GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit
auch auf dem Dach. Die Marinesoldaten und Kapitän Hobbes schlugen auf die Flammen ein, doch die sprangen einfach mit dem Treibstoff auf die Jacken über.
»Das ist ein Wasserturm!« Malone zeigte auf das Gebäude, das die Barkasse halb umgekippt hatte.
Alek blickte sich um. Auf dem Luftgefährt waren keine Werkzeuge zu erkennen, doch einer der Propeller war auseinandergebrochen. Alek schnappte sich einen der Flügel. Der war einen Meter lang und nicht besonders scharfkantig, aber schwer. Alek schwang ihn wie eine Axt und begann, auf die Seite des Wasserturms einzuschlagen. Hinter ihm nahm die Hitze von den Flammen zu.
Der Turm brach langsam unter seinen Hieben auseinander. Das Holz war alt und verrottet, die Nägel verrostet, und bald bildeten sich die ersten Spalten in den Brettern.
Doch aus den Löchern lief kein Wasser.
Malone bedeutete Alek, kurz innezuhalten, kletterte hinauf und schaute hinein.
»Leer, verflucht!«
Alek stöhnte und wandte sich wieder dem Feuer zu. Es hatte inzwischen das hölzerne Deck der Barkasse erreicht, und die Mannschaft von der Leviathan zog sich vor den Flammen zurück.
»Hoheit!«, rief der Kapitän. »Hier entlang! Dort ist eine Feuertreppe!«
Alek blinzelte. Sie konnten doch nicht zulassen, dass das Gebäude in Brand geriet, oder?
»Kommen Sie, Majestät!«, sagte Malone und packte ihn am Arm.
Dann spürte Alek einen Tropfen Wasser im Gesicht und betastete ihn erstaunt. Weitere Tropfen fielen, und einen Moment lang dachte er, es würde aus einem absolut klaren Himmel regnen.
Erst jetzt stieg Alek ein vertrauter Duft in die Nase …
»Schiet«, sagte Bovril aus dem Inneren des Mantels.
»Tatsächlich!« Alek roch die Hinterlassenschaften hundert verschiedener Spezies, die alle in den Eingeweiden eines lebenden Luftschiffs vermischt waren. Er schirmte die Augen ab und sah hinauf zur Unterseite der Leviathan , die hundert Meter über ihm mit geschwollenen Ballaströhren flog. Der Schauer nahm an Heftigkeit zu, und das Prasseln gesellte sich zu dem wehmütigen Zischen der Flammen.
Oben an Bord musste jemand beobachtet haben, wie die Barkasse als winziger Punkt zwischen den Lichtern der Stadt verschwand. Irgendwer hatte den Angriff bemerkt und der Brücke gesagt, man müsse wenden.
» Mr. Sharp«, sagte Bovril und gluckste.
Die Hitze des Feuers hatte aufgehört, und Alek stand durchnässt im kalten Herbstwind. Er warf den ruinierten Zobelmantel zur Seite, und Bovril kletterte auf seine Schulter. Der Schauer hatte rasch nachgelassen, die Leviathan über ihnen wurde immer kleiner. Nachdem der Ballast abgelassen war, stieg sie sehr schnell in die Luft auf, wo sie vor weiteren Raketenangriffen sicher war.
»Zwei Fliegen mit einer Klappe«, murmelte Alek, dann blickte er sich auf dem Dach um. Dr. Busk kümmerte sich um Mr. Tesla und einen Mann von der Barkasse, doch ernsthaft verletzt schien niemand zu sein. Aus den Straßen unten hörte er die Sirenen der Feuerwehr.
»Sehen Sie doch mal her, Majestät!« Eddie Malone trat zurück und schirmte mit der freien Hand die Kamera vor dem letzten Ballast ab. Er machte ein Foto von der abgestürzten Barkasse mit Alek als Star.
Eine grimmige Miene zu ziehen würde niemandem etwas einbringen, dachte Alek. Also schob er pflichtbewusst das Kinn vor. Die Kamera blitzte, und er blinzelte, weil er Punkte vor Augen sah. Als er nicht mehr geblendet war, fiel ihm auf, wie dicht Malone an der Dachkante stand.
Eine eigenartige Erkenntnis durchfuhr Alek. Während die Barkasse abgestürzt war, hatte er Malone davor gerettet, über Bord zu gehen. Wenn Alek ihn nicht bemerkt hätte oder seine Finger abgerutscht wären, hätte es für den Reporter vielleicht den Tod bedeutet. Dann wäre Deryns Geheimnis wieder in Sicherheit gewesen.
Doch Alek hatte Malone gerettet, und er hatte es nicht einmal geschafft, ein Wort zu ihrer Verteidigung vorzubringen. Es war fast so, als könnte er einfach nicht aufhören, sie zu verraten.
Dann schoss ihm plötzlich eine schlichte und perfekte Idee durch den Kopf. Ohne erst zweimal darüber nachzudenken, ging Alek über das glatte, zerbrochene Deck der Barkasse, bis er nahe genug am Reporter war, um leise mit dem Reporter zu sprechen. Die Kamera blitzte erneut.
»Ich habe Ihnen doch beim Absturz das Leben gerettet«, sagte Alek, »oder nicht, Mr. Malone?«
Der Mann dachte kurz nach und nickte dann. »Ich glaube schon. Besten Dank auch.«
»Gern geschehen. Würden Sie im Gegenzug dafür vielleicht darauf
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