Golem - Schicksalstraeger
erinnern, mein Liebster?«
Thanatos blinzelte. Natürlich, den Knaben hatte er nie vergessen können. Er war damals wirklich noch klein gewesen und hatte absolut nicht verstanden, was geschehen war. Er hatte bitterlich geweint und seine Mitmenschen angefleht, dass sie ihm seine Eltern zurückbrächten.
Erst viel später hatte er begreifen können, was damals passiert war und keiner hatte dem Knaben dies je verziehen, am wenigsten er sich selbst. Dabei hatte er tatsächlich nie etwas dafür gekonnt so Magie begabt zu sein.
Tatsächlich war dieser Knabe es gewesen, dessen Schicksal Thanatos erstmals berührt hatte und für den Thanatos das erste Mal aufrechtes Mitgefühl empfunden hatte. Hätte es in seiner Macht gestanden, ihm seine Eltern wiederzugeben, hätte er es getan. Doch besaß er nicht die Macht von Leben und das war gut so.
Stattdessen hatte er Kaliß Eltern aber einen Wunsch erfüllen können:
Gib auf ihn acht! Um mehr hatten sie ihn nie gebeten und das hatte er getan, so gut er konnte. Er hatte Leto und Kaliß zusammengebracht, damit er wenigstens eine Freundin gehabt hatte.
Als Kaliß dann aber zum Brocken geworden war, hatte Thanatos seine Spur verloren. Und auf einmal stand er da, direkt vor seiner Nase.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Leben besorgt den noch immer kräftig blinzelnden Thanatos. Er nickte stumm und energisch.
»Du kannst es nicht wissen, weil du im Leben, jedoch nicht im Tode bei ihnen bist.«
Leben durchforschte sein Gesicht. Sie hatte Thanatos noch nie so aufgewühlt erlebt. Er war doch Gevätterchen Tod. Wie konnte es also sein, dass sie auf einmal so viel Gefühl in ihm las. Sein Blinzeln erschien ihr ja sogar so zu sein, dass er kurz davor stand in Tränen auszubrechen. Ob das wohl seiner Arbeit zu Gute kam?!
»War es so schlimm?«
Thanatos nickte leicht. Das war es gewesen. Er rüttelte an seinen Gedanken. Die Vergangenheit war nichts außer Erinnerungen und für Erinnerungen hatten sie jetzt bestimmt keine Zeit. Immerhin war der Junge, dem Tod verbunden war, auf dem besten Wege ihm persönlich zu begegnen. Das durfte nicht passieren!
Selbst wenn es nicht um Kaliß gehen würde, dürfte es nicht geschehen, da Kaliß doch auch jener war, in den Leto sich verliebt hatte.
»Erinnerst du dich an den Knaben in den unsere Tochter sich verliebt hatte?«
Leben trat näher an Kaliß heran und beäugte ihn. Es war schwierig, den jungen Mann auszumachen, den Leto ihr vor einer halben Ewigkeit vorgestellt hatte. Doch dort unter seinen Narben und seinem grimmigem Ausdruck glaubte sie ihn zu erkennen. Sie erschrak.
Kaliß war der einzige Freund den Leto je gehabt hatte. Schließlich wollte niemand mit einer Tochter des Lebens und des Todes bekannt sein. Nur Kaliß hatte es nie gestört. Seit seinem Verschwinden war Leto unglücklich gewesen und es hatte nichts gegeben, was ihre Stimmung hatte aufhellen können.
»Wir müssen ihm helfen!«, stieß Leben erschrocken aus.
»Wir können nicht mehr tun als das, was wir bereits taten« , g ab Thanatos zu bedenken. Dieses Mal war er es, der sie mit seinen Armen umschlang und sie festhielt. Er seufzte. Auf einmal war das alles für die Zwei doch wesentlich mehr geworden als nur ein sehenswertes Spektakel.
Langsam beschlich Thanatos die Frage, warum Schicksal nun auch mit ihnen spielte, denn ganz offenbar war das alles von langer Hand geplant gewesen. Schon damals als Kaliß nur der hilflose, kleine Junge gewesen war.
Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit, um Kaliß zu helfen. Aber nein, das war gegen die Regeln der Mächte und wenn sie auch nur eine Regel regelrecht brachen, dann würden sie dafür einen unbezahlbaren Preis zu zahlen haben. Sie würden gewöhnliche Menschen werden!
Einen Moment ertappte Thanatos sich allerdings dabei, dass dieser Gedanke doch auch etwas für sich hätte.
Leben und er könnten gemeinsam in einer Hütte leben zusammen mit ihrer geliebten Tochter. Sie würden Oma und Opa und alles würde gut.
Jedoch hatte die Sache einen ziemlich großen Haken: Sie würden zu Spielbällen der Mächte zu denen sie einstmals gehört hatten und dies war so ziemlich das Letzte, was Thanatos und Leben wollten.
Sich machtlos seinem Schicksal ergeben? Eventuell an Hunger, Krankheit oder Kälte zu verenden?
Tod hatte ausreichend Menschen sterben sehen und viele von ihnen schliefen nicht einfach nur ein. Mit der Vorgeschichte von Krankheit oder ähnlichem hatte er jedoch nichts zu tun. Das waren Schicksals, Zufalls,
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