Golem - Golem - Genome, Inc.
gegossen. Jede Sehne, jeder Muskel war perfekt modelliert und zeigte ihn, wie er mit einem gewaltigen Stier rang. Eine Python wand sich um seine Hüfte und umklammerte sein Bein. Mit der freien Hand hatte Saxton die Schlange am Kopf gepackt und hielt sie auf Armeslänge von sich.
Der echte Saxton, der Mensch aus Fleisch und Blut, saß hinter seinem Schreibtisch und nippte an einem Johnny Walker, während er die Statue von sich betrachtete. Eine wirklich gute Arbeit. Allerdings hätte der Künstler die Muskeln ein wenig besser definieren können. Vielleicht sollte er noch eine Statue in Auftrag geben … diesmal mit ihm als Lord Nelson auf dem Achterdeck eines Linienschiffes. Aber so eine Statue brauchte natürlich einen guten Platz, in der Lobby vielleicht, oder nein … besser noch direkt auf der Wall Street. Admiral Saxton, wie er den East Broadway hinuntersegelt, fest entschlossen, alle Gegner an der Wall Street hinwegzufegen.
Saxton hörte bereits die Wellen rauschen. Er genoss diese Vorstellung, doch das Rauschen und Tosen war echt: Es war das Klingeln von Telefonen, das sich mit dem Geräusch zahlloser Stimmen mischte. Die Etage war in hellem Aufruhr. Irgendetwas war auf dem Markt passiert. Als schnelle Schritte auf dem Flur erklangen und jemand zu Saxtons Büro geeiltkam, um ihm die Neuigkeit zu überbringen, setzte er sich auf. Die Schritte verstummten vor seiner Tür; dann kam ein leises Klopfen.
»Es ist offen«, rief Saxton.
Schüchtern öffnete Amy die Tür und steckte den Kopf durch den Spalt. »Störe ich, Sir?« Seit er zum CEO aufgestiegen war, ließ sie vorsichtshalber das vertrauliche »Du« weg.
»Admiral. Ich habe dir gesagt, du sollst mich Admiral nennen.«
»Störe ich, Admiral?«
»Was gibt es denn? Vielleicht endlich mal was Neues über diesen Parker Symon aus Dads Testament?«
Seit der Testamentseröffnung waren Monate vergangen, doch es gab noch immer nichts Neues über Parker Symon. Dabei wollte Saxton ihn eigentlich gar nicht finden; aber er wollte unbedingt wissen, wer ihn daran hinderte, sich das Vermögen seines Vaters unter den Nagel zu reißen.
»Es geht um etwas anderes. Haben Sie die Nachrichten gesehen?«, fragte Amy.
»Nein …«, antwortete Saxton ein wenig beunruhigt. Inzwischen hasste er die Nachrichten. Sie wollten sich einfach nicht seinem Willen beugen. Er hatte keine Kontrolle darüber, ob in Mexiko eine Schlammlawine niederging oder Japan von einem Taifun heimgesucht wurde. Er konnte nicht verhindern, dass ein Bus in Indiana eine Schulklasse niederwalzte oder ein Flugzeug in Indien abstürzte. Deshalb machten die Nachrichten ihm ein wenig Angst. Sie vermittelten ihm das Gefühl, dass da draußen etwas Mächtiges war, das er nicht im Mindesten beeinflussen konnte. Also würde er sich wohl oder übel einen Nachrichtensender kaufen und das Format ändern müssen.
Amy stand wie festgefroren in der Tür und starrte wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
»Nein, ich habe die Nachrichten nicht gesehen«, sagte Saxton.
»Lieberman ist verhaftet worden«, sagte Amy.
Was? Saxton wirbelte mit dem Stuhl zum Monitor herum. Der Bildschirm erwachte zum Leben, und der Bürgerkrieg in Ituri tobte in Saxtons Büro. Saxton sah Bilder von Slums, ein ausgebranntes Auto und schließlich einen langsamen Flug über den Bergdschungel.
»… wurde wegen Steuerhinterziehung in Verbindung mit mehreren Dutzend Menschenrechtsverletzungen verhaftet. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft offiziell Anklage gegen Harold Lieberman als Hauptverantwortlichen erhoben. Aufgrund interner Dokumente von Genico ist die Börsenaufsicht zu dem Schluss gelangt, dass Tausende Dorfbewohner in Ituri für Samp-Experimente missbraucht worden sind, um Samps so zu modifizieren, dass sie zwar eine Krankheit heilen, dafür aber eine andere auslösen. Diese Genico-Samps sind inzwischen zu Hunderttausenden in den freien Handel gelangt und haben eine unbekannte Anzahl von Menschen infiziert.« Nun war zu sehen, wie Lieberman von einer wahren Polizeiphalanx in Handschellen aus dem Ritz geführt wurde. »Daher hat die Börsenaufsicht jeglichen Handel an der Genbörse vorläufig ausgesetzt, um der sich ausbreitenden Panik bei den Investoren zu begegnen. Die Samp-Preise sind zusammengebrochen.«
Verhaftet! Preissturz! O Gott …
Saxton fuhr sich mit der Hand durchs Haar, und Gel blätterte ab. Es war Zeit für ein neues Haarpflegemittel. Ohne darüber nachzudenken, sprang Saxton auf, eilte zum Aufzug und schloss sich
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