Golem - Schicksalstraeger
Neuerungen denken. Spucke im Mund zu haben, zum Beispiel, war neu. Der Strom, der nun deutlicher und fast zu unangenehm spürbar war.
Bei der Ruine war ich nicht so lange ein Mensch gewesen wie hier, weshalb mir die ganzen Veränderungen erst jetzt deutlich wurden. Obwohl es sich für mich als faszinierend gestaltete, wünschte ich mir, vielleicht auch wegen der ganzen Veränderungen, wieder Brocken zu sein.
In jenem Moment begannen Fleisch und Blut zu schwinden. Stein ersetzte sie, ganz ohne Melodie. Einfach so.
Ich hatte keine Erklärung dafür. Allerdings fühlte ich mich als Brocken deutlich sicherer und kam erst da zur Ruhe. Brauchte gerade keine Neuerungen oder Veränderungen, sondern nur das, was ich mein Leben lang gewesen war. Es war mir vertraut, das Menschsein fremd und gerade tat mit das Vertraute sehr gut. Hatte gar nicht mitbekommen, wie anstrengend Menschsein für mich gewesen war.
Skorn keuchte auf: »Wieder zur alten Form gefunden? Vorher warst du …« Bevor Skorn den Satz beenden konnte, wuchs ich wieder auf meine normale Größe. Mein Fuß hing noch in der Tasche, als Skorn und ich überraschte Blicke tauschten, die düster wurden, als wir realisierten, was soeben passiert war. Wie so häufig in dieser Nacht hatten Skorn und ich Glück, denn niemand war da, um den Brocken zu entdecken.
Dunkle Magie
Eine giftig tönende Frauenstimme drang mir ans Ohr und zerriss jeden Gedanken und alles andere, was noch Raum in mir einnahm. Es war als absorbierte ihre Stimme alles.
»Los töte mich, na los!«, keifte sie wütend. Ich lief ein paar Schritte und spähte in die Richtung aus der die Stimme gekommen war.
Vor uns stand ein Haus. Von allen, die ich gesehen hatte, erschien mir das am Meisten heruntergekommen zu sein, obwohl es einstmals bestimmt ein Prachtexemplar gewesen war, das nun jeglicher Pracht und jeglichen Glanz entbehrte. Die Haustür stand sperrangelweit auf, wobei der Eingang durch eine kaputte Mauer verbreitert wurde. Kerzen brannten vereinzelt. Innerhalb des Hauses waren zerbrochene Möbel, zerschlissene Tücher und Kleider.
Drinnen standen ein Tsurpa mit gezückter Waffe und diese Frau mit schwarzem, krausem Haar und schmutziger, blasser Haut. Sie hatte gesprochen und konnte uns nicht sehen, weil sie mit dem Rücken zu uns stand.
Sie hatte die Arme zu den Seiten weit von sich gestreckt, so dass sie ein kinderleichtes Ziel darbot. Auf ihrer Wange glitzerten Tränen. Eine Dunkelheit schien aus ihr herauszuwabern und uns einzulullen.
Wir alle waren wie gelähmt und sprachlos vor Schock.
Ich wusste nicht wie, aber irgendwie nahm sie mich ungewollt auf die Reise mit. Meine Füße stachen schmerzhaft und kribbelten zugleich als würde jemand sie kitzeln. Ich begann damit zu scharren, weil ich dieses Gefühl nicht leiden konnte, doch war es unmöglich es abzuschütteln.
Es schien etwas zu sein, das aus ihrem Strom durch meine Füße in mich eindrang und nach wenigen Augenblicken nur meinen ganzen Körper bis in die kleinste Faser erreicht hatte.
Als mich ihr Strom gänzlich erfasst hatte, versuchte ich mich zu wehren, was nur zur Folge hatte, dass ich das Gefühl hatte in einem Netz zu stecken, dass sich mit jedem Widerstand schneidend enger zog.
Ich stellte meine Bemühungen ein und verharrte regungslos wartend.
Es musste einen Grund für meine derzeitige Lage geben und einen Weg sich von diesem Etwas zu lösen.
»Ich sterbe lebend und überlebe. Verdammt, töte mich!«, hörte ich die Frau wie aus sehr weiter Ferne rufen. Es war schon fast als würde sie flehen.
Ein bläulicher Punkt blitzte im Nichts auf. Ein Trommelfell zerfetzendes Donnergrollen dröhnte in meine Ohren. Blitze durchzuckten blendend grell die Schwärze und schufen geisterähnliche Menschen, die jäh zum Leben erwachten.
»Hexe!«, keifte da einer dieser geisterhaften Gestalten hasserfüllt und deutete mit seinem Zeigefinger anklagend auf ein Grüppchen Leute, die sich schützend vor der Frau aus dem heruntergekommenen Haus aufgestellt hatten. Jedoch war sie keine Frau, sondern nur ein kleines Mädchen, das sich verängstigt und zitternd hinter ihrer Mutter versteckte und dessen Arm umklammerte.
»Sykora ist keine Hexe. Nur weil sie dir nicht gibt was du verlangst! Sie hat mir alles erzählt du kleiner, dreckiger – « Die Augen seines Gegenübers blitzten gefährlich auf.
»Pah! Ich würde nie etwas von einer Hexe erbitten!«, spuckte er schreiend aus und übertönte damit die Worte des anderen. Das hier
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