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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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zwei Buchsbäumen in der Dunkelheit. Die Braunhemden guckten für einen kurzen Moment blöd aus der Wäsche, dann stürzten sie hinterher.
    »Fucking shit«, schimpfte Goldstein und stellte sich an die Bordsteinkante. Er musste nur drei, vier Autos passieren lassen, dann konnte er die Straße überqueren.
    Was für ein Urwald! Der Jude hatte sich mitten ins Unterholz geschlagen, seine Verfolger waren an der gleichen Stelle hinterher. Goldstein entschied sich für einen Kiesweg, hier waren wenigstens in einigem Abstand Laternen aufgestellt.
    32
    D er Mann saß in einem Auto und rauchte. Rath sah ihn, als er wieder aus der Kneipe kam. Viel herausbekommen hatte er in dem Schuppen nicht, aber wenigstens hatte man ihm ein Bier ausgegeben. Der Wirt, offensichtlich von Marlow instruiert, hatte Rath ein geräumiges Zimmer hinter der Gaststube und den Toiletten gezeigt. Die drei quadratischen Kneipentische, die dort standen, eigneten sich bestens für Skatpartien, konnten zusammengeschoben aber auch für Konferenzen oder ein größeres Essen genutzt werden. Am auffälligsten war der Schreibtisch. Als Rath das Telefon dort gesehen hatte, wusste er sofort, dass er in einem der vielen Arbeitszimmer von Johann Marlow stand. Hier hätte Hugo Lenz gestern Abend erscheinen sollen. Gestern Mittag hatte der rote Hugo der Amor-Diele seinen vorerst letzten Besuch abgestattet, seither hatte der Wirt ihn nicht mehr gesehen. Irgendwelche Vorlieben oder Eigenarten des Schränkers waren ihm angeblich nicht bekannt, nur dessen Leidenschaft für Pferdewetten: regelmäßige Besuche der Galopprennbahn in Karlshorst. Raths Mutmaßung, die Nordpiraten könnten Hugo Lenz vor der Amor-Diele abgefangen und entführt haben, wies der Wirt weit von sich: Die Piraten seien doch viel zu feige, um auch nur einen Fuß nach Friedrichshain zu setzen.
    Doch da schien der Mann sich zu täuschen.
    Rath überquerte die Straße, ohne dem Wagen und seinem Insassen Beachtung zu schenken. Als er auf gleicher Höhe war, öffnete er die Beifahrertür und setzte sich hinein. Der Mann am Steuer starrte ihn mit großen Augen an.
    »Hey«, sagte er, »das ist hier kein Taxi.«
    Rath zückte seine Polizeimarke. Der Mann wollte die Tür öffnen, doch dann spürte er den kalten Lauf der Walther an seiner Schläfe und erstarrte.
    »Schön sitzen bleiben«, sagte Rath. »Und Türen schließen, bitte.«
    Der Mann gehorchte.
    »Johnny«, sagte Rath. »Wieder auf freiem Fuß?«
    »Kennen wir uns?«
    »Ist schon lange her. Die Sittenpolizei. Bruno Wolter.«
    Hinter Johnnys Stirn schien es zu arbeiten; ein Groschen war kurz davor, zu fallen.
    »Du warst Türsteher, nicht wahr?«, fuhr Rath fort. »Hast du Karriere gemacht, dass du jetzt feindliche Quartiere beobachten darfst?«
    »Dürfen Sie mich eigentlich so behandeln?«
    »Das ist mir egal, ich tu’s einfach.« Rath drückte den Lauf der Walther noch ein bisschen fester gegen die Schläfe. »Du bist einer von den Nordpiraten, hab’ ich recht.«
    »Und Sie sind ein Bulle und kommen aus einem Berolina-Schuppen. Was soll ich denn davon halten?«
    »Du hast hier von gar nichts irgendetwas zu halten, du hast Fragen zu beantworten, ist das klar?«
    Der Mann nickte.
    »Hugo Lenz ist verschwunden«, sagte Rath. »Und es gibt nicht wenige da drinnen, die glauben, dass die Nordpiraten ihn haben verschwinden lassen. Den wievielten Abend sitzt du denn schon hier? Hast du den roten Hugo beobachtet und an deine Leute verpfiffen?«
    »Wir? Warum sollten wir das tun?«
    »Warum bricht man einem Drogenhändler das Rückgrat? Warum macht man aus einem Zeitungskiosk ein Lagerfeuer?«
    »Wir holen uns nur zurück, was die Berolina uns genommen hat.«
    »Und geht dabei über Leichen.«
    » Wir gehen über Leichen? Verdammt, Herr Kommissar! Ich sitze hier, weil Rudi Höller verschwunden ist. Lapke glaubt, die Berolina hat ihn kaltgemacht.«
    »Ratten-Rudi?«
    Johnny nickte. »Aber wir regeln so was selber, wir müssen dazu nicht die Bullen einschalten.«
    »Und warum glaubt ihr, dass die Berolina dahintersteckt? Soweit ich weiß, ist das kein Rattenverein, der andere Leute umbringt. Die Berolina hält sich an den Ehrenkodex.«
    »Tja, dass sich der rote Hugo oder seine Vereinsmitglieder die Hände nicht schmutzig machen, das mag ja sein. Aber wenn man weiß, wer derzeit in der Stadt ist ...«
    »Sprich nicht in Rätseln.«
    »Verdammt, was kriegt ihr Bullen überhaupt mit? Noch nichts davon gehört, dass ein amerikanischer Killer in der Stadt ist?

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