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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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sagte er. »Die Antenne hatte sich gelöst.«
    »Ach, ja. Was könnte wichtiger sein als Teslas fliegende Riesenantenne?«
    »Funktioniert sie?«, fragte Alek, der zu gern das Thema wechseln wollte. Wenn er über gestern Abend nachdachte, schwirrte ihm der Kopf, obwohl es ihm Spaß machte, vor Graf Volger ein Geheimnis zu haben.
    »Offensichtlich. Tesla sitzt in seinem Laboratorium und tickert wild Botschaften um die Welt.« Der Wildgraf trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Anweisungen für seine Assistenten in New York, die Goliath bis zu unserer Ankunft einsatzbereit machen sollen.«
    Bovril tippte einen Morse-Code auf den Rahmen des Bettes.
    Alek brachte das Tierchen zur Ruhe. »Vielleicht haben wir etwas Gutes erreicht, wenn wir ihn so schnell heimbringen. Falls er den Krieg beendet …«
    Jeden Tag starben Hunderte von Menschen. Tesla aus der Wildnis zu retten und ihn rasch nach Amerika zu bringen, könnte Tausende Leben retten. Wenn nur Alek sein Schicksal so einfach hatte erfüllen können?
    »›Falls‹ ist ein Wort, das man niemals zu laut aussprechen sollte.« Volger erhob sich und blickte hinaus in den bewölkten Himmel. » Falls Sie zum Beispiel gestern Abend tödlich verunglückt wären, hätte ich das letzte Jahrzehnt meines Lebens verschwendet.«
    »Haben Sie doch ein wenig Vertrauen zu mir, Volger.«
    »Ich habe großes Vertrauen zu Ihnen, das allerdings mit riesiger Verärgerung gewürzt ist.«
    Alek lächelte schwach und ließ sich zurück in seine Kissen fallen. Die Schiffsmotoren liefen weiter auf voller Kraft voraus, die Kabinenwände bebten. Die Welt war instabil.
    Es war nicht fair von Deryn, ihn zu küssen. Sie kannte die Geschichte seines Vaters, der eine Frau von niedrigerem Rang geheiratet hatte, und sie wusste, zu welcher Katastrophe dies geführt hatte. Der Vorfall hatte Aleks Familie in zwei Teile zerrissen, und damit das Gleichgewicht in ganz Europa auf den Kopf gestellt. Das egoistische Handeln seines Vaters aus Liebe hatte mehr Menschen das Leben gekostet, als irgendwer zählen konnte.
    Der Brief des Papstes machte Alek zum Thronfolger seines Großonkels, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass er von seiner eigenen Familie abgelehnt wurde. Beim kleinsten Anlass würde man die Legitimität seines Anspruchs in Zweifel ziehen. Er musste den Krieg beenden.
    Er ballte die Faust und wischte sich den Mund mit dem Handrücken.
    »Großes Vertrauen«, wiederholte Bovril, »riesige Verärgerung.«
    Volger warf dem Tierchen einen vernichtenden Blick zu und sagte: »Der Kapitän hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass er Ihnen einen Besuch abstatten wird.«
    »Er ist sicherlich ebenfalls verärgert. Vier Männer mussten ihre Sicherheit riskieren, um mich zu retten.« Alek schloss die Augen und rieb sich die Schläfen. »Hoffentlich schreit er mich nicht an.«
    »Mir wäre das recht.« Volger ging hin und her, seine Schritte hallten in Aleks Kopf wider. »Anders als ich wird er seine Verärgerung bestens verbergen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Die Darwinisten betrachten Sie als ihre Verbindung zu Tesla. Sie sind beide Mechanisten und haben beide in diesem Krieg die Seite gewechselt.«
    »Tesla hält nicht viel von meinen politischen Verbindungen.«
    »Nicht von der österreichischen Regierung, wohl wahr. Aber er sieht in Ihnen eine Möglichkeit, die Nachricht von seiner neuen Waffe zu verbreiten.« Gnädigerweise hörte der Mann auf, hin und her zu schreiten. »Sie haben dank dieser lächerlichen Artikel bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt. Und bald erreichen Sie Amerika an Bord des größten Luftschiffes der Welt.«
    Alek setzte sich auf und starrte Volger an, um zu erkennen, ob der Mann ernst meinte, was er sagte.
    »Er wusste sich schon immer gut in Szene zu setzen. Dr. Barlow hat mir von dem Theater in Tokio erzählt.« Volger zuckte mit den Schultern. »Es ergibt durchaus Sinn, denke ich. Die beste Art, den Einsatz von Goliath zu verhindern, besteht darin, allen zu erzählen, wozu die Waffe fähig ist, und das bedeutet, dass man eine Sensation daraus machen muss. Warum sollte also nicht der Junge, mit dessen Familientragödie der Krieg erst begonnen hatte, für die Waffe werben, die ihn beenden könnte?«
    Erneut rieb sich Alek die Schläfen. Das Pochen wurde mit jedem Wort stärker. Erst Deryn und jetzt dies. »Das klingt alles überaus würdelos.«
    »Sie wollten ja ein Schicksal bekommen.«
    »Heißt das etwa, ich solle mich von ihm zur Schau stellen

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