Golem - Golem - Genome, Inc.
wieder gedreht, und Roosevelt war eingesperrt. Der Gang wurde von einer Reihe Glühbirnen erhellt und war insgesamt gut zehn Meter lang. Am anderen Ende befand sich eine zweite Tür, die aus Brettern bestand. Die Tür war unverschlossen.
Und dahinter bot sich Roosevelt ein wahrhaft seltsamer Anblick.
Die Lichter eines Dorfes leuchteten am Ufer eines kleinen, von Bäumen umstandenen Teichs. Das Dorf bestand aus zwei Dutzend weiß verputzten Häusern, und über den Bäumen ragte die Skyline von Manhattan auf.
Ein Kiesweg wand sich zwischen den Eichen hindurch und führte von der Holztür um den Teich herum und zum Dorf. Queen Elizabeth stand am Rand des Weges. Sie trug ein weißes Baumwollkleid und lächelte Roosevelt an. »Willkommen in Strawberry Fields.«
Eine Diskothek nach Mitternacht
D ie Toilettenkabinen waren so groß wie Telefonzellen und ihre milchig weißen Seiten von der gleichen Farbe wie die exotische Substanz, die Gorfinkle ordentlich verpackt in seiner Jeans versteckt hatte. Saxton war bei ihm und hatte einen seiner eleganten Ferragamo-Schuhe auf die Klobrille gestellt.
Das schwärzliche Leder des Ferragamo war leicht mit weißem Pulver eingestäubt. Als er das sah, zog Saxton den Schuh vorsichtig aus, hielt ihn sich an die Nase und sog das Pulver von dem glatten Alligatorleder ein. Die Tür ging auf, und eine junge Frau mit einem kleinen Hund kam in die Toilettenkabine. Sie blieb wie angewurzelt stehen und starrte entsetzt und angewidert auf die beiden Männer. Saxton packte sie kurzentschlossen an der Schulter, schob sie in den Club zurück und schloss die Tür hinter ihr.
Sie waren irgendwo tief im schlagenden Herzen des Clubs USA. Es war drei Uhr morgens. In vier Stunden mussten sie wieder zur Arbeit. Aber erst war da Mama Blanca. Die Tür der Toilettenkabine öffnete sich erneut. Diesmal glitt ein Kerl auf Rollerskates herein. Das Licht aus dem Club glitzerte auf seinem weißen Anzug. Er beäugte erst Saxton, dann Gorfinkle und schließlich das kleine Päckchen Mama Blanca und trat einen Schritt vor. Mit einem raschen »Wenn es dir nichts ausmacht …« schob Saxton auch ihn hinaus und warf die Tür zu. Dann konzentrierte er sich wieder auf das Wesentliche.
Und das Wesentliche war, das Mama Blanca trotz der beengten Räumlichkeit und der ständigen Störungen so schnell wie möglich in die Nase zu bekommen. Und dieser Aufgabe widmete Saxton sich mit ganzer Kraft.
»Wir sind das Rückgrat der Gesellschaft«, sagte Saxton, während er sich darauf konzentrierte, das kleine weiße Päckchen zu öffnen. »Das Rückgrat. Ich meine, schau dir uns nur mal an, was wir tun … Ist es da falsch von mir, dass ich einen Ferrari fahren will? Ist das wirklich falsch? Ich meine, wir retten Menschenleben. Ich rette täglich Menschenleben. Habe ich da nicht mindestens ein Recht auf einen Ferrari und eine Wohnung in Tribeca? Ach, scheiß auf die Wohnung, ein Haus .«
Gorfinkle schüttelte den Kopf.
»Die Leute wollen, was wir ihnen verkaufen«, fuhr Saxton fort. »Damit retten wir Leben, verdienen gut Geld, und alle sind glücklich. Ich verstehe einfach nicht, wie da jemand so einen Scheiß schreiben kann.« Saxton zog ein zusammengefaltetes Exemplar des Wall Street Journal aus der Tasche und wedelte damit vor Gorfinkle herum. »Herzlose Sampindustrie der Superreichen«, stand dort zu lesen.
»Ich will doch nur einen Ferrari«, jammerte Saxton.
»Wir alle wollen einen Ferrari.«
»Ich habe an einer Eliteuni studiert, sehe gut aus, bin in Form und hochbegabt. Ich gehe jeden Tag ins Fitnessstudio, habe super Cholesterinwerte und einen Blutdruck wie aus dem Bilderbuch. Ich meine, seit wann ist es denn ein Verbrechen, erfolgreich zu sein? Muss ich wirklich erst als Tagelöhner in irgendeinem Stahlwerk arbeiten, damit diese sogenannten Liberalen aufhören, mir Schuldgefühle einzureden?«
Plötzlich setzte die Wirkung des Mama Blanca ein, und Saxton taumelte zurück. Kurz schloss er die Augen und öffnete sie dann wieder, von neuer Energie beseelt. Ohne ein weiteres Wort trat er die Tür der Toilette auf und drängte sich grob durch die Menge zur Tanzfläche.
Gorfinkle folgte ihm. Exposés »Let Me Be The One«, das aus den Lautsprechern dröhnte, überwältigte ihn beinahe. Saxton sprang wie eine Naturgewalt zwischen die Tanzenden und warf seinen Körper hyperaktiv hin und her. Die Tanzfläche war brechend voll, aber das kümmerte Saxton nicht. Er riss sich die Krawatte herunter, wirbelte sie über dem
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