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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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als sich Deryn erhob, um ihr entgegenzugehen, drückte der Gegenwind sie rückwärts. Sie fluchte und hängte ihren Sicherheitsgurt bei Mr. Teslas Antenne ein. Das war leichter, als sich alle paar Meter an den Webeleinen los- und wieder festzumachen.
    Geduckt eilte sie zu der Reporterin.
    »Was in aller Welt machen Sie hier oben?«
    »Ich würde gern ein Interview mit Ihnen führen!«, schrie die Frau und zog einen Notizblock hervor. Die Seiten flatterten wild im Wind, und der Fedora, den die Reporterin nicht mehr festhielt, flog davon. »Ach, du meine Güte.«
    »Jetzt ist der brüllend falsche Augenblick dafür!«, schrie Deryn. »Wie Sie doch sehen können, braut sich da einiges an Schwierigkeiten zusammen.«
    Miss Rogers spähte in die Ferne. »Die ›feindlichen‹ Schiffe scheinen Mexikaner zu sein. Glauben Sie, die wollen uns Ärger machen?«
    Deryn nahm die Reporterin am Arm, aber es erwies sich als unmöglich, sie zurück zur Luke zu führen. Der Rock der Frau blähte sich im Wind wie das Segel einer Fregatte. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch stehen konnte.
    »So leicht werden Sie mich nicht los, Mr. Sharp.« Miss Rogers runzelte die Stirn. »Haben Sie da etwas in Ihrer Jacke?«
    »Aye, eine Boteneidechse.«
    »Wie eigenartig. Jetzt sagen Sie mir schon, was es mit diesen Luftschiffen auf sich hat.«
    Deryn sah zurück zu den Verfolgern der Leviathan und seufzte. »Wenn ich Ihnen ein paar Antworten gebe, wären Sie dann so freundlich und gehen wieder nach unten?«
    »Abgemacht. Sagen wir … drei Fragen.«
    »Also gut. Aber Beeilung !«
    »Wer verfolgt uns.«
    »Mexikaner.«
    »Ja, aber unter welchem General?«, fragte Miss Rogers. »Sie wissen doch, dass es hier eine Revolution gibt, ja?«
    »Ich weiß nicht, welcher General es ist, und ja, ich weiß, dass es eine Revolution gibt. Das waren Ihre drei Fragen. Jetzt gehen wir!«
    Sie versuchte, Miss Rogers in Richtung Luke zu ziehen, aber die Frau stemmte sich dagegen. »Jetzt machen Sie sich nicht lächerlich! Das war nur eine Frage, die zweimaliges Nachhaken erforderte, weil Sie so vage geantwortet haben. Mein Vater war schließlich Anwalt.«
    »Brüllende Spinnen, Miss! Warum können Sie nicht einfach –«
    Das Quietschen von Metall zerriss die Luft, und eine Wolke beißenden Rauchs wehte über sie hinweg. Deryn drehte sich in den Wind und sah, dass der Mechanistenmotor an Steuerbord Flammen spuckte. Mit einem schrecklichen Ächzen fraßen sich die Propeller fest und sprühten noch ein letztes Mal Funken.
    »Was zum …«, begann Deryn. Dadurch, dass ein Motor ausgefallen war, drehte sich das Schiff plötzlich nach Steuerbord. Das Rückgrat rollte unter ihnen, und Deryn packte Miss Rogers am Arm und zerrte sie mit sich auf die Knie. Teslas Antenne rutschte neben ihnen weg und wurde straff, während sich das Flugtier auf ganzer Länge spannte.
    Einen Moment später ging der Backbordmotor in den Leerlauf, und das Schiff streckte sich wieder.
    »Was ist denn los?«, fragte Miss Rogers.
    »Keine Ahnung! Aber Sie müssen hier warten.«
    Der Fahrtwind nahm bereits an Stärke ab, weil die Leviathan langsamer wurde, und Deryn löste den Sicherheitsgurt und rannte nach vorn in Richtung der Kapseln. Hatte der Kapitän in der letzten Woche zu viel von den Mechanistenmotoren verlangt? Oder handelte es sich um Sabotage?
    Doch Mr. Francis hatte man von der ersten Minute an, in der er an Bord gekommen war, unablässig beobachtet, und die Motoren waren stets besetzt. Es musste Zufall sein …
    Deryn erreichte den Buckel oberhalb der Triebwerke und holte die Boteneidechse aus der Jacke. »Steuerbordmaschine, hier spricht Kadett Sharp. Bitte um Meldung!«
    Sie setzte das Tierchen auf den Boden, und es krabbelte zur Kapsel und kam gut voran. Obwohl die elektrischen Motoren noch liefen, ließ der Fahrtwind weiter nach. Die Zilien des Flugtiers bewegten sich nicht, wenn die Mechanistenmotoren auf voller Kraft liefen, daher hatten sie sich seit zehn Tagen kaum gerührt. Es würde ungefähr eine Stunde dauern, sie zu wecken.
    »Brüllende Mechanisten«, fluchte sie. Diese Apparate hatten das Flugtier zur Faulheit verführt.
    Im Westen teilten sich die mexikanischen Luftschiffe und ließen sich Zeit, um die Leviathan zu umzingeln. Aus dieser Entfernung sah Deryn die Flügel und die peitschenartigen Schwänze, die ganz eindeutig von den Lebensfäden der Mantarochen stammten. Gassäcke unter den Flügeln sorgten für Auftrieb, die Mechanistenmotoren waren um die Mitte

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