Golem - Golem - Genome, Inc.
ist denn?«, fragte er grob.
»Mein Name ist Robbie Louie, Sir«, sagte der Broker. »Ich arbeite im Handel.«
»Jajaja«, drängte Saxton ungeduldig. »Was ist denn nun?«
»Ich, äh … Sie sollten wissen, Sir, dass einer meiner Kunden in den letzten Tagen ein Vermögen gemacht hat. Und heute hat er kurz vor dem Crash hunderttausend Optionsscheine von Genico gekauft.«
Saxton setzte sich ruckartig auf. Es ärgerte ihn maßlos, dass jemand von Genicos Zusammenbruch profitierte. Nachdenklich schaute er auf den Tisch, und rechtschaffener Zorn loderte in ihm auf.
»Der Mann gibt später eine Party«, fuhr Louie fort. »Einigeunserer Leute gehen dorthin. Angeblich will er einen neuen Preis für den Broker des Jahres vergeben. Ziemlich hoch dotiert. Er hat angefragt, ob auch Sie kommen möchten.«
»Wie heißt der Mann?«
»Symon«, antwortete der junge Broker. »Parker Symon.«
Der Rache zweiter Akt
W ie viel ist jemand wert? Das ist eine berechtigte Frage. Wenn man sie einem Poeten stellt, würde er vermutlich über die Seele schwadronieren, Gottes Geschenk von schier unendlichem Wert. Ein Minister wiederum würde erklären, alle Menschen seien gleich und hätten die gleichen Rechte, und für einen General ist ein einzelnes Menschenleben vermutlich so gut wie nichts wert. Für eine Mutter hingegen zählt ein Leben mehr als alles andere. Also ist die Frage, wie viel jemand wert ist, sehr interessant.
Roosevelt lag auf dem Boden seines neuen Penthouse, drehte den Kopf und schaute auf den Park hinaus. Die Wirkung des genetischen Faceliftings war inzwischen völlig verflogen, und er sah wieder wie der alte Roosevelt aus. Deshalb hatte er sich rasch eine Verkleidung zusammengestellt; sie war unabdingbar für die nächsten Stunden.
Jetzt juckte ihn der angeklebte Schnurrbart, und die blonde Perücke saß viel zu eng. Kurz hielt er sich den Spiegel vors Gesicht. Er sah wie ein Beamter der Highwaypolizei im Jahre 1978 aus. Roosevelt legte den Spiegel neben sich auf den Boden.
Es gab übrigens eine Antwort auf seine Frage, wie viel jemand wert ist. Roosevelt hatte einmal irgendwo gelesen, dass Versicherungsgesellschaften eine Formel hatten, um dies zu ermitteln. Wie war das noch mal …? Roosevelt hatte es vergessen, aber es hatte etwas mit dem zu erwartenden Lebensverdienst eines Menschen zu tun, geteilt durch die potenziellen Verpflichtungen zum Zeitpunkt seines Todes oder so ähnlich. Brillant an diesem Artikel war jedoch nicht die Formel gewesen, sondern der Begriff, den ein Anwalt sich dafür hatte einfallen lassen: »Tragödienquotienten.«
Der Tragödienquotient war eine variable Größe, die entscheidend davon abhing, wie tragisch ein Tod war. Wenn ein Buchhalter mittleren Alters friedlich und allein in seiner Zweizimmerwohnung starb, weil ein Lüfter ausfiel und Kohlenmonoxid aus der Tiefgarage emporstieg, hatte das einen extrem niedrigen Tragödienquotienten. Die Geschworenen würden solch einen Tod als wenig spektakulär und tragisch erachten und der Herstellerfirma des Lüfters vermutlich nur eine Schadensersatzzahlung im niedrigen sechsstelligen Bereich aufbrummen.
Wenn jedoch ein Familienvater bei lebendigem Leibe verbrennt, weil die Gasleitung seines nagelneuen Grills beim Familienbarbecue platzt, und seine Frau und seine Kinder mit ansehen müssen, wie Papa sich in Holzkohle verwandelt, dann, ja dann ist das eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes, und die verantwortliche Firma ging vermutlich genauso schnell in Rauch auf wie Daddy.
Achtstellig. Locker.
Anwälte wussten das. Schon bevor so ein Fall vor Gericht ging, kannten sie die genaue Schadensersatzhöhe, plus/minus ein paar Hunderttausend Dollar. Diese weitgehende Sicherheit gründet auf einer exakten Formel. Deshalb waren es ausgerechnet die Anwälte, die einem als Einzige eine konkrete Antwort auf die Frage nach dem Wert eines Menschen gaben: Der Wert eines Menschen entspricht der zu erwartenden Schadensersatz- oder Lebensversicherungssumme.
Aber nicht nur Anwälte hatten konkrete Antworten zu bieten. Auch Roosevelt hatte eine Antwort. Wie viel war Dolce wert? Wie teuer war es, die Frau eines Mannes zu vergewaltigen und zu ermorden?
Diese Frage war ziemlich eindeutig, und man brauchte weder Formeln noch Richter, um sie zu beantworten. Dolce war das Leben eines jeden wert, der in das Geschehen verwickelt gewesen war, mit anderen Wort: Dolces Tod war das Leben dreier Männer wert. Aber diese Männer durften nicht schmerzlos sterben. Erst
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