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esvöllig normal, dass er König werden will. Empfindet dieser Prinz nicht genauso?«
Saxton schwieg. Nach einer langen Pause sagte er: »Warum interessiert Sie das?«
»Weil ich nicht glaube, dass Ihr Bruder die Gier genauso vergöttert wie Sie.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass es an der Zeit ist, dass Sie König werden.«
Mitten in Saxtons Büro plapperte das Bild von Jean-Luc Gérondeau in gebrochenem Englisch. Gérondeau war Finanzberater der Clinique de La Croix Blanche, eines mittelgroßen Krankenhauses in Mont-de-Marasan, Südfrankreich.
Am Telefon geriet der Franzose allmählich in Panik, weil Saxton ihm vor zwei Wochen eine Sampbehandlung für eine ziemlich seltene und neue Krankheit verkauft hatte – das sogenannte Apert-Syndrom –, die nur bei Neugeborenen vorkam. Vergangenes Jahr hatte man herausgefunden, dass die elektromagnetischen Wellen von Sendemasten für die Krankheit verantwortlich sein könnten, zumal vor allem Kinder von Angestellten der France Telecom davon betroffen waren.
Und bei der France Telecom wiederum hatte die sozialistische Regierung das Sagen, weshalb man davon ausgegangen war, dass der Staat sämtlichen Angestellten eine pränatale Sampbehandlung gegen das Apert-Syndrom bezahlen würde. Doch gestern hatte die französische Kommission für Verbrauchersicherheit die Ergebnisse einer achtmonatigen Studie veröffentlicht, wonach elektromagnetische Wellen rein gar nichts mit der Krankheit zu tun hatten.
Nun hatten die Bediensteten keine Grundlage mehr, die France Telecom auf Verteilung von Samps zu verklagen, unddie Samps im Portfolio der Clinique de La Croix Blanche waren stark gefallen.
Caveat emptor.
Käufer aufgepasst.
Das hieß aber noch lange nicht, dass Jean-Luc nicht anrufen und sich beschweren konnte. Dabei war er es gewesen, der den Kauf des Samps überhaupt erst vorgeschlagen hatte, selbst nachdem Saxton ihm davon abgeraten hatte. Patente für das Apert-Syndrom hatten eine fünfzigprozentige Chance, ihre Eigenschaft auf die Kinder zu übertragen. Hätte Jean-Luc sich die Mühe gemacht, ein wenig nachzuforschen, hätte er herausgefunden, dass jeder Angestellte der France Telecom, der ein Baby mit dem Apert-Syndrom bekommen hatte, bereits eine entsprechende Krankengeschichte gehabt hatte, und zwar bevor er überhaupt zur France Telecom gegangen war.
Die hohe Rate von Erkrankungen bei Telecom-Angestellten hatte nichts mit Sendemasten oder elektromagnetischen Strahlungen zu tun. Die France Telecom beschäftigte zufällig eine ungewöhnlich hohe Zahl von Menschen mit diesem Gendefekt – das war die schlichte, einzige Erklärung.
Trotzdem musste Saxton Jean-Luc zuhören.
Von der anderen Seite des Stocks winkte Amy und bedeutete Saxton, dass er einen weiteren Anruf hatte. Saxton versicherte Jean-Luc, er werde sich die Sache ansehen, doch erst einmal solle die Clinique de La Croix Blanche das Samp halten.
»Machen Sie sich nicht so viele Gedanken. Ich bin sicher, irgendwo wird die Krankheit wieder ausbrechen. Außerdem brauchen die Telecom-Mitarbeiter immer noch ein Heilmittel, auch wenn noch nicht geklärt ist, ob sie es bezahlen können.«
Saxton legte auf. Einen Augenblick später sagte Amy überdie Sprechanlage: »Sivaramy Rajasekharan aus Kuala Lumpur ist auf Leitung eins.«
Sivaramy arbeitete für Pharmaceutical Malaysia, das größte Pharmaunternehmen des Landes. Für den weit überwiegenden Teil Südostasiens waren genetische Samps noch immer viel zu teuer; deshalb waren die Hersteller traditioneller Medikamente – wie eben Pharmaceutical Malaysia – noch immer so gut im Geschäft geblieben. Fiel der Preis eines Samps jedoch, änderte sich das dramatisch.
Infolgedessen war Pharmaceutical Malaysia zu einem von Saxtons größten Kunden geworden. Wenn der Preis für ein Samp fiel, kaufte Pharmaceutical Malaysia oft in großen Mengen, um den Preis auf diese Weise wieder in die Höhe zu treiben, damit die eigene Klientel es sich nicht mehr leisten konnte. Dass dies für viele Menschen zu einer drastischen Reduzierung der Lebensqualität führte und Tausenden im ländlichen Malaysia unnötigerweise das Leben kostete, musste man eben als bedauerliche Nebenwirkung akzeptieren, wenn man Geschäfte machen wollte. Schließlich war eine Firma kein Wohltätigkeitsverein.
Was Pharmaceutical Malaysia machte, war in den Vereinigten Staaten illegal, aber in den meisten Ländern der Dritten Welt noch immer erlaubt. In den letzten
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