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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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durch die Passanten, hetzte weiter und kreuzte die Landsberger Straße, den vorbeifahrenden Autos so gut wie möglich ausweichend. Ein Mann mit Fliege unterm Kinn, den sie auf der anderen Straßenseite beinahe umgestoßen hätte, schüttelte den Kopf und machte irgendeine blöde Bemerkung über die mangelnde Verkehrserziehung an den heutigen Schulen.
    Sie rannte die Landsberger Straße hinunter, Richtung Alex, da hörte sie ihren Verfolger wieder rufen. Diesmal allerdings einen anderen Text. »Halten Sie das Mädchen fest!«
    Alex schaute sich kurz um. Da stand er im Blau seiner Uniform und mit blutigem Gesicht, seine Wut schien er inzwischen wieder unter Kontrolle zu haben, und zu schießen würde er hier auch nicht mehr wagen. Die Leute starrten ihn an, aber nichts passierte. Kein Mensch reagierte auf den Ruf des Schupos; der Fliegenmann, der eben noch den Kopf geschüttelt hatte, tat, als hätte er den ganzen Tag noch kein Mädchen gesehen, schon gar kein fliehendes, und schaute beflissentlich in eine andere Richtung.
    Alex rannte weiter, die Straße hinunter, immer weiter. Der Blaue war noch auf der anderen Straßenseite, erst mal musste er durch den Verkehr. Aber noch bist du ihm nicht entwischt, noch nicht! Lauf weiter!
    Sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen, sie ignorierte die Seitenstiche, drehte sich noch einmal im Laufen um, sah den Bullen die Straße überqueren. Seine Knarre hatte er wieder eingesteckt.
    Verdammt, wie sollte sie ihn loswerden? Endlich, nach endlosen Häuserfronten, kam wieder eine Querstraße, Alex schlug einen Haken nach links, hier konnte er sie erst einmal nicht mehr sehen. Wohin nun? Ihr Atem rasselte, sie lief und schaute, kein Hofeingang, der sich anbot, keine offen stehende Haustür. Kleine Frankfurter Straße sagte das Straßenschild, und am anderen Ende war schon die breite Verkehrsschneise der Frankfurter Straße zu erkennen. Noch ein kurzes Stück, sie hatte die nächste Straßenecke erreicht, schaute sich noch einmal kurz um, der Bulle war noch nicht in Sicht, und Alex schlug den nächsten Haken, diesmal nach rechts. Elisabethstraße , auch hier weit und breit kein Versteck in Sicht. Egal, Hauptsache, der Scheißbulle hatte sie erst einmal nicht mehr im Visier. Die Passanten schauten sie schief an, als sie weiterhetzte. »Man nicht so eilig, Mädchen, wirst deinen Bus schon noch kriegen«, sagte einer.
    Und dann stand sie an der Frankfurter Straße. Auf der anderen Seite erkannte sie das blaue Schild mit dem großen, weißen U, das ihr entgegenleuchtete wie eine Verheißung.
    Der U-Bahnhof! Vielleicht ihre Rettung! Erst mal unter die Erde, und dann weitersehen.
    Dummerweise lagen die Eingänge auf der anderen Straßenseite, Alex musste erst den Fahrdamm überqueren. Diesmal machte sie das ruhig und gesittet, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, langsam beruhigte sich auch ihr Atem wieder, nur die Seitenstiche blieben. Unauffällig drehte sie sich um, so als würde sie den Verkehr im Blick halten – von dem Bullen keine Spur. Hatte sie ihn abgehängt? Als Alex die Treppe endlich erreicht hatte, die genau vor dem Eckhaus in die Unterwelt führte, warf sie einen letzten Blick auf die Frankfurter Straße, und da sah sie ihn doch noch. Rund hundert Meter weiter östlich kam gerade ein Mann in blauer Uniform aus der nächsten Querstraße und schaute sich suchend um.
    Alex machte sich ganz klein und stolperte die Stufen hinunter, ohne noch einmal nach oben zu schauen. Hatte er sie nun gesehen oder nicht? Die Treppe führte zu einem Zwischengeschoss, die Bahnsteige lagen noch einmal eine Etage tiefer. Nun war sie unten, nun gab es kein Zurück mehr. Besser, sie stelltesich darauf ein, er könnte sie gesehen haben. Keine Zeit mehr, großartig zu überlegen, sie musste ihren Vorsprung nutzen und handeln. Alex hastete die nächste Treppe hinunter und auf den Bahnsteig. Schillingstraße sagten die Buchstaben an der rosa gekachelten Wand.
    Jede Menge Fahrgäste standen hier, aber niemand beachtete sie. Alex stutzte einen kleinen Moment, dann ging sie weiter, so ruhig wie möglich, ihre Aufregung verbergend, immer den Bahnsteig entlang. Dahinten war noch eine Treppe, der andere Ausgang, und genau dort hatte sie ihn doch gesehen, oben, über der Erde. Wenn er den Osteingang nehmen würde, liefe sie ihm genau in die Arme. Schöne Scheiße! Alex machte kehrt, spazierte den Bahnsteig wieder zurück. So langsam kam sie sich vor wie in einer tödlichen Falle. Wie dämlich von ihr, hier

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