Goldstück: Roman (German Edition)
das Geschäft tatsächlich
einbricht, müsste ich eigentlich sogar darüber nachdenken, ob ich dir nicht kündige. Da bist du doch mit einer Umsatzbeteiligung viel besser dran, oder? Dann verdienst du schlechtestenfalls ein bisschen weniger, aber hast dafür noch einen Job.«
»Wie bitte?«, fahre ich ihn an. »Jetzt willst du es mir auch noch als Vorteil verkaufen, dass ich demnächst vermutlich noch weniger verdiene? Für wie dämlich hältst du mich eigentlich?« Roger guckt mich nur schweigend an. »Verstehe, für sehr dämlich offenbar. Sonst hättest du mir wohl kaum diesen Vorschlag gemacht.« Ich könnte gerade vor Wut an die Decke gehen, weil Roger mir hier so den Wind aus den Segeln nimmt. Denn natürlich hat er recht, mit einer Kündigung wäre mir noch weniger geholfen.
»Maike, ich kürz das Ganze hier jetzt mal ab: Du hättest den Vertrag nicht unterschreiben müssen, dazu hat dich keiner gezwungen.«
»Aber ich …«
»Tut mir leid, ich muss los. Wir haben kein Wechselgeld mehr.« Schwupp.
Ehe ich noch zu meinen Ausführungen darüber ausholen kann, dass er mich zwar nicht gezwungen, aber doch ganz eindeutig übers Ohr gehauen hat, ist er schon entschwunden. Ich bleibe fassungslos zurück, da hat er mich ja mal ganz schön auflaufen lassen.
Nadine lugt vorsichtig hinter einer Kabine hervor. »Äh, hab ich das gerade richtig gehört?«, will sie wissen. »Du hast dich auf die Sache mit der Umsatzbeteiligung doch eingelassen?« Ich nicke matt. »O nein, Maike!« Nadine verdreht die Augen. »Du hast aber auch ein Pech!«
»Hm, mit Pech hat das wahrscheinlich leider nicht mal was zu tun. Offenbar bin ich schlicht und ergreifend zu blöd für diese Welt.«
Nadine setzt sich auf den Stuhl neben mir und klopft mir
mitfühlend auf die Schulter. »Ach komm, jetzt sei mal nicht zu hart mit dir selbst. Vielleicht ist das auch nur ein Zeichen.«
»Was für ein Zeichen soll das denn bitte schön sein?«
»Na ja, möglicherweise soll dir das sagen, dass du Roger den ganzen Mist hier vor die Füße schmeißen solltest. Täte mir zwar um meine Lieblingskollegin leid, aber verstehen könnte ich’s. Ich meine, du willst doch bestimmt nicht dein restliches Leben in dieser Bude hier versauern, oder?«
»Was ist mit dir?«, stelle ich die Gegenfrage.
Nadine zuckt mit den Schultern. »Och, weißt du, ich hab ja ganz andere Pläne als du. Ralf und ich haben vor drei Monaten mit der Familienplanung begonnen«, sie senkt die Stimme, »und natürlich hoffen wir, dass es bald klappt und ich schwanger werde. Was soll ich mich da groß um eine Karriere bemühen? Mir reicht das hier und das bisschen Kohle, das ich noch mit meinem Nageldesign verdiene. Aber du bist doch ein helles Köpfchen, da solltest du wirklich nicht ewig in dieser Bude hier hocken.«
Mit einem Mal spüre ich einen dicken Kloß im Magen. Denn natürlich trifft Nadine damit genau meinen Nerv. Selbstverständlich will ich nicht bis ans Ende meiner Tage für Roger arbeiten. Aber genau das ist der Punkt – eine Alternative habe ich einfach nicht. Und über das Thema ›Familienplanung‹ muss ich mir erst recht keine Gedanken machen.
»Tja«, gebe ich seufzend zu, »natürlich ist der Job hier nicht gerade das, wovon ich geträumt habe. Aber momentan ist er meine einzig sichere Einkommensquelle. Oder«, korrigiere ich mich sarkastisch, »sollte ich besser sagen: war meine sichere Einkommensquelle?«
»Nun komm schon«, versucht Nadine, mich aufzuheitern. »So schön wird das Wetter schon nicht werden.«
»Das kann ich wirklich nur hoffen, ansonsten sieht’s düster aus.«
Nadine gibt mir einen aufmunternden Klaps auf die Schulter. »Jetzt koche ich uns erst einmal einen Kaffee. Und weißte was? Nach unserer Schicht gehen wir eine Runde Geburtstagsshoppen. Ich hab meine letzte Nagelkundin extra so gelegt, dass ich zusammen mit dir Schluss machen kann.«
»Ach, nee, lass mal«, wehre ich ab, »ich hab im Moment gar kein Geld, um großartig einkaufen zu gehen.«
»Muss ja auch nicht großartig sein«, erklärt Nadine. »Aber vielleicht eine klitzekleine Kleinigkeit, das sollte am Geburtstag doch wohl drin sein, oder?«
»Na gut«, willige ich ein. »Ich hab nach der Arbeit ohnehin nichts Besseres vor, also lass uns ruhig losziehen und uns Sachen ansehen, die wir eh nicht bezahlen können.«
[home]
8. Kapitel
Z ehn Stunden später schließe ich deutlich besser gelaunt die Wohnungstür auf. Gut, ich bin jetzt noch pleiter als
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