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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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deshalb den Hund dabei? Dass er meine Fährte wieder aufnimmt, wenn ich Ihnen doch mal entwische?«
    »Jedenfalls sind Sie mir nicht entwischt. Das ist die Hauptsache.«
    »Wissen Sie, dass Sie langsam anfangen, mir auf den Wecker zu gehen?«
    »Schön«, meinte Rath, »dann mache ich ja alles richtig.«
    »Ich kann mir jedenfalls Schöneres vorstellen, als mit Ihnen im Schlepptau durch diese Stadt zu fahren. Da bleib ich lieber hier.«
    »Tun Sie das.«
    Goldstein löste sich aus der Warteschlange und steuerte das Hauptportal an. Kurz darauf standen sie wieder auf dem Askanischen Platz. Gräf, der unter einem der Bäume auf einer Bank saß, hatte sie erspäht und machte ein fragendes Gesicht. Rath gab dem Kriminalsekretär ein unauffälliges Handzeichen: Schon gut, die Lage ist im Griff.
    »Ihr Kollege?«, fragte Goldstein. »Ist mir gestern schon aufgefallen.«
    »Tut mir leid, dass ich Sie nicht persönlich bekannt machen konnte.«
    Goldstein schlenderte über den Platz und schaute sich die Gegend an, Rath folgte seinem Beispiel. Am Europahaus waren mal wieder die Handwerker zugange. Vor der Fassade des Hochhauses hatten sie ein riesiges Stahlgerüst montiert, auf dem in den nächsten Tagen eine der gewaltigsten Lichtreklamen der Stadt installiert werden sollte. Immer wieder blieben Schaulustige stehen und guckten nach oben, wo die Arbeiter im Stahlgeäst herumturnten und Neonröhren festschraubten. Auch Goldstein gaffte nach oben.
    »Ich muss sagen«, meinte er, »die Baustellen, die wir gerade in Manhattan haben, die sind imposanter. Da müssen Sie wirklich schwindelfrei sein, wenn Sie da arbeiten wollen.«
    »Na, mir reicht die Höhe hier voll und ganz«, meinte Rath und ärgerte sich gleich darauf. Warum war er bei diesem Ami nur so redselig? Wo dem doch kein Detail entging, der erfasste seine Umwelt messerscharf und achtete wahrscheinlich auf jede kleinste Information in allem, was er hörte.
    »Höhenangst?«, fragte Goldstein denn auch gleich, und Rath sagte nichts mehr, schaute vor Ärger nicht einmal mehr zu den Arbeitern hoch. Wann endlich würde Weiß ihn von dieser Aufgabe erlösen? Wann endlich könnte er wieder in einem richtigen Mordfall ermitteln?
    »Lust auf eine Tasse Kaffee?«, fragte Goldstein plötzlich, »ich lade Sie ein.«
    »Danke, aber das darf ich nicht annehmen.«
    Goldstein grinste. »Aber wenn ich jetzt irgendwo eine Tasse Kaffee trinke«, meinte er, »dann setzen Sie sich doch sowieso dazu. Wenn Sie Ihren Kaffee unbedingt selbst bezahlen wollen – mir soll es recht sein.«
    Kurz darauf saßen sie im Café Europa , ausgerechnet das Lokal, in dem Rath seinen ersten Abend mit Charly verbracht hatte. Getanzt wurde um diese Uhrzeit noch nicht, dafür herrschte oben auf dem Dachgarten ein großer Rummel. Zwei Kännchen Kaffee standen vor ihnen auf dem Tisch, und Rath freute sich insgeheim, dass der Amerikaner ein Opfer der deutschen Kännchenunsitte geworden war. Dünner Kaffee in dünnwandigen Kännchen, sodass man die zweite Tasse unweigerlich kalt trinken oder sich an der ersten verbrühen musste. Oder beides.
    Doch Goldstein ließ das Kännchen unkommentiert. »Gegen Sie persönlich habe ich überhaupt nichts«, meinte er, nachdem er sich eingeschenkt hatte. »Sie sollten mich nur in Ruhe lassen, das bekäme uns beiden besser. Dann hätten Sie Ihr Auto vielleicht auch nicht in die Werkstatt bringen müssen.«
    »Was wissen Sie denn darüber?« Rath ärgerte sich, dass Goldstein so unverblümt über diese Sache sprach.
    »Nur dass ich mein Auto nicht in so einer Gegend unbeaufsichtigt abstellen würde, schon gar nicht so ein schönes. Das hat mir jedenfalls der Taxifahrer empfohlen.«
    »Ich darf Sie nun mal nicht in Ruhe lassen, das ist mein Auftrag«, sagte Rath, »da muss man auch Opfer bringen.«
    »Wissen Sie, ich bin Amerikaner.« Goldstein rührte in dem viel zu heißen Kaffee. »Das werden Sie als Deutscher vielleicht nicht verstehen, aber das Wichtigste überhaupt ist für mich die Freiheit. Meine Freiheit. Wenn man mir die nicht lässt, dann werde ich ungemütlich. Irgendwann. Nur dass Sie Bescheid wissen.«
    »Heißt das, Sie wollen mir drohen? Wir sind hier nicht in Amerika, wo man Polizisten einfach über den Haufen schießt.«
    »Ich glaube, Sie haben eine falsche Vorstellung von unserem Land. Sie sollten mal hinfahren.«
    »Ich kenne Ihr Land.«
    Goldstein schwieg und zog an seiner Zigarette. Rath ärgerte sich. Dauernd ließ er sich zu Äußerungen provozieren, die den

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