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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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Ärger vorbereitet.« Deryn wandte sich von dem kleinen Fenster ab. »Aber die Deutschen sind doch nicht so dumm, mitten in Manhattan zuzuschlagen, oder?«
    »Die Deutschen werden Präsident Wilsons Geduld auf die Probe stellen, dessen bin ich sicher«, antwortete Miss Eierkopf. »Aber das Land ist geteilt. Heute Morgen konnte man vielleicht harte Worte gegen die Deutschen in der New York World lesen, doch Mr. Hearsts Zeitungen schrieben Anarchisten die Verantwortung für den Anschlag zu, nicht den Mechanisten.«
    »Hm«, sagte Deryn. »Vielleicht ist der Oberpenner tatsächlich ein deutscher Agent.«
    »Mr. Hearst kann die Briten gewiss nicht leiden.« Der Läufer kam schwerfällig zum Halt, und Dr. Barlow ordnete ihre Kleidung. »Und die Deutschen wissen, dass eine vereinzelte Rakete Amerika nicht in den Krieg zieht.«
    Deryn runzelte die Stirn. »Ma’am, glauben Sie, die Deutschen hatten es auf Alek abgesehen? Oder machen die sich mehr Sorgen wegen Mr. Tesla?«
    »Gestern Abend ging es ihnen sicherlich um Tesla.« Dr. Barlow seufzte. »Aber nach der Lektüre der Morgenzeitungen könnten sie ihre Meinung ändern.«
    Innerhalb der Mauern des Konsulats fiel es leicht, die bewaffneten Polizisten vor dem Gebäude zu vergessen. Butler mit weißen Handschuhen und Frack nahmen Miss Eierkopf Hut und Mantel ab, und von irgendwo hallte Tanzmusik von den Marmorwänden wider. An einer kurzen Treppe zum Eingang nahm Dr. Barlow Deryns Arm, damit er sein schlimmes Knie nicht so stark belasten musste.
    Das Tierchen auf Deryns Wunde hatte seine Arbeit schnell erledigt, und inzwischen humpelte sie beim Gehen nicht mehr, trotzdem war sie froh über den Stock. Stimmen und Musik wurden lauter, während ein Butler sie durch das Konsulat zu einem großen Ballsaal voller Menschen führte.
    Das Fest war schon in vollem Gang. Die Hälfte der Herren trug militärische Uniformen, die andere Hälfte »Stresemann«, einen Anzug aus gestreifter Hose und Jackett. Die Damen trugen sanfte Pastellfarben, der gewagte Saum mancher Kleider reichte sogar nur bis zur Mitte der Wade. Deryns Tanten wären empört gewesen, aber vielleicht war das nur ein weiteres Zeichen dafür, wie rasch sich die Frauen in Amerika veränderten.
    Natürlich spielte das für Deryn kaum noch eine Rolle, nachdem ihr Geheimnis nun doch gewahrt blieb. Sie würde nicht in Amerika bleiben, sondern mit Dr. Barlow weiterfliegen, um für ihre geheimnisvolle Gesellschaft zu arbeiten. Heute Morgen war Deryn so erleichtert gewesen, dass es den ganzen Tag gedauert hatte, bis ihr eine ganz einfache Tatsache klar geworden war: Wenn die Leviathan heute Nacht nach London aufbräche, würde sie Alek endgültig hinter sich zurücklassen.
    Gerade als sie zu dieser Erkenntnis gelangte, sah sie ihn auf der anderen Seite des Ballsaals, Bovril auf der Schulter, neben Tesla in einer Gruppe schmeichlerischer Zivilisten.
    »Pardon, Ma’am.«
    Dr. Barlow folgte Deryns Blick. »Ach, ja, gewiss. Aber benehmen Sie sich … diplomatisch, Mr. Sharp.«
    »Bitte um Verzeihung, Ma’am«, sagte Deryn. »Aber ich war in den letzten drei Monaten diplomatisch genug, um Sie zu täuschen.«
    »Solche Prahlerei ist wenig galant, junger Mann.«
    Deryn schnaubte nur und ging quer durch den Raum. Bald war sie innerhalb Hörweite von Tesla, der sich über die geschäftlichen Möglichkeiten von Goliath ausließ – diese Technik konnte angeblich nicht nur Städte zerstören, sondern auch Filme und Strom weltweit verbreiten.
    Sie hielt sich am Rand des Kreises gebannter Zuhörer, bis sie Bovrils Blick bemerkte. Das Tierchen murmelte Alek etwas ins Ohr, und bald verdrückte sich der Junge, was Mr. Tesla kaum bemerkte.
    Einen Moment später hatten sie sich allein in eine Ecke zurückgezogen.
    »Deryn Sharp«, sagte Bovril leise.
    »Aye, Tierchen.« Sie sah Alek in die Augen, während sie dem Loris über den Kopf streichelte. »Danke.«
    Alek hatte das milde Lächeln aufgesetzt, wie so oft, wenn er auf etwas stolz war. »Ich habe doch versprochen, dein Geheimnis zu bewahren, oder?«
    »Aye, aber durch Lügen . Nicht dadurch, die brüllende Wahrheit zu sagen!«
    »Na ja, ich konnte ja nicht zulassen, dass du in Ungnade fällst. Schließlich bist du der beste Soldat, den ich kenne.«
    Deryn wandte sich ab. Es gab so vieles, was sie ihm sagen wollte, aber es wäre zu kompliziert und zu unsoldatisch, an diesem Ort darüber zu sprechen.
    Sie begann also mit: »Volger muss ein wenig ärgerlich sein deswegen.«
    »Er hat es mit

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