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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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und starrte hinüber zum Höcker. »Und das ist noch nicht alles!«
    Alek blinzelte in den Wind und sah es … ein weißer Vorhang, der sich über den schrägen Rücken auf sie zu bewegte.
    »Was in aller Welt ist das ?«
    »Das Wasser vom Kopf am Bug … es wird alles gleichzeitig nach hinten gedrückt!« Sie schlang die Arme um ihn. »Halte dich an den Webeleinen fest, falls dein Sicherheitsgurt reißt!«
    Während Alek mit den Fingern die Taue unter ihnen umklammerte, ging ein weiteres Krachen durchs Schiff. Ein heftiges Kräuseln zerknitterte die Membran und warf Deryn und Alek einen halben Meter in die Luft, aber sie hielt den Prinzen fest umschlungen. Im eisigen Wind spendete ihr Körper ihm einen Hauch von Wärme.
    »Wir sind immer noch zu niedrig!«, rief sie. »Eine einzige richtig hohe Welle –«
    In diesem Augenblick erreichte sie der Regensturzbach, der zwar kaum kniehoch war, aber mit ungeheurer Geschwindigkeit heranbrandete. Das Wasser floss dort, wo sie lagen, über sie hinweg und drang Alek in Nase und Mund. Er umklammerte die Webeleinen mit aller Kraft und spürte, wie Deryn ihn fest mit den Armen umschlang. Der Sicherheitsgurt spannte sich, während das Regenwasser versuchte, sie an der schrägen Flanke des Flugtiers hinunterzuspülen.
    Einige lange Sekunden später war die Woge über sie hinweggeschwappt, und das Wasser lief in beide Richtungen vom Rückgrat ab. Deryn ließ ihn los. Alek setzte sich auf, spuckte Wasser und hustete.
    »Wir steigen!«, sagte sie und blickte an der Flanke nach unten. »Durch die Geschwindigkeit wurde ein bisschen Wasser abgestreift.«
    Alek kauerte sich in seiner durchnässten Fliegermontur zusammen und fragte sich, ob die ganze Welt durchgedreht war. Der Wind toste mit der Lautstärke von hundert Motoren, aus dem Himmel prasselten kalte Steine nieder, und eisige Ströme fluteten über die Leviathan …
    Und sein Freund Dylan war ein Mädchen.
    »Was ist hier eigentlich los?«, fragte er, rollte sich wegen der Kälte zusammen und schloss die Augen. Die Welt hatte in der Nacht, in der seine Eltern starben, einen Bruch bekommen, und dieser Bruch schien sich immer weiter auszudehnen.

    »Sturzflut auf dem Rückgrat!«
    Deryn schüttelte ihn. »Du bist am Kopf verletzt, Alek. Schlaf nicht ein!«
    Er öffnete ein Auge. »Für ein Nickerchen ist es zu kalt.«
    »Aye, aber werd mir auch nicht ohnmächtig!« Sie beugte sich vor, und ihre Köpfe berührten einander fast. »Sprich weiter mit mir.«
    Alek lag zitternd da und überlegte, was er sagen könnte. Das Dröhnen der Motoren schien sich in seinem Kopf abzuspielen und brachte seine Gedanken durcheinander.
    »Für einen Moment habe ich vergessen, dass du ein Mädchen bist.«
    »Aye. Bei dem Sturz ist wohl bei dir einiges im Oberstübchen durchgeschüttelt worden, wie?«
    Er nickte, und ihre Worte riefen eine alte Erinnerung wach. »›Mein Oberstübchen wurde durchgerüttelt.‹ Das hast du schon gesagt, als wir uns das erste Mal getroffen haben. Nachdem ihr in den Alpen abgestürzt wart.«
    »Aye, in der Nacht war ich ein bisschen durch den Wind. Aber du hast selbst völlig verrückt geklungen, als du behauptet hast, ein Schweizer Schmuggler zu sein.«
    »Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das war das Problem.«
    Sie lächelte. »Als Lügner bist du ein hoffnungsloser Fall, Euer Prinzlichkeit. Das muss ich dir immerhin zugestehen.«
    »Mangel an Übung.« Alek zitterte, und sie schmiegten sich enger aneinander. Ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. Sie hatte die Kapuze ihrer Fliegermontur aufgesetzt, und ihr Haar, das durch die Nässe an der Stirn klebte, gab alle Ecken ihres Gesichts frei.
    Sie runzelte die Stirn. »Willst du schon wieder etwas Dummes anstellen?«
    Alek schüttelte den Kopf, aber seine Lider wurden schwer. Er spürte, wie sein Körper zu zittern aufhörte und den Kampf gegen die Kälte aufgab. Seine Gedanken drifteten in das Tosen der Welt hinweg.
    »Bleib wach!«, rief Deryn. »Rede mit mir!«
    Er suchte nach Worten, doch der Regen schien alle Gedanken fortzuwaschen, ehe sie sich richtig ausformen konnten. Er starrte Deryn an und merkte, wie sein Verstand hin und her schaltete, weil er sie einmal als Mädchen und dann wieder als Junge sah.
    Und plötzlich wusste er, was er sagen musste.
    »Versprich mir, mich nie wieder anzulügen.«
    Sie verdrehte die Augen.
    »Ich meine es ernst!«, schrie er in den Wind. »Du musst es schwören, sonst sind wir keine richtigen

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