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Golem - Schicksalstraeger

Golem - Schicksalstraeger

Titel: Golem - Schicksalstraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline S. Brockmann
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Geborgenheit und die Sicherheit genommen.
    Er hatte mich zu etwas aus Fleisch und Blut, etwas zerbrechlichem und lebendigem gemacht. Doch hatte er mich nicht vollständig vereinnahmen können, weil mein Stein den Fluch verzögert hatte, wodurch Skorn genug Zeit geblieben war, um mich zu retten.
    Skorn war von mir weggedrückt worden und sah mich mit sonderbarem Blick an.
    »Ich … äh … Was war das?«
    »Keine Ahnung, Kleiner«, entgegnete Skorn mir, während er versuchte wieder gelassen zu wirken. Allerdings wirkte er irgendwie aufgewühlt und hätte ich nicht die nassen Flecken in seiner Kleidung gesehen, hätte ich nicht glauben können, dass das alles wirklich passiert war.
    Der Tsurpa, den Skorn befreit hatte, lag ausgestreckt auf dem Gras hinter Skorn.
    »War das ein Fluch?«, fragte ich leise, meine Augen hefteten an dem Tsurpa und nicht einmal ich war mir schlüssig, ob ich diese Frage auf den Tsurpa oder mich selbst bezog.
    »Ja. Er traf euch beide.« Das würde wenigstens erklären, warum ich mich so gefühlt hatte, als würde etwas mich zerquetschen. Es war diese Schlingpflanze gewesen, die auch dem Tsurpa beinah den letzten Rest Leben genommen hätte.
    »Und du?«, fragte ich. Skorn zuckte mit den Achseln und, obwohl für ihn alles etwas klarer sein musste als für mich, sah ich ihn rätseln.
    »Vielleicht …«, entgegnete er zögerlich, »hat die Zeit dem Fluch zugesetzt. Aber hätte ich tatsächlich an das alte Zeug geglaubt, wären wir niemals hierher gekommen.«
    Er schickte mich kurzerhand los, damit ich Kräuter sammelte. Prophet verblieb zusammen mit seinem Nest bei Skorn. Es war mir, als der Fluch mich getroffen hatte, vom Kopf gerutscht.
    Ich sah noch einmal zurück und erblickte Skorn wie er über dem Tsurpa gebeugt kniete.

Himmelslichter
    Ich war müde und wollte zurück zu Silvana. So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Weniger um den Fluch als vielmehr darum, aus Fleisch und Blut gewesen zu sein. Laut meines Wissens gab es nichts, was einen Brocken in so etwas verwandeln konnte. Kein Fluch der Welt, jedenfalls kein bekannter, besaß dafür genug Macht.
    Diese Hexe hatte vielleicht neue mächtigere Flüche erschaffen. Trotzdem wollte mir das nicht als Antwort reichen und ich war damit nicht allein. Skorn war schließlich nicht dumm. Ihm war sicherlich auch schon dieser Gedanke gekommen, aber auch er hatte noch grübelnd ausgesehen, als ich losgezogen war, um Kräuter zu sammeln.
    So pflückte ich geistesabwesend die Pflanzen.
    Wie schön, dachte ich plötzlich, wäre es, ein Mensch zu sein oder wenigstens etwas aus Fleisch und Blut. Denn obwohl ich furchtbare Angst verspürt hatte, hatte ich mich andererseits auch noch nie in meinem Leben so lebendig gefühlt. Dieses Kribbeln, das Rauschen des Blutes, der Pulsschlag, der so unabdingbar war …
    Obwohl ich mich so zerbrechlich und schutzlos gefühlt hatte, wurde mir das erste Mal bewusst, wie anders sich so etwas anfühlen konnte.
    Ich mein, ich war am Leben als Brocken und verstand mich sehr gut darauf mein Leben in vollen Zügen zu genießen und zu lieben. Doch als Wesen aus Fleisch und Blut war alles so viel intensiver und hautnah, beinah überwältigend. Laut meiner Einschätzung war ich wohl zu einem Menschen geworden, als der Fluch mich getroffen hatte.
    Hmm, kleidsam, dachte ich, als ich mein steinernes Gesicht im Wasserloch betrachtete, und mir vorstellte, es wäre das eines Menschen.
    An diesem Tag verstand ich den innigsten und geheimsten Wunsch der Brocken aus Fleisch und Blut zu sein. Auch wenn sie es nicht zugaben. Sie waren neidisch, oh ja, auf alles, was in der Form lebte. Es war ein ähnlich gearteter Wunsch, wie der des Menschen ohne Hilfsmittel fliegen zu können.
    Aber bislang hatte ich den Wunsch der Brocken nie verspürt und ich hatte es auch für aberwitzig gehalten. So wie ich es immer noch für eine aberwitzige Vorstellung hielt, Menschen am Himmel fliegen zu sehen.
    Mir kam die Stimme wieder in den Sinn; der Gesang, die Melodie, die mich erst eingelullt und dann erschreckt hatte. Sie war eine Sprache gewesen, die ich nicht kannte. Vielleicht wäre es ratsam Skorn davon zu berichten.
    Außer Frage hatte er viel für mich getan und dafür war ich ihm dankbar. Von vornherein hatte ich ihn gut leiden mögen, aber das alles änderte nichts daran, dass er nun mal ein Tsurpa war. Vielleicht war er sogar mehr Tsurpa als alle anderen. Noch dazu war ich kein kleines Kind, das wegen jedem kleinen Rätsel gleich eine

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