Golem - Golem - Genome, Inc.
abgezogen, und die ganze Welt sah zu, wie die Region – nun ohne nennenswerte Wirtschaft – in sich zusammenbrach.
Kurz darauf begannen die Terroranschläge wieder. Niemand wusste, wer dafür verantwortlich war. Vielleicht Saudi-Arabien, vielleicht al-Kaida. Nur hatten sie diesmal nichts mit Religion zu tun, sondern mit Abermillionen Barrel nutzlosem Rohöl.
Die Zeitungen nannten den weißen Staub »Manna«. Sie mochten biblische Referenzen, weil es sich so schön dramatisch anhörte. Die Medien jedenfalls stürzten sich darauf. Die Wissenschaftler setzten sich zusammen, studierten den weißen Staub und fanden heraus, dass es sich um eine Art Krebs handelte, der genetische Mutationen verursachte. Das war ein Jahr nachdem der El-Diablo-Virus die Stadt heimgesucht und Tausende von Menschen dahingerafft hatte – und ein Jahr bevor die Transkriptoren die Brooklyn Bridge in die Luft gejagt hatten. Es waren wahrhaft dunkle Zeiten gewesen. Nach dem Anschlag hatte Arden seine Tochter wochenlang nicht aus dem Haus gelassen; trotzdem hatte der Virus einen Weg gefunden, sie zu infizieren.
Ralph, der Leguan, saß auf dem Kaffeetisch und schaute zu, wie Maggy sich fertig machte, wobei seine Zunge vor- und zurückschnellte. Maggy lief zu ihm, bückte sich und küsste ihn mit ihren kleinen Lippen mitten auf die Reptiliennase.
»Sag Ralph auf Wiedersehen«, forderte Maggy ihren Vater auf, nahm seine Hand und zog ihn zur Tür.
»Auf Wiedersehen, Ralph«, sagte Arden und knipste das Licht aus. Maggy machte es ihm mit ihrem Piepsstimmchen nach: »Auf Wiedersehen, Ralph!«
Zwanzig Minuten später setzte Arden seine Tochter bei Sanders’ Frau in deren Haus in Brooklyn ab. Die Familie seines Partners lebte in einer besseren Wohngegend, ohne jede Verbindung zu den Vierteln der Transkriptoren weiter östlich – Gettos, die von Drogen und Kriminalität beherrscht wurden. Doch wie es in Brooklyn immer schon gewesen war, musste man nur um eine Ecke gehen, und alles änderte sich grundlegend. Die meisten Transkriptoren lebten zwar isoliert in Midtown oder auf Governor’s Island, doch liberale Zeitgenossen ließen einige von ihnen auch in anderen Teilen der Stadt wohnen. Manchmal drängten liberale Medien sogar auf eine stärkere Integration von Transkriptoren und Menschen. So konnten sich dann alle bei den Händen halten und sich lieben, wie Gott all seine Geschöpfe liebte. Nur dass Transkriptoren niemals wie Menschen sein würden. Sie waren Wilde. Sie hatten keine Seele, und sie würden jedes Wohnviertel zerstören, in dem sie lebten. Zumindest galt das für die meisten von ihnen. Queen Elizabeth war anders gewesen. Obwohl Arden sich nach besten Kräften darum bemühte, bekam er sie nicht aus dem Kopf.
Die Beifahrertür öffnete sich, und Dwayne Sanders setzte sich neben Arden. »Warum sind wir so spät?«
»Ich freue mich auch, dich zu sehen«, erwiderte Arden. »Wir fahren in die Stadt.«
Arden wendete und fuhr wieder in Richtung Manhattan.
»Warum? Was ist denn in der Stadt?«
»Ich glaube, ich habe eine Spur im Fall Smalls.«
»Was? Willst du dir ’nen Pfadfinderorden verdienen? Sie haben den Kerl doch schon, der dafür verantwortlich war. Es war irgendein Transkriptor, der bei Genico gearbeitet hat.«
»Ihn haben sie verhaftet, und seiner Frau haben sie eine Kugel in den Kopf gejagt. Tolle Polizeiarbeit«, bemerkte Arden.
»Die TFU sagt, das ist unser Mann, also ist er es auch.« Sanders zuckte mit den Schultern. »Wir haben eine Verhaftung, Fall abgeschlossen.«
»Und die TFU kann der Öffentlichkeit erzählen, sie hätten wieder einen gefährlichen Transkriptor von der Straße geholt. Dann wird ihr Budget noch einmal erhöht, und sie können sich die allerneuesten Laserknarren kaufen, oder mit was auch immer die herumlaufen.«
»Jeder so, wie er kann. Warum der Aufstand?«
»Sie haben den Falschen«, sagt Arden. »Dieser Kerl, Roosevelt, geht brav zur Arbeit, hat eine Wohnung und zahlt Steuern. Und dann soll er eines Tages einfach durchdrehen und zwei Leute ermorden?«
»Er war ein Transkriptor. Die denken nicht wie du und ich.«
Arden fuhr über die Manhattan Bridge. Im Süden waren die zerstörten Pfeiler der Brooklyn Bridge zu sehen. Vor ihnen erhob sich die Skyline von Manhattan, und auf dem Genico Tower blinkten rote Warnlichter für den Flugverkehr.
»Genau darauf will ich ja hinaus«, sagte Arden. »Der Bursche wusste nicht, dass er ein Transkriptor ist. Er hat alles richtig gemacht. Er hat auf dem
Weitere Kostenlose Bücher