Goldstück: Roman (German Edition)
berufliche Alternative finden (Tageszeitung nach Jobangeboten durchforsten, die was für mich sein könnten).
3.
Untermieter suchen.
Beim letzten Satz halte ich in der Bewegung inne und muss plötzlich in mich hineingrinsen. Nein, Maike, du Dummkopf, ganz falsch! Wie hat Kiki gesagt? Schreib es so auf, als wäre es schon Wirklichkeit! Stell es dir vor, visualisiere es! Ich springe auf, laufe rüber in mein Zimmer und fange an zu suchen. Ir
gendwo muss es doch sein! Nachdem ich fast eine halbe Stunde alles durchwühlt habe, gebe ich auf. Mein Wunschbuch ist weg, ich habe keine Ahnung, wo ich es hingelegt habe. So ein Mist! Aber gut, ich will mich in meinem neuen Elan nicht gleich wieder bremsen lassen, irgendwo wird es schon sein, also gehe ich zurück in die Küche und nehme fürs Erste mit meinem Zettel vorlieb.
1.
Das Sonnenstudio läuft spitzenmäßig, ich verdiene extrem viel Geld.
2.
Gleichzeitig finde ich genau den richtigen Job für mich und sattele um.
Wie gesagt, habe ich zwar noch keine Ahnung, was das sein könnte – aber sollen sich die höheren Mächte einfach mal drum kümmern, dann werde ich schon sehen.
3.
Ich habe sehr nette Untermieter im Ladenlokal, die mich nicht nerven und immer pünktlich zahlen.
4.
Ich verstehe mich bestens mit meinen Eltern, und sie sind total stolz auf mich.
So, das war’s für den Anfang. Will ja nicht gierig werden und die Anziehungsgesetze überfordern. Schon will ich den Zettel zusammenfalten und in meine Hosentasche stecken, da fällt mir doch noch etwas ein. Also gut, diesen klitzekleinen Gefallen kann mir die Wunscherfüllungsabteilung vielleicht noch tun. Kiki hätte das auch gewollt, also sollte ich es ruhig aufschreiben:
5.
Mein Traummann steht vor meiner Tür.
Nein, überlege ich, das ist viel zu vage. Kann schließlich dann jeder sein, der hier klingelt, und dann weiß ich noch nicht ein
mal, ob er nun der Traummann ist oder nicht. Also, woran würde ich ihn erkennen? Meine Gedanken schweifen kurz zu Gunnar ab, der meiner Vorstellung von Traummann immerhin schon ziemlich nahekam. Auch wenn ich mich öfter über ihn beschwert habe, eigentlich war er genau so, wie ich mir einen Partner vorstelle. Als er mir damals die Flugtickets nach Venedig geschenkt hat, war das schon unheimlich süß. Gut, er ist letztlich mit einer anderen geflogen, das hat mir dann nicht mehr so gefallen. Aber wenn ich unsere Beziehung nicht gegen die Wand gefahren hätte – mittlerweile bin ich durchaus bereit, mir einzugestehen, dass ich wohl tatsächlich auch meinen Teil dazu beigetragen habe –, wäre es bestimmt ein traumhafter Urlaub geworden. Ach ja, Venedig. Gunnar und ich auf dem Markusplatz … Mit einem Mal fällt mir ein sicheres Indiz ein, wie ich den Traummann erkennen kann. Schnell schreib ich es auf.
5.
Mein Traummann kniet vor mir nieder.
Okay, klingt vielleicht ein bisschen kitschig. Aber so habe ich mir das eben immer vorgestellt, so müsste es sein, wenn ein Mann mir seine Liebe gesteht, auf Knien und – wenn er schon mal da unten ist – um meine Hand anhaltend.
Ich lege den Stift zur Seite. Und nehme ihn eine Sekunde später wieder zur Hand, weil mir noch etwas eingefallen ist. Nur um ganz sicherzugehen, dass ich diesmal wirklich keinen Fehler gemacht habe, schreibe ich als letzten Punkt noch dazu:
6.
Ich erlebe keine Rückschläge und Katastrophen mehr.
Sehr zufrieden mit mir selbst, mache ich mich kurze Zeit später auf den Weg zum »Summer Island«. Als hätte das Universum schon ein wenig von meinem neuen Lebensmut registriert, scheint draußen sogar die Sonne. »Aber nur ein bisschen«, teile
ich ihr mit erhobenem Zeigefinger mit, »du weißt ja, dass ich jetzt ziemlich viel Geld verdienen muss. Dafür darf das Wetter nicht zu gut sein.« Sekunden später frischt der Wind auf und schiebt ein paar dunkle Wolken an den Horizont. Na bitte, geht doch!
»Maike!« Nadine quietscht regelrecht auf, als ich durch die Glastür des Studios komme. Sie springt von ihrem Stuhl, stürzt auf mich zu und reißt mich stürmisch in ihre Arme. So stürmisch, dass wir beinahe gemeinsam zu Boden gehen.
»Hoppla«, rufe ich aus, »Vorsicht!«
»Mann! Was freue ich mich, dich zu sehen!«
»Das merke ich«, stelle ich lachend fest. Auch ich freue mich total, Nadine hat mir schon sehr gefehlt.
»Dachte schon, du würdest gar nicht mehr aus deinem Loch rauskommen.« Sofort beißt sie sich auf die Lippe. »Tut mir leid«, stottert sie, »ich weiß ja, dass
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