Golgrimms wundersame Welt (German Edition)

Sein Fell schimmerte schwarzgrau und glänzte silbrig und er trug breite Armschienen aus Leder, eine knallig rote Weste und ein gelbes Halstuch. Und dazu  wirkte er, als sei er total betrunken!
    Red Jack hockte mit bestürztem Gesichtsausdruck direkt neben ihm. Er blickte auf.
    „Hatte ich nicht ausdrücklich gesagt, dass ihr alle auf dem Schiff bleiben sollt?“ knurrte er. Sarah überhörte ihn und fragte stattdessen: „Wer ist das?“
    „Das ist Mister Boyd, mein erster Maat und Steuermann.“ antwortete Jack mit einem bedauernden Blick zu dem Gorilla, der jetzt laut rülpste und schrie: „ISCH WILL MEHR SU SAUFEN!“
    „Aber das ist ein Affe!“ widersprach Sarah.
    „Na und? Hast du vielleicht ein Problem damit? Ich hab dich doch auch nicht blöd angequatscht, als du mit einem Teddybären an Bord aufgetaucht bist, oder?“ meinte Jack aufgebracht und sah wieder den Gorilla an. „Aber in diesem Zustand ist Mister Boyd nicht zu gebrauchen. Schlimmer noch, er ist dann gefährlich! Und ich meine wirklich gefährlich!“
    „Ist er betrunken?“
    „So in der Art. Er verträgt keine Erdbeermilch. Wenn er zuviel davon intus hat, dann... Na, du kannst es ja selber sehen!“
    „Isch hab Kopfaua. Aua, aua, aua, aua!“
    Sarah stürmte plötzlich aus dem Zimmer, griff sich das Eis aus dem Gesicht des narbengesichtigen Piraten, der dies mit einem lauten “Heeey, das ist mein Eis! Kauf dir selber eins, du... du... du Mädchen !!!“ und stellte sich hoch erhobenen Hauptes vor Mister Boyd.
    „Mister Boyd?“
    „Ouuuaaaaah.“
    „MISTER BOYD!“
    „Ahhhhh, jaaa, was willsu?“
    Und ohne Vorwarnung klatschte Sarah dem Steuermann das Erdbeereis auf die Stirn. Der Gorilla verdrehte die Augen, sackte zusammen und begann mit einem Mal lauthals zu schnarchen.
    „Wenn er wieder aufwacht, dann ist er so gut wie neu! Ich kenne das von meinem Vater, der braucht nach Silvester auch immer einen Eisbeutel und dann zeigt er dieselben Symptome wie Mister Boyd. Und wo ist der Rest ihrer Mannschaft?“
    Als Antwort auf ihre Frage kam Sarah ein lautes Keckern von der Decke, genauer gesagt vom Kronleuchter, welcher direkt im Zentrum der Spelunke hinter ihnen an der Decke hing. Ein kleines Totenkopfäffchen hangelte dort herum, ziemlich geschickt übrigens, und zog Grimassen. Das Äffchen trug einen dreieckigen schwarzen Hut, mit dem üblichen Piratenzeichen darauf. Lange buschige Federn fielen vom Hut herab.
    „Darf ich vorstellen: Billy-Bob! Ausguck und Rest der Mannschaft der Devastate Storm !“ sagte Red Jack und zeigte auf den kleinen pelzigen Artisten. Das Totenkopfäffchen schwenkte den Hut zur Begrüßung und verbeugte sich tief, während es sich mit einer Hand am Kronleuchter festhielt. Dann setzte Billy-Bob den Hut wieder auf, keckerte laut und fragte: „Geht’s wieder los, Käpt’n? Geht’s wieder los?“
    „Jawohl, Männer! Die Devastate Storm geht wieder auf Kurs!“ rief Jack und stolz schwoll seine Brust an.
    Sarah wand sich um und blickte in die Spelunke hinein. All jene fürchterlich grausamen und gefährlichen Piraten starrten ihrerseits das kleine Mädchen aus großen Augen an. Einige spielten weiter Murmeln oder Gummi-Twist, aber der Großteil starrte wirklich Sarah an.
    Diese ganze Insel kam ihr sehr seltsam vor, alles hier entsprach ganz und gar nicht den Vorstellungen dessen, was sie sich unter Piraten vorstellte. Nun, das ganze Äußere, das heißt die Kleidung, die Häuser, die Schiffe und die Piraten selbst schon, aber ihr ganzes Benehmen kam dem Mädchen mehr als nur komisch vor. Also beschloss sie etwas zu testen.
    Mutig reckte sie ihr kleines Kinn vor und tat einen schnellen Schritt vorwärts. Sie hörte, wie alle Piraten schnell und schrill einatmeten und allesamt einen Schritt rückwärts taumelten. Sie zuckten regelrecht auf vor Schreck. Eine Murmel schoss durch den Raum vor Schreck und in der hinteren Ecke hörte man deutlich ein Gummiband flitschen.
    Sarah stemmte die Fäuste in die Hüften, runzelte die Stirn und sah zurück zu Red Jack und dem schlafenden und laut schnarchenden Mister Boyd, seines Zeichens erster Maat und Steuermann.
    „Mister Jack?“ fragte Sarah. Der Pirat schaute auf.
    „Was?“
    „Das hier sind doch alles echte und leibhaftige Piraten, oder?“
    „Natürlich sind sie das!“
    „Und warum zucken die alle vor Angst zusammen, wenn ein kleines Mädchen schnelle Schritte vorwärts macht?“
    Jack sah sie ungläubig an, dann verengten sich seine Augen. „Das bildest