Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
Großbank steht ohne Vorgang in der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
    Das, was wir jetzt erleben, ist keine Inflation, sondern das akkurate Gegenteil davon.
    Rath verstand nicht ganz, ob das nun eine gute oder eine schlechte Nachricht war. Hörte sich zunächst nach einer guten an: Keine Inflation, na immerhin! Allerdings änderte das nichts daran, dass offensichtlich Geld fehlte.
    Was für eine bescheuerte Welt, dachte er. Manchmal konnte man Leute wie Alex wirklich verstehen. Er musste an ihre Worte im Treppenhaus denken.
    Als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, erwartete Kirie ihn neugierig. Charly schlief immer noch tief und fest.
    »Ihr Hunde habt’s wirklich gut«, sagte er und tätschelte dem Tier den Kopf. »Und das nicht nur in der Liebe, weißt du das?«
    Dann setzte er sich zu Charly aufs Bett. Sie schlug kurz die Augen auf und kuschelte sich an ihn, griff nach seiner Hand und hielt sie. »Ich habe ihnen nichts gesagt, Gereon«, murmelte sie, mehr schlafend als wach, »gar nichts!« Und dann fielen ihr wieder die Augen zu. Rath zog ihr die Decke über die Schultern und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Es tut mir so leid«, sagte er, obwohl er nicht sicher war, ob sie ihn überhaupt noch hörte, aber das machte die Sache leichter, einen Fehler einzugestehen. »Ich Idiot hätte dir glauben sollen, dann wäre das alles nicht passiert.«
    Er setzte sich auf einen Stuhl neben ihr Bett und legte sich die Walther auf den Schoß. Er betrachtete Charly, wie sie tief und fest schlief am helllichten Tag. Nie wieder sollte sie ihm jemand wegnehmen können, nie wieder!
    118
    E s dämmerte bereits, als die Polizeifahrzeuge vorfuhren. Der Gasometer setzte sich als riesige Silhouette vor dem glühenden westlichen Abendhimmel ab. Am frühen Nachmittag hatte es geregnet, das Pflaster glänzte noch immer dunkel und nass. Auf ihrer Verhaftungsliste standen eine ganze Menge Leute und Adressen in allen möglichen Ecken der Stadt, doch Rath hatte sich entschieden, in Schöneberg mit dabei zu sein. Genauso wie Gennat. Böhm war mit nach Westend gefahren, was Rath die Entscheidung für Schöneberg noch leichter gemacht hatte.
    Zeitgleich waren Polizeieinheiten an siebzehn verschiedenen Stellen im Stadtgebiet im Einsatz. Punkt zwanzig Uhr sollte der Zugriff erfolgen. Die Beteiligten sollten sich nicht gegenseitig warnen können.
    Überall in der Stadt, an siebzehn Adressen, würde um diese Uhrzeit die Illusion zerplatzen, Polizisten stünden über dem Gesetz.
    Selten hatte Rath das Fortschreiten der Zeit als so quälend langsam empfunden wie in den vergangenen Tagen.
    Auch nach Charlys Freilassung hatte sich das erst einmal nicht geändert. Er hatte sich ferngehalten von Sebastian Tornow, so gut es ging, aber natürlich waren sie sich bei der Arbeit immer mal wieder über den Weg gelaufen. Alle arbeiteten jetzt mit Feuereifer daran, die Beweiskette für das Verfahren gegen Goldstein so dicht wie möglich zu machen.
    Alle bis auf Gennat, Böhm und Grabowski.
    Rath war der Einzige, der das wusste, für alle anderen sah es so aus, als ermittelten auch diese drei in Sachen Goldstein. Dass sie eigentlich nur Verhöre führten in einem geheim gehaltenen Raum, das ahnte niemand. Und noch weniger, dass Helmut Grabowski dabei auf dem Stuhl des armen Sünders saß und von den beiden alten Hasen der Mordinspektion in die Mangel genommen wurde.
    Drei Tage hatten der Buddha und die Bulldogge gebraucht, um die harte Nuss zu knacken. Dann hatte Grabowski ausgespuckt. Siebzehn Namen. Und genügend Hintergrundinformationen, um die heutigen Festnahmen zu rechtfertigen.
    Sie standen nun schon am Fuß der Treppe, Gennat, Rath und der Bereitschaftsführer mit seinen Leuten. Ein Dutzend Uniformierte hatten sie mitgenommen. So leise wie möglich stiegen die Männer die Holzstufen empor, die ab und an einmal müde knarrten, als protestierten sie gegen die ungewohnte Belastung.
    Dass Kriminalassistent Helmut Grabowski der Maulwurf sein musste, die undichte Stelle in der Burg, das hatten Rath und Oberkommissar Böhm ungefähr zur gleichen Zeit herausbekommen. Böhm, den es immer noch wurmte, dass Interna der Goldsteinfahndung gleich am ersten Tag an die Presse gegangen waren, hatte den Personenkreis der Verdächtigen nach und nach eingrenzen können. Nur sieben Menschen hatten überhaupt gewusst, wie Abraham Goldstein aussieht: Gereon Rath und seine drei Leute, Vizepolizeipräsident Doktor Bernhard Weiß, Kripo-Chef Scholz und die Angestellte, die das

Weitere Kostenlose Bücher