Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
wenig die Beine. Halt die Fassade im Blick. Nicht dass Goldstein doch noch auf die Idee kommt, sich von Balkon zu Balkon zu hangeln.«
    Gräf nickte. »Und wann soll ich dich ablösen?«
    »Sagen wir um eins. Dann muss ich mit Kirie sowieso wieder Gassi gehen.«
    Der Kriminalsekretär war vielleicht eine Viertelstunde verschwunden, da erschien Abraham Goldstein höchstpersönlich im Türrahmen von Zimmer 301 und schloss sorgfältig ab. Er stutzte, als er Rath am Schreibtisch sitzen sah, dann lachte er laut auf.
    »Guten Morgen, Officer! Was ist denn das für ein Anblick? Haben Sie Ihr Büro verlegt?«
    »Ich möchte nun mal gern in Ihrer Nähe sein«, sagte Rath und klappte die Kladde mit den Kritzeleien zu. »Haben Sie gut geschlafen?«
    »Danke, ganz ausgezeichnet.« Goldstein reckte sich und drückte den Aufzugknopf. »Scheint ein schöner Tag zu werden. Na, dannwollen wir mal. – Ich sage wir , weil Sie werden mich doch bestimmt wieder begleiten.«
    Rath schnappte sich die Hundeleine.
    »Ein Polizeihund?«, fragte Goldstein und zeigte auf Kirie.
    Die Lifttür öffnete sich, die beiden Männer stiegen ein.
    »Der ist gefährlicher, als er aussieht«, sagte Rath, »auf New Yorker abgerichtet.«
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass ich aus Brooklyn bin?«
    »Das ist dem Hund egal.«
    Eine Dame, die mit ihnen fuhr, musterte die Männer von oben bis unten; der Liftboy blickte stoisch ins Leere.
    »Wie geht’s eigentlich Ihrem Auto?«, fragte Goldstein. »Schon repariert?«
    Das saß. Rath schluckte seine Wut hinunter und schwieg. Nur nicht provozieren lassen von diesem Arschloch.
    »Erdgeschoss«, sagte der Liftboy und öffnete die Tür. Nur die Dame stieg aus. Rath und Goldstein fuhren weiter ins Untergeschoss, wo Goldstein gleich den Tunnel ansteuerte.
    »Was haben Sie gegen das Tageslicht?«, fragte Rath.
    »Ich liebe nun mal die Unterwelt.«
    Kirie offensichtlich weniger; Rath musste an der Leine ziehen, um dem Hund Beine zu machen. Erst als es die Treppe hinaufging und das Tageslicht lockte, wurde sie wieder schneller.
    Goldstein steuerte den Taxistand an.
    »Ich hoffe, Sie nehmen’s mir nicht übel, Officer, wenn ich Sie nicht einlade mitzufahren, aber das wäre gegen die Spielregeln«, sagte er, als er das erste Taxi in der Reihe herangewunken hatte.
    Rath nahm das zweite, dessen Fahrer nur unwillig seine Zeitungslektüre unterbrach.
    »Wo soll’s denn hingehen?«, fragte er, als Rath den Hund, der noch nie freiwillig in ein Auto gestiegen war, mit Mühe auf den Rücksitz schob.
    »Folgen Sie dem Taxi da vorne«, sagte Rath, nachdem er sich neben die winselnde Kirie gesetzt hatte.
    »Ernsthaft?« Der Taxifahrer glotzte ungläubig in den Rückspiegel. »Ick dachte immer, so wat jibtet nur im Kino.«
    »Sehe ich aus wie ein Schauspieler?« Rath zeigte seinen Polizeiausweis.
    »Schon jut, schon jut.«
    In diesem Moment schob sich Goldsteins Taxi vom Seitenstreifen auf die Fahrbahn, und Raths Fahrer gab Gas. Der Kommissar schaute zur Seite, auf den Gehweg, wo sich gerade ein Kofferkuli mit mehreren Ungetümen abmühte. Im letzten Moment sah er einen Mantel, der ihm bekannt vorkam. Der Ami! Mist! Goldstein war gar nicht eingestiegen! Oder gleich wieder ausgestiegen! Jedenfalls hatte er nur das Taxi auf die Reise geschickt, ohne Fahrgast!
    »Anhalten«, sagte Rath.
    »Wie bitte?«
    »Nun halten Sie doch an, verdammt noch mal!«
    »Wollense mir vergackeiern? Nach drei Metern? Ick denk, ick soll dem Kollegen folgen?«
    »Hat sich erledigt; nun halten Sie schon!«
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis der Taxifahrer rechts rangefahren war, bis er ein Markstück unter Murren als Bezahlung akzeptiert hatte – »Jetzt darf ick mir wieder hinten anstellen! Ne Quittung sehense dafür aber nich!« – und Rath samt Hund endlich wieder ausgestiegen war. Von Goldstein war nichts mehr zu sehen, der Mann musste im Bahnhof verschwunden sein.
    Rath fluchte und zerrte die arme Kirie hinter sich her in die große Vorhalle des Anhalter Bahnhofs. Unzählige Köpfe, unzählige Hüte, Rath schaute sich um. Endlich entdeckte er einen hellen Fedora in der Menschenmenge und atmete auf. Es war tatsächlich Goldstein, in der Schlange vor einem Fahrkartenschalter. Noch bevor er wieder irgendwo verschwinden konnte, war Rath bei ihm.
    »Sie wird man wirklich nicht so schnell los, was?«, meinte Goldstein.
    »Das habe ich Ihnen ja gleich gesagt.« Rath war bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er nach Luft schnappte.
    »Haben Sie

Weitere Kostenlose Bücher