Golem - Golem - Genome, Inc.
starrte in seinen Schoß, und Saxton wäre am liebsten im dicken Polster seines Stuhls versunken. Er schloss die Augen undstellte sich vor, wieder auf der Tanzfläche des Palladiums zu sein. Das Eröffnungssolo von Nenas »99 Luftballons« half ihm, sich zu entspannen.
»Mit allem gebührenden Respekt …«, begann Bouvier.
Lieberman wirbelte zu ihm herum und richtete den Finger auf ihn. »Bouvier.«
»Ja?«
»HALTEN SIE IHR VERDAMMTES MAUL!«
Bouvier nickte und verstummte.
»Nur weil Sie schwul sind, Bouvier, haben Sie nicht das Recht, mich in den Arsch zu ficken!«
Bouvier schaute ihn beleidigt an, doch bevor er etwas sagen konnte, kam Lieberman ihm zuvor. »Sie haben einen Jasper Johns verloren, Sie ganz allein, und da haben Sie noch den Nerv, den Beleidigten zu spielen? Ich kann Ihnen nur raten, sich verdammt noch mal zurückzuhalten.«
Bouvier hat also einen Jasper Johns verloren, dachte Saxton, irgendetwas unterhalb eines Andy Warhol. Offenbar würde Sir Morgan, der Shi-Tsu, wegen dieser Katastrophe bald wieder auf Trockenfutter umsteigen müssen. Saxton bekam Sodbrennen; sein Magen pumpte mit besorgniserregender Geschwindigkeit Säure nach oben. Er brauchte eine Pille und fragte sich, ob er es wohl schaffen würde, unbemerkt eine aus der Tasche zu nehmen und zu schlucken. Vorsichtig ließ er die Hand das Bein hinauf und zu seiner Jackentasche gleiten.
Bouvier machte nicht länger auf beleidigt, sondern schaute auf seine Füße.
»Bouvier?« Lieberman war noch nicht mit ihm fertig.
»Ja?« Hoffnungsvoll hob Bouvier den Blick.
»Sie sind doch homosexuell, oder?«
»Ja …«
»Ficken Sie Ihre Partner, oder lassen Sie sich ficken?«
»Äh …« Bouvier schaute sich nervös um. »Was?«
»Ich habe gefragt: Ficken Sie einen Mann in den Arsch, oder lassen Sie sich von ihm ficken?«
»Ich glaube nicht, dass Sie das etwas …«
»Bouvier!«
»… dass Sie das etwas angeht …«
»Bouvier, ich habe Ihnen eine Frage gestellt, und ich will eine Antwort. Sind Sie oben oder unten?«
Bouvier biss sich auf die Lippen und ließ seinen Blick über die anderen Broker schweifen. Lieberman war in vulgärer Hochform und stutzte Bouvier gnadenlos zurecht. Bouvier, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, murmelte irgendetwas vor sich hin.
»Was denn nun?« Lieberman blieb hartnäckig und hielt sich in einer übertriebenen Geste die Hand ans Ohr. »Ich habe Sie nicht verstanden.«
»Mal so, mal so.«
»Mal so, mal so? Haben Sie ›mal so, mal so‹ gesagt?«
Bouvier nickte.
»Sie lassen sich also von einem Mann ficken … in den Arsch.« Lieberman hob in spöttischem Staunen die Stimme. Oh, wie ihn das entrüstete! Saxton stellte sich die Sekretärin vor, die gerade draußen an der Tür lauschte.
Wieder nickte Bouvier. »Ich meine … Wenn Sie die Einzelheiten …«
»Raus hier!«, brüllte Lieberman ihn plötzlich an.
»Was?«
»Raus!«
»Bitte?«
»Packen Sie Ihre Sachen! Machen Sie, dass Sie nach Hause kommen!«
»Sie … Sie feuern mich?«
Lieberman starrte ihn wütend an. »Ja! Allerdings!«
Bouvier riss die Augen auf. Es hatte ihm die Sprache verschlagen. Dann erkannte er, dass Lieberman es ernst meinte. »Sie können mich nicht feuern …«, sagte er. »Nicht, weil ich schwul bin.«
»Ich feuere Sie nicht, weil Sie schwul sind, sondern weil Sie sich von anderen ficken lassen. So jemanden können wir bei Genico nicht als Broker gebrauchen.«
Bouvier blieb sitzen. Er hatte noch immer nicht verdaut, was gerade passiert war.
»Gehen Sie mir aus den Augen!«
Bouvier saß einfach nur da, regungslos und verwirrt, einen verletzten Ausdruck auf dem Gesicht.
Lieberman sprang auf ihn zu, hob den Schürhaken und ließ ihn auf den Glastisch neben Bouvier krachen. Der Tisch zersprang; Splitter flogen durch die Luft, und Bouvier sprang verängstigt auf. Lieberman stieß ihm den Schürhaken fest genug in den Bauch, dass Bouvier sich krümmte und zurückwich. Wieder stieß Lieberman zu, und wieder zog Bouvier sich vor dem Schürhaken zurück. Lieberman trieb Bouvier wie ein Stück Vieh zur Tür.
Plötzlich hatte Bouvier die Nase voll. Sein Blick verhärtete sich, und mit geballten Fäusten trat er einen Schritt vor. Sofort war Rasputin an seinem Hals, bereit, ihm den Kehlkopf zu zerquetschen.
»Tun Sie das nie wieder«, warnte Lieberman. Er tippte Rasputin auf den Rücken, und der riesige Transkriptor lockerte seinen Griff.
Bouvier wandte sich ungelenk ab und eilte zum Ausgang. Lieberman schlug
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