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Golem - Golem - Genome, Inc.

Titel: Golem - Golem - Genome, Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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musste ihnen alles genommen werden. Und sie mussten sterben, wie Dolce gestorben war: in Angst und voller Qualen. Roosevelt hatte nie an den alten Bibelspruch »Auge um Auge, Zahn um Zahn« geglaubt. Dafür war er viel zu liberal gewesen. Seine Motto lautete eher: »Leben und leben lassen.«
    Aber vielleicht war jeder liberal, bis jemand seine Frau ermordete.
    Roosevelt stand auf und ging zur tragenden Wand der Wohnung. Das Gebäude stammte noch aus der Zeit vor dem Krieg. Es gehörte zu jener Art schlichter, grundsolider Häuser, von der Architekten immer jammerten, so etwas würde heutzutage nicht mehr gebaut. Wenn die Zeit kam, musste der Schlag schnell erfolgen. Er musste machtvoll sein. Roosevelt hatte nichts in seiner rechten Hand, nur eine dünne Schicht Haut über den Knöcheln. Aber es waren keine Menschenknöchel, zerbrechlich wie Glas, es waren Transkriptorenknöchel, hart wie Stahl und in den Spielen geformt. Und er hatte nur Zeit für einen Schlag.
    Roosevelt untersuchte Putz und Stein der Wand. Dann riss er, ohne zu zögern, den Arm zurück, ballte die Faust und schlug zu. Seine Knöchel trafen auf Stein und Mörtel, und beides zerbarst unter der ungeheuren Wucht des Schlages. Roosevelts Faust ging wie ein Pfeil durch weiches Fleisch, und sein Arm drang bis zum Ellbogen in die Wand ein. Roosevelt zog die Faust wieder heraus. Sie blutete, doch die Knochen waren heil geblieben.
    »Das ist auch eine Möglichkeit, seine Wohnung zu renovieren«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Queen Elizabeth stand in der offenen Tür und musterte Roosevelt aufmerksam. Roosevelt klopfte sich den Staub vom Unterarm. »Es ist zumindest billiger als ein Handwerker.«
    »Ich glaube, du musst nicht mehr allzu sehr aufs Geld achten.«
    »Die Genico-Aktie?«
    »Total eingebrochen. Der Samp-Skandal läuft auf allen Kanälen. Lieberman wurde verhaftet. Genico wird sich vermutlich nie mehr von diesem Schlag erholen.«
    »Und meine Optionen?«
    »Du könntest dir vergoldete Hämmer leisten. Wenn du demnächst wieder mal Löcher in die Wand hauen willst, kannst du es wenigstens mit Stil tun.«
    »Dann habe ich mich also wacker auf dem Markt geschlagen?«
    »Du bist der reichste Mann, den ich kenne.«
    »Der reichste Transkriptor, meinst du«, verbesserte Roosevelt sie. »Wo wird Lieberman festgehalten?«
    »Warum willst du das wissen?«
    Roosevelt legte den Kopf auf die Seite und schaute sie an. Das war eine dumme Frage.
    »Nein, Roosevelt. Solange sie Lieberman haben, ist er unantastbar.«
    »Ich war auch unantastbar, und jetzt sieh mich an.«
    »Aber was du vorhast, ist unmöglich. Du hast dich doch schon an Lieberman gerächt. Du hast ihn ruiniert. Er wandert in den Knast. Lass es dabei bewenden. Du riskierst zu viel.«
    »Lieberman geht nicht in den Knast. Man wird ihn vor korrupte Richter stellen, die ihn in irgendeinen Freizeitpark mit Kabelfernsehen stecken. Das kann ich nicht zulassen. Die Strafe muss dem Verbrechen angemessen sein, und in diesem Fall ist die Strafe der Tod.«
    »Warum hast du dann damit gewartet, ihn umzubringen? Warum jetzt, wo die Polizei ihn hat? Wo du nicht an ihn herankommst? Warum hast du es nicht schon früher getan?«
    »Bevor Lieberman stirbt, soll er erleben, wie ihm alles genommen wird – alles, wofür er sein Leben lang gearbeitet hat. Genau wie es bei mir war. Erst dann ist er bereit zu sterben. So wie mein Bruder.«
    Roosevelt eilte durchs Wohnzimmer und schnappte sich seine Jacke vom Boden. Dann machte er sich vor dem Spiegel zurecht. Ohne die Sampmaske fühlte er sich trotz falschen Schnurrbarts und Perücke wieder wie der alte Roosevelt. Und genau so musste es auch sein. Sein Sohn war kein Mörder. Seinem Sohn hatte man das Leben geraubt. Roosevelt würde das Andenken seines Sohnes nicht mit einem Mord beschmutzen; aber es gab kein Zurück mehr für ihn.
    »Zieh dir was Nettes an«, sagte Roosevelt auf dem Weg zur Tür.
    »Was Nettes? Warum?«
    »Ich gebe morgen Abend eine Party«, antwortete Roosevelt und warf die Tür hinter sich zu.

Arden
    S ie würde leben. Der Arzt sagte, in Maggys Körper fänden sich keinerlei Spuren von Manna mehr. Sie war geheilt, und im Krankenhaus konnte niemand erklären, was der Grund dafür war. Doch Arden wusste es: Seine Tochter war geheilt, weil er die Entscheidung getroffen hatte, die Ermittlungen im Fall Smalls aufzugeben, sich von der Wahrheit abzuwenden und Roosevelt auszuliefern.
    Arden drückte sich die Hände ins Kreuz und streckte sich. Er befand sich

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