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und die schwere Metalltür schloss sich hinter ihm.
Als Roosevelt allein war, drückte er den Zeigefinger auf den Chip in seinem Daumen. Deutlich spürte er die Verhärtung unter der Haut – den Schlüssel, der ihn zu diesem Raum geführt hatte, den sein Stiefvater einzig und allein für ihn angelegt hatte. Jedes der Bankfächer war ungefähr so dick wie ein Telefonbuch. Roosevelt suchte sich willkürlich eines aus, zog es aus der Wand und klappte es auf.
Innen war alles voller grüner Scheine. Roosevelt starrte auf das Geld, zog dann ein anderes Fach heraus und öffnete es. Noch mehr Grün. Nächstes Fach. Grün. Grün. Grün. Grün. Ein Fach nach dem anderen war voller Hundertdollarscheine. Benjamin Franklin, tausendfach geklont. Hunderttausendfach.
Roosevelt richtete seine Aufmerksamkeit auf das einzig Ungewöhnliche im Raum. Eine einzelne rote Box stand auf dem Tisch. Vorsichtig öffnete Roosevelt sie. Diesmal fand er keine Scheine, sondern Dokumente. Er nahm sie heraus und legte sie auf den Tisch.
Es waren seine persönlichen Papiere, alle mit Informationen und Daten über ihn – allerdings mit dem Namen Parker Symon. Roosevelt legte die Dokumente aus. Da waren ein amerikanischer Reisepass, ein Führerschein des Staates New York, eine Sozialversicherungskarte, eine Geburtsurkunde, Kreditkarten … ein vollständiges neues Leben in Plastik und Papier.
Saxton Senior hatte ihm die Möglichkeit hinterlassen, ein anderer zu werden, ein Mann namens Parker Symon.
In der Schachtel befand sich außerdem ein Touchscreen. Roosevelt berührte ihn, und der Monitor projizierte ein Hologramm seines Stiefvaters. Dem Aussehen nach hatte Saxton Senior es kurz vor seinem Tod aufgenommen.
»Mein Sohn«, begann Roosevelts Vater, den Blick in die Kamera gerichtet. »Wenn du das hier siehst, kennst du die Wahrheit über dein Leben. Es tut mir leid, dass ich das alles vor dir verbergen musste, aber um deiner Sicherheit willen hielt ich es für notwendig. Es ist leichter, mit einer Lüge zu leben, wenn man die Lüge für wahr hält.
Inzwischen hast du bestimmt herausgefunden, dass du der Sohn eines Transkriptors und einer Menschenfrau bist. Das macht dich so einzigartig. Du bist ein Wesen, das die Wissenschaft für unmöglich gehalten hat. Aber bei Gott ist alles möglich.
Mein Leben lang war ich Wissenschaftler. Die Vernunft war mein Ideal. Ich habe in einer Welt unumstößlicher Gesetzmäßigkeiten gelebt. Aber je mehr ich mich dem Tag nähere, an dem ich diese Welt verlassen muss, desto deutlicher ist mir geworden, dass auch ein wissenschaftlicher Geist die Existenz von etwas anerkennen oder zumindest für möglich erklären muss, das nicht an die Naturgesetze gebunden ist: eine gewaltige Macht, die uns alle miteinander verbindet, Menschen und Transkriptoren gleichermaßen. Hat man die Existenz einer solchen Macht, eines solchen Wesens erst akzeptiert, ist nichts mehr unmöglich.
Seit es uns Menschen gibt, haben wir die Möglichkeit von Wundern anerkannt; doch erst jetzt schauen wir auf der Suche nach Wundern nicht zum Himmel, sondern auf die Wissenschaft, auf jene Macht, die Computer erschaffen hat, und das Internet – und Transkriptoren. Aber es gibt kein größeres Wunder als das, was Gott selber wirkt.
Was macht uns zu Menschen? Was macht uns Menschen anders als Transkriptoren? Manche würden sagen, es ist die Seele, jene ewige Lebensenergie, die Menschen besitzen und die Transkriptoren niemals haben werden. Aber ich habe Dinge gesehen … Transkriptoren-Künstler, die wahre Wunder auf die Leinwand bringen oder Musik komponieren, die jeden anrührt. Ich habe sie Dinge von unglaublicher Schönheit erschaffen sehen. Dein Vater war ein Transkriptor, deine Mutter war ein Mensch, und doch haben sie einander inniger geliebt als alles, was ich je gesehen habe. Durch diese Liebe haben siedich erschaffen. Und das ist der größte Beweis für eine Seele, den ich kenne. Das ist das wahre Wunder.
Aber vielleicht sind die Menschen noch nicht für Wunder bereit. Vielleicht haben die Wunder der Wissenschaft ihren Verstand so sehr vernebelt, dass sie nicht mehr erkennen, was jenseits davon liegt. Die Menschen werden dich fürchten, Roosevelt, und Furcht birgt Gefahr. Ich bin sicher, das hast du inzwischen erkennen müssen. Meine Rolle bei der Versklavung der Transkriptoren hat schreckliche Schande über mich gebracht. Aber ich habe mir nie auch nur vorstellen können, wie die Menschen das Werk meines Lebens missbrauchen und
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