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Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Golem und Dschinn: Roman (German Edition)

Titel: Golem und Dschinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Wecker
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erlebt.
    Nach ein paar Blocks sagte er endlich: »Wenn ich es bin, auf den du wütend bist, dann sag es mir bitte. Ich habe keine Lust zu raten.«
    Sofort verwandelte sich ihr Zorn in Kummer. »Oh, Ahmad, entschuldige! Ich bin heute keine gute Gesellschaft, ich hätte nicht kommen sollen. Aber wäre ich auch nur eine Minute länger im Haus geblieben, hätte ich es eingerissen.« Sie drückte die Hände an die Schläfen, als hätte sie Kopfschmerzen. »Es war eine schreckliche Woche.«
    »Wieso?«
    »Ich kann nicht viel dazu sagen. Es gibt da ein Geheimnis, über das ich nicht sprechen darf. Jemand in der Bäckerei hat fürchterliche Angst und versucht, es zu verheimlichen. Ich sollte es eigentlich gar nicht wissen.«
    »Ich verstehe, dass dich das mitnimmt.«
    »Ich kann kaum an etwas anderes denken. Mindestens ein Dutzend Mal musste ich mich davon abhalten, das Falsche zu sagen.« Sie schlang die Arme um sich und blickte finster drein. »Ich habe so viele Fehler gemacht. Gestern musste ich eine ganze Schüssel Teig wegwerfen. Und heute habe ich die Butterhörnchen verbrannt. Mr. Radzin hat mich angeschrien, und Mrs. Radzin hat mich gefragt, ob alles in Ordnung ist.
Mich
hat sie gefragt! Während Anna ständig lächelt, als wäre alles –«
    Sie hielt inne und schlug die Hand vor den Mund. Dann verzog sie das Gesicht. »Da, siehst du. Das ist unerträglich.«
    Er lächelte. »Wenn es dich beruhigt, ich habe mir schon gedacht, dass es mit Anna zu tun hat. So viele Kolleginnen hast du ja nicht.«
    »Bitte, erzähl es niemandem.«
    »Chava, wem sollte ich es erzählen?
Was
sollte ich erzählen? Ich kenne das Geheimnis nicht einmal.«
    »Und ich werde es nicht verraten«, sagte sie.
    Schließlich erreichten sie das Tor in der 59 th Street und betraten den Park über den dunklen Weg, ließen die Lichter der Straßen hinter sich. In der plötzlichen Stille raschelten Zweige und Äste über ihnen. Chava ging langsamer und schaute sich fasziniert um, ihre Stimmung besserte sich sichtlich. »Ich habe noch nie so viele Bäume gesehen.«
    »Das ist noch längst nicht alles«, sagte er lächelnd.
    Sie brachten eine Kurve hinter sich, und der Park erstreckte sich in seiner ganzen Größe vor ihnen, die sanft geschwungenen Wiesen und fernen Wäldchen. Sie drehte sich im Gehen um die eigene Achse, um das ganze Panorama auf einmal aufzunehmen. »Er ist riesig! Und es ist so still!« Sie hielt sich die Ohren zu und nahm die Hände wieder weg, als wollte sie sich vergewissern, dass sie das Gehör nicht verloren hatte. »Ist es immer so?«
    »Nur nachts. Tagsüber ist der Park voller Menschen.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass sich so etwas in der Stadt versteckt. Wie weit reicht er?«
    »Ich weiß es nicht genau. Es würde Wochen dauern, um ihn zu erkunden. Vielleicht sogar Monate.«
    Sie gingen nach Norden Richtung Sheep Meadow. Er hatte gehofft, nicht auf der größten Droschkenstraße gehen zu müssen, aber das Tauwetter hatte die Wiesen in einen Sumpf verwandelt und die schmalen Wege überflutet. Schafe waren nirgendwo zu sehen; er nahm an, dass sie irgendwo untergebracht waren, wo es nicht so matschig war.
    »Hier fühle ich mich anders«, sagte der Golem plötzlich.
    »Wie denn?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie schauderte einmal leicht und dann noch einmal.
    Er runzelte die Stirn. »Alles in Ordnung?«
    »Ja, alles in Ordnung.« Doch ihre Stimme klang gedankenverloren, als würde sie auf etwas weit Entferntes horchen.
    Sie verließen die Droschkenstraße und gingen die Treppe zur Bethesda Terrace hinunter. Der Springbrunnen war nachts abgestellt. Am Grund des Beckens lagen Münzen, dunkle, vollkommene Kreise. Das Wasser war so durchsichtig, dass es wie eine Sinnestäuschung wirkte.
    Der Golem blickte auf zu der geflügelten Statue. »Sie ist wunderschön. Wer ist sie?«
    »Sie wird Engel über den Gewässern genannt«, sagte der Dschinn und erinnerte sich an sein erstes Gespräch mit Sophia. Wie lange war es her, dass er sie zum letzten Mal gesehen hatte? Er dachte an die verschlossene Tür, an die mit Tüchern bedeckten Möbel und empfand ein leichtes Unbehagen.
    Der Golem sagte: »Ich habe einmal von Engeln gelesen. In einem Buch des Rabbis.« Sie lächelte ihn an. »Ich nehme an, dass du nicht an Engel glaubst.«
    »Ja, das stimmt«, gab er zu. Sie schien darauf zu warten, dass er ihr dieselbe Frage stellte, aber er wollte nicht über Engel oder Götter oder sonst irgendwas reden, was die Menschen gerade mal wieder erfunden

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