Goldstück: Roman (German Edition)
klappt.
4.
Mein Traummann kniet vor mir nieder.
Okay, dieser Wunsch ist jetzt nicht der wichtigste, vielleicht sollte ich ihn daher fürs Erste weglassen. Aber irgendwie konnte ich ihn mir nicht verkneifen, und wenn es mit der Bestellung von Katastrophen klappt, dann doch wohl hoffentlich auch mit Traummännern.
Als ich fertig bin, konzentriere ich mich noch einmal ganz stark auf den Sinnspruch, reibe das Goldstück an meinem Armband zwischen Daumen und Zeigefinger und stelle mir ganz deutlich vor, wie ich Tiedenpuhl am Montag die Kohle überreiche. Ein schönes Gefühl, allein dabei muss ich lächeln. Vor allem, als ich mir auch noch seine überraschte Visage vorstelle, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Vermieter insgeheim damit rechnet, dass er mir Montag die Kündigung in die Hand drücken wird.
Also, liebes Anziehungsgesetz, das ist mein letzter Versuch, leg los. Und, Kiki: Falls du da oben wirklich auf einer Wolke sitzt und mir zuschaust – du darfst gern ein bisschen mithelfen, damit hier alles ins Lot kommt. Wieder streiche ich über das Armband. »Ich denke an dich, mein Goldstück«, flüstere ich – Minuten später bin ich auf dem Sofa eingenickt.
[home]
13. Kapitel
A ls ich zwölf Stunden später mit einem steifen Nacken auf dem Sofa erwache, hat das Universum immer noch nicht geliefert. Im Gegenteil, während ich mich mit einer Tasse Kaffee in der Hand endlich mal über den Poststapel hermache, der in der Küche liegt, muss ich feststellen, dass meine Lage noch schlechter ist als bisher angenommen. Denn entgegen der Hoffnung, in einem der Briefe einen Scheck über sechshundert Euro zu finden – von wem auch immer, einem Gönner, einem Verehrer, einer neuen Stiftung für in Not geratene Ex-Studentinnen, mir völlig egal –, handelt es sich neben den üblichen Werbewurfsendungen um ein paar Rechnungen. Telefon, GEZ und die Stromnachzahlung.
Ich höre auf, die Briefe zu öffnen, weil ich spüre, wie ich langsam wieder in Panik verfalle. Ganz ruhig, Maike, darum kannst du dich kümmern, wenn das mit der Miete geklärt ist, das ist jetzt nicht so wichtig. Was soll ich auch mit Telefon, Elektrizität und Fernseher, wenn ich erst unter einer Brücke sitze? Falls es demnächst wirklich mal so weit kommen sollte, werde ich mich halt an einer brennenden Öltonne wärmen und mit meinen Leidensgenossen per Rauchzeichen kommunizieren. Vielleicht gibt mir ja auch der eine oder andere einen Schluck von seinem Fusel ab, und wenn ich es schlau anstelle, finde ich in der Fußgängerzone bestimmt ein gutes Plätzchen, wo sich der eine oder andere Euro von Passanten erschnorren lässt. Jedenfalls, solange ich noch ganz gut aussehe, eine junge Obdachlose müsste doch das Herz der Leute erwärmen. Hör auf, Maike, unterbreche ich mich in Gedanken selbst, das ist erstens nicht lustig und zweitens auch nicht hilfreich, denk lieber mal darüber nach, wie du dieses Schreckensszenario verhindern kannst. Also, was tun?
Ich könnte natürlich ins Studio gehen, doch den Fuffziger von Roger einstreichen und versuchen, Tiedenpuhl auf zwölf Raten runterzuhandeln. Was aber immer noch nicht die Frage beantwortet, wo die restlichen elf Raten herkommen sollen. Oder ich rufe in der Uniklinik an und frage, ob ich meinen Körper nicht der Wissenschaft zur Verfügung stellen könnte. Das Geld bräuchte ich allerdings sofort, das mit dem Körper müsste dagegen noch ein paar Jahrzehnte warten. Hm, die Idee ist vielleicht gar nicht so schlecht.
Außerdem hängen am Schwarzen Brett in der Uni auch immer Zettel, auf denen Testpersonen für irgendwelche neuen Medikamente gesucht werden. Soweit ich weiß, wird so etwas auch wirklich nicht so schlecht bezahlt. Vermutlich gibt es mit steigendem Risiko auch mehr Kohle, vielleicht gibt es ja irgendein Kamikaze-Experiment, das mich mit einem Schlag von all meinen Sorgen befreit? Gut, möglicherweise bin ich etwas zu ungeduldig und müsste dem Anziehungsgesetz ein wenig mehr Zeit geben, damit es wirken kann – aber ein Blick auf den Stapel mit Rechnungen und der Gedanke an Tiedenpuhl reichen aus, um mir die unschöne Tatsache bewusstzumachen, dass ich schlicht und ergreifend keine Zeit habe, um noch lange darauf zu warten, dass von allein etwas passiert. Außerdem kann es ja wohl nicht schaden, selbst aktiv zu werden und damit die Chancen zu erhöhen, dass meine Wünsche so schnell wie möglich in Erfüllung gehen.
Ich beschließe, mich anzuziehen und gleich mal
Weitere Kostenlose Bücher