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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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sagte sie.
    »Willst du nicht damit anfangen? Soll ich dir mal zeigen, wo ich am liebsten erzogen werden möchte?«
    Es reichte! Dieses vulgäre Gequatsche wurde ihr zu blöd. Charly versuchte, sich an dem Jungen vorbeizudrängen, doch der hielt sie am Arm zurück, mit erstaunlich festem Griff. Nein, das war ganz bestimmt kein Kind mehr! Mit einem Ruck schleuderte er sie zurück. Sie stolperte und konnte sich gerade noch am Treppengeländer festhalten, sonst wäre sie auf den Stahlkanten der Betontreppe gelandet. So fing sie sich auf halber Höhe ab, handelte sich bei dieser Gelegenheit trotzdem ein paar blaue Flecken ein.
    Verdammt!
    Kein Mensch wusste, dass sie hier unterwegs war, kein einziger, nicht einmal Weber. Das hatte sie ja prima hinbekommen! Sie rappelte sich wieder hoch und wollte gerade etwas sagen, da hörte sie eine Stimme, scharf wie ein Messer.
    »Lass die Frau in Ruhe, Kralle!«
    Charly blickte sich um. Ein Mädchen stand da, in einem dünnen Mantel, schwarze Haare ohne jede Frisur, bedeckt von einer roten Baskenmütze. Obwohl ihr Gesicht mit der Stupsnase und den riesigen braunen Augen eher niedlich wirkte, schien der Junge Respekt vor ihr zu haben. Vielleicht auch nur vor dem großen Messer in ihrer Hand.
    »Ach, die kleine Vicky«, sagte er, aber es klang nicht so lässig, wie es wohl klingen sollte. »Was wird denn das hier? Hast du’n neuen Verein gegründet? Frauen helfen Frauen?«
    »Ich will nur nicht, dass du notgeiler Idiot uns die Bullen auf den Hals hetzt, weil du eine Frau angrapschst. Also verzieh dich und lass sie gehen.« Zu den letzten Worten ließ sie die Messerspitze zum Ausgang zeigen.
    »Oh, die böse Vicky hat ein Messer! Da habe ich aber Angst!«
    »Die hätte ich an deiner Stelle auch, Arschloch. Oder hast du schon vergessen, was Mädchen mit Messern so alles machen können? Und so gut wie Alex kann ich das auch!«
    »Alex, die blöde Lesbe«, sagte der Junge und spuckte aus. Das Mädchen namens Vicky schien einen empfindlichen Nerv getroffen zu haben. Sogar das breite Grinsen war jetzt aus Kralles Gesicht verschwunden.
    »Alex«, fragte Charly, »ist ein Mädchen?«
    Sie konnte förmlich sehen, wie bei Vicky die Schotten runtergingen. Ihre Retterin hatte offensichtlich mehr erzählt, als sie wollte. Dafür wurde der Junge plötzlich redselig. So blöd er aussah, schien er doch einen gesunden Instinkt zu haben, wenn es darum ging, anderen zu schaden.
    »Ist das etwa die, die Sie suchen?«, sagte er, und begann Charly plötzlich höflich zu siezen. »Alexandra Reinhold? Könnte hinkommen, die Beschreibung passt. Leider ist die liebe Alex im Moment nicht im Haus, sonst würd ich Ihnen die Schlampe gerne vorstellen ...«
    »Kralle, halt die Klappe!«
    »’nen Teufel werd ich tun! Wer hat denn dich erzogen? Man antwortet, wenn Erwachsene einen fragen!«
    Charly versuchte, die Ängste des Mädchens zu zerstreuen. »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte sie, »ich will deiner Freundin helfen.«
    »Wenn Sie von der Fürsorge sind, können Sie gleich wieder abdampfen«, zischte Vicky. »Ihre Art von Hilfe kennen wir!«
    »Vielleicht haben die Bullen sie ja auch vorgeschickt«, meinte Kralle. »Hängt Alex etwa bei der KaDeWe-Sache mit drin? Hab ich mir eh schon gedacht, dass sie und ihr kleiner jüdischer Freund damit zu tun haben.«
    Das Mädchen mit dem Messer verlor plötzlich die Beherrschung. »Weißt du überhaupt, was du da sagst?«, fuhr sie den Jungen an, »weißt du überhaupt, was passiert ist, du dämlicher Fettsack? Hau bloß ab, bevor ich dir ein zweites Arschloch schnitze!«
    Kralle hob die Schultern und trollte sich.
    »Sie gehen besser auch«, sagte das Mädchen zu Charly, »und vergessen Sie, was dieser Idiot Ihnen gerade erzählt hat.«
    »Aber ich will Alexandra wirklich helfen. Weißt du, wo ich sie finden kann? Sie ist an der Hand verletzt, und ich glaube ...«
    »Haben Sie nicht gehört? Sie sollen gehen! Hauen Sie ab!«
    Vicky kreischte fast. Das Messer in ihrer Hand zitterte, sie sah aus, als würde sie jeden Moment die Beherrschung verlieren. Charly wollte es nicht darauf ankommen lassen, das Messer sah ziemlich scharf aus.
    »Na gut«, sagte sie, »aber wenn du es dir anders überlegen solltest, kannst du mich jederzeit anrufen. Wie gesagt, ich will euch helfen. Ich weiß, dass Alexandra vor irgendetwas Angst hat; vielleicht sollte sie mit mir darüber reden. Ich bin nicht von der Polizei und auch nicht von der Fürsorge.« Sie riss ein Blatt aus

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