Goldstück: Roman (German Edition)
normalen Stundenlohn umstellen.«
Ehe ich antworten kann, erklingt draußen vor der Tür ein lauter Knall, dicht gefolgt von einem heftigen Prasseln. Ich lasse meinen Blick zu der großen Fensterfront wandern, vor der Passanten vorbeihechten, um sich vor dem Platzregen in Sicherheit zu bringen. Sehr, sehr langsam drehe ich mich wieder zu meinem Chef um und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
»Vergiss es, Roger, wir lassen es bei der Beteiligung.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja. Das meine ich.« Immerhin muss nun auch Nadine grinsen, und hinter Rogers Rücken deutet sie heimlich mit beiden Daumen nach oben.
Roger, denke ich, als ich halb amüsiert, halb verärgert durch den Regen Richtung Heimat stapfe. Der glaubt wohl auch, dass ich total dämlich bin und nicht gemerkt habe, dass die Wetterlage sich anders als vorhergesagt entwickelt hat. Aber nicht mit mir, ich habe den Anziehungsgesetzen schließlich einen genauen Auftrag erteilt und werde den mit Sicherheit nicht selbst boykottieren.
Meine Gedanken wandern zu Nadine und Ralf. Keine Katastrophen und Rückschläge mehr, so lautete meine Anweisung. Schätze, da muss ich noch deutlicher werden. Bitte auch keine Katastrophen in meinem Freundeskreis, liebes Gesetz der Anziehung, das ist doch wohl klar, oder?
[home]
12. Kapitel
U m kurz nach sechs läutet es mehrfach kurz hintereinander an der Wohnungstür. Müde wälze ich mich vom Sofa, auf dem ich irgendwie eingeschlafen sein muss. Mein Blick fällt auf meinen Wunschzettel, der neben mir auf dem Boden liegt und wohl runtergefallen ist, als ich weggenickt bin. Ich habe mir für Nadine und Ralf gewünscht, dass alles wieder gut ist und Ralf bald in einer noch viel besseren Computerfirma arbeitet. Außerdem habe ich meiner Bitte, mich und meine Lieben in Zukunft mit Katastrophen und Rückschlägen zu verschonen, noch einmal Nachdruck verliehen und sie gleich fünfmal nacheinander aufgeschrieben. Bevor ich mir bei dieser ganzen Angelegenheit dann irgendwann doch dumm vorkommen konnte, hatte mich schon der Schlaf am Wickel.
»Drrring!« Wieder klingelt es an der Tür, dicht gefolgt von einem Klopfen. Nadine, schießt es mir durch den Kopf, wahrscheinlich ist sie nach der Arbeit einfach direkt zu mir gefahren. »Drrring!«
»Ja, ja, ich komm ja schon!« Eilig laufe ich zur Tür, reiße sie auf – und blicke NICHT in das hübsche Gesicht von Nadine. Sondern in die verknitterte und übellaunig dreinblickende Visage meines Vermieters Winfried Tiedenpuhl.
»Herr Tiedenpuhl!«, rufe ich überrascht aus. »Was, äh, gibt es denn?« Dabei ahne ich bei seinem Gesichtsausdruck, dass er nicht vorbeigekommen ist, um mit mir ein kleines Pläuschchen zu halten.
»Frau Schäfer«, fängt er an, »seit Tagen versuche ich, Sie zu erreichen, aber Sie machen nie die Tür auf.«
»Ja, ich, äh … Die Klingel war irgendwie kaputt«, rede ich mich raus. »Aber jetzt geht sie ja wieder.«
»Auf den Anrufbeantworter habe ich Ihnen auch gesprochen«, bellt er mich an. »Dreimal!«
»Ebenfalls kaputt«, lüge ich. In Wahrheit habe ich das Ding schon ewig nicht mehr abgehört. Und selbst wenn ich Tiedenpuhls Nachrichten gehört hätte, bezweifle ich doch stark, dass ich ihn zurückgerufen hätte.
»So?« Er mustert mich mürrisch. »Mit Ihren Augen ist dann offenbar auch etwas nicht in Ordnung, letzte Woche habe ich Ihnen nämlich noch einen Brief eingeworfen.«
»Haben Sie das? Der ist hier gar nicht angekommen.« Ich denke an den riesigen Stapel Post, den Stefan und ich auf den Küchentisch gelegt haben und der da immer noch ungeöffnet schlummert. Den wollte ich in den nächsten Tagen mal in Angriff nehmen, der Brief meines Vermieters liegt vermutlich irgendwo dazwischen.
»Ich habe ihn unter Ihrer Wohnungstür durchgeschoben«, teilt Tiedenpuhl mir mit, und seine Augen verengen sich zu zwei düsteren Schlitzen.
»Hm.« Ich zögere, um ein bisschen Zeit zu gewinnen. »Vielleicht hat ihn … die … die Putzfrau verlegt?«
»Die Putzfrau?« Ich nicke, Tiedenpuhl blickt verwirrt drein. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann verzieht er sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »Nun, Frau Schäfer, es freut mich, zu hören, dass Sie hier Personal beschäftigen. Dann können Sie mir mit Sicherheit ja auch die ausstehende Miete bezahlen.« Zack, da ist es, das böse, böse Wort »Miete«.
Ich ahnte schon, dass das über kurz oder lang auf mich zukommt. Eher über kurz, wie es gerade
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