand . Ein geheimer Zusammenschluss frustrierter Polizisten, die es leid waren, dass die Justiz die Leute wieder auf die Menschheit losließ, die sie mit viel Mühen hinter Gitter gebracht hatten. Polizisten, die sich entschlossen hatten, über ihren eigentlichen Beruf hinaus auch noch Richter und Henker in Personalunion zu spielen und die schlimmsten Übeltäter der Berliner Unterwelt zu beseitigen.
    Polizisten, die nun kurz vor ihrer Verhaftung standen.
    Sie waren oben angekommen; in der Dachwohnung war alles dunkel. Sie hatten kein Licht gemacht im Treppenhaus, nur von draußen waberte etwas Zwielicht herein. Mit viel Mühe konnte Rath das Namensschild an der Tür lesen. S. TORNOW . Hinter dieser Tür hatte Gereon Rath vor einer Woche erst geglaubt, einen neuen Freund gefunden zu haben. So schnell konnten sich die Dinge ändern.
    Gennat stieg keine Treppen mehr, und so war es an Rath, dem Bereitschaftsführer mit einem Nicken grünes Licht zu geben. Der gab seinen Männern einen Wink, und die traten in Aktion wie ein perfekt einstudiertes Ballett. Der Erste trat die Tür ein, ein Zweiter drehte sich mit gezogener und schussbereiter Waffe in die Tür, drei Männer gingen hinein, Rath blieb draußen, die Walther ebenfalls im Anschlag, obwohl er nicht glaubte, dass Tornow ihnen in der dunklen Wohnung eine Falle stellen wollte oder sich dort versteckt hielt, um sich dann den Weg freizuschießen.
    Und so war es dann auch. Nach einer Minute kam der Bereitschaftsführer aus der Wohnung und schüttelte den Kopf. »Niemand zuhause«, sagte er. Rath warf einen kurzen Blick in die Wohnung. Es sah nicht nach einer Flucht aus. Sein Blick fiel durch das Fenster auf den Gasometer am Ende der Leuthener Straße.
    Er verließ die Wohnung, und die Beamten gingen wieder nach unten, ein wenig frustriert, wie immer nach einem ergebnislosen Einsatz.
    Am Fuß der Treppe wartete Gennat auf sie.
    Rath zuckte die Achseln. »Nicht zuhause«, sagte er. »Aber ich möchte fast wetten, ich weiß, wo wir ihn finden.«
    Ob Tornow doch etwas gemerkt hatte?, fragte sich Rath, als sie wieder auf der Straße waren und sich dem Gelände der Gasanstalt näherten. Aber das konnte nicht sein, es war nicht einmal bekannt, dass Helmut Grabowski und Gregor Lanke überhaupt verhaftet worden waren, geschweige denn, dass man sie vernommen hatte.
    Und die Verhaftungen selbst hatte niemand mitbekommen. Gregor Lanke hatte Rath vor der Kantine abgepasst und eine wichtige Unterredung unter vier Augen vorgeschoben, um den Mann nach Schöneberg zu bekommen. Der Kriminalsekretär hatte nicht schlecht gestaunt, als im Pfarrbüro von Sankt Norbert Kriminalrat

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