Golgrimms wundersame Welt (German Edition)
kann dich hören!“
„Mist!“ kam die Antwort.
„Was ist denn los? Warum zeigst du dich denn nicht? Ich dachte, Onkel Vincent würde hier alleine leben!“
„Tja, also, im Grunde schon. Also offiziell gesehen. Äh...“
„Aber du bist auch hier. Wer bist du denn nun? Komm doch raus, ich tu dir nichts! Ich bin nur ein kleines Mädchen und völlig harmlos!“
Nun bekam Sarah als Antwort nur ein leises Lachen. Ein tiefes Lachen, welches jedes einzelne Haar an ihrem Nacken aufrecht stehen ließ.
„Nun, kleines harmloses Mädchen.“ fuhr die Stimme weiter fort. „Ich habe vor dir keine Angst, aber es könnte gut möglich sein, dass du vor mir Angst bekommen würdest. Und ich bin aus dem Alter raus wo ich kleine Mädchen erschrecken möchte!“
Sarah reckte ihre Gestalt und schob mutig das Kinn vor.
„Ich habe keine Angst!“ sagte sie mit fester Stimme und war sich sicher ein leises Lachen zu hören.
„Na gut, Kleine!“ antwortete die Stimme. Und dann glühten zwei riesige Augen im Schatten auf. Sie waren gelb und riesig, fast so groß wie die Fäuste von Sarah.
Das Mädchen wich einen Schritt zurück, ihr Atem stand für einen Moment still und ihr Herz schlug schneller und schneller und lauter und lauter.
Die riesigen gelben Augen funkelten und blickten ernst und böse. Erneut ertönte das kehlige Brummen, welches nun vielmehr nach einem bedrohlichen Knurren klang. Und dann sah Sarah Zähne. Spitz und lang, blitzend wie tausend Dolche. Es waren unzählige. Sie bildeten tödliche Reihen und zogen sich zu einem bösen Grinsen zusammen. Eine kleine Rauchwolke entfuhr dem Schatten, genau dort wo die Zähne jetzt ein klein wenig auseinander glitten. Die Wolke war heiß und roch nach Schwefel und die Stimme donnerte:
„GEH INS BETT, MÄDCHEN!“
Und Sarah rannte, einen kurzen schrillen Schrei auf den Lippen, das dicke Buch des großen Zauberers Nepomuk von Hinterhausen unter dem Arm, aus der Bibliothek. Ihre kleinen Füße trugen sie durch die verwinkelten Gänge und Korridore des Schlosses, immer weiter, immer schneller, bis hinauf in ihr Zimmer.
Dort angekommen riss sie die Tür auf, schlug sie hinter sich zu und sprang ins Bett. Ohne sich umzusehen zog sie die Bettdecke hoch bis nur noch ihre Augen, ihre Stirn und ihre goldenen Locken zu sehen waren. Mister Barcley erwachte und sah zu ihr auf. Ein besorgtes Brummen entfuhr ihm.
Mit vor Angst geweiteten Augen blickte Sarah ihn an und sagte: „Onkel Vincent hat nicht gelogen! In diesem Schloss gibt es Monster!“
Mister Barcley schaute fragend zur Tür, dann wieder brummend zu Sarah und dann sagten beide nichts mehr und nur das laute Ticken der Uhr an der Wand drang durch das Zimmer.
„...tick tack tick tack...”
Der Halbling, der Pirat und
der Kopfgeldjäger
Genüsslich hatte der Halbling Caleb Sturmbringer die kurzen kräftigen Arme hinter seinem von dichten braunen Locken bewucherten Kopf verschränkt und döste im schützenden Schatten eines mächtigen Baumes vor sich hin. Die gleißende Sonne stand stur an ihrem Platz am Himmel, flackerte kurz und gleißte weiter.
Überaus friedlich mutete dieser Ort an, die Wasseroberfläche des romantischen Gewässers kräuselte sich so gut wie gar nicht, aber sie glitzerte und funkelte im Schein der Sonne. Vögel präsentierten nicht ohne Stolz ihr neustes Lied und zwitscherten und trällerten in einer einzigartigen Symphonie durcheinander. Ja, dieser See, umrandet von hohen schattenspendenden Bäumen, war ein wirklich sehr friedlicher Ort.
Caleb trug eine frische, äußerst saubere dunkelbraune Leinenhose und ein ebenso frisches und äußerst sauberes helles Leinenhemd mit einer schwarzen Lederweste darüber, die über und über mit Runen bestickt war. Auch die Weste war übrigens äußerst sauber.
Jede einzelne dieser Runen stand für jeweils einen Namen aus der Familie Sturmbringer, angefangen beim Allerältesten dieser Familie, Calebs Ururururururururgroßvater Kaledomus Sturmbringer, welcher vor langer, langer Zeit mit seiner Frau jenen Clan der Sturmbringer-Halblinge gegründet hatte.
Calebs Reithund, Cedric III., lag neben ihm und gab laute Schnarchgeräusche von sich, wobei sich sein beige und weiß geflecktes Fell gleichmäßig hob und senkte. In Notrak Husch hatten die meisten Halblinge Hunde als Reittiere, da sich das Reiten auf Pferden für das Volk der Halblinge aufgrund ihrer geringen Körpergröße als sehr schwierig erwiesen hatte.
Weitere Kostenlose Bücher