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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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mahnte Malone.
    Miss Rogers runzelte die Stirn und nickte knapp.
    »Wir überprüfen die anderen Fässer, Ma’am«, sagte Deryn zu Miss Eierkopf. »Dann lasse ich sie wieder vom Schiffszimmermann verschließen, damit niemand bemerkt, dass wir sie geöffnet haben.«
    Alek nickte. Falls dem Schiff Gefahr drohte, war es vielleicht klüger, den Schmuggler nicht sofort zu stellen. Um die Pläne von Mr. Francis aufzudecken, war es das beste, ihn seinen nächsten Zug machen zu lassen.

26. KAPITEL
    Am nächsten Morgen trieb sich Deryn fortwährend in der Nähe von Mr. Francis und seinen Kameraassistenten herum.
    Sie servierte ihnen das Frühstück in der Kadettenmesse, dann machte sie eine Schiffsführung mit ihnen – »um gute Drehorte zu suchen«, wie sie es nannten. Der Kapitän hatte den Nachrichtenleuten freien Zugang zu den oberen Decks gewährt, damit niemand von ihrem Verdacht erfuhr, und die Wachen bei den Fässern im Frachtraum sollten sich möglichst unsichtbar machen.
    Deryn fiel auf, dass Adela Rogers, die junge Reporterin, Mr. Francis ebenfalls im Auge behielt. Sie tat zwar so, als würde sie das Schiff auf eigene Faust erkunden, blieb jedoch immer in Hörweite von Francis und seinen Kameramännern. Und als Deryn sie in der Kadettenmesse ihrem Mittagessen überließ, stellte sie fest, dass Miss Rogers auf dem Gang herumschlich.
    Deryn schloss die Tür der Messe sorgfältig hinter sich und flüsterte: »Verzeihen Sie, Miss, aber Mr. Francis darf nicht bemerken, dass wir ihm auf die Schliche gekommen sind.«
    »Natürlich nicht.« Die Frau schob ihren Hut zurecht. Genau wie gestern Abend war sie makellos gekleidet, diesmal in Jackett und Rock mit Nadelstreifen und einem schwarzen Fedora aus tiergeschöpftem Filz. »Glauben Sie, ich bin erst seit gestern auf dieser Welt?«
    »Nein, aber es ist ein bisschen auffällig, wie Sie ihm überallhin nachlaufen.«
    » Sie laufen ihm hinterher, nicht ich.«
    Deryn zog die Reporterin den Gang entlang. »Es ist meine brüllende Pflicht, ihn zu begleiten! Aber Sie hängen sich an ihn dran wie ein verknalltes Dorfmädel.«
    Miss Rogers lachte. »Also wirklich, junger Mann, ich bezweifele, ob Sie die Anzeichen für diesen Zustand kennen. Auf jeden Fall ist es nicht Mr. Francis, dem ich folge, sondern Sie sind es.«
    »Pardon, Miss?«
    »Weil Sie doch offensichtlich der Oberpage auf dem Schiff sind.«
    Deryn blinzelte. »Was reden Sie denn da?«
    Die Frau trat einen Schritt zurück, sah Deryn von oben bis unten an und schätzte ihn ein wie ein Schneider seinen Kunden. »Ich bin in einem Hotel aufgewachsen, ja? Mein Daddy konnte einfach keinen Haushalt führen, und meine Mutter wollte nichts mit uns zu tun haben, also war das unsere einzige Chance, ein zivilisiertes Leben zu führen. Schon in frühen Jahren habe ich gelernt, dass die wichtigste Person in einem Hotel nicht der Besitzer ist, und auch nicht der Geschäftsführer oder gar der Hausdetektiv. Es ist der Oberpage. Der weiß, wo die Leichen verbuddelt sind. Er bekommt schließlich ein hübsches Trinkgeld, damit er sie verbuddelt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Nein, Miss, ich verstehe durchaus nicht, was Sie meinen«, sagte Deryn. »Ich bin ein Kadett, kein Oberpage.«
    »Oh, sicher. Gestern Abend habe ich ja gesehen, was Sie tun. Mit weißen Handschuhen schenken Sie Brandy ein. Doch unter der Oberfläche kennen Sie die Geheimnisse aller Menschen an Bord, oder nicht? Und alle wenden sich an Sie, wenn sie in der Patsche sitzen. Dr. Barlow, Prinz Aleksandar, sogar dieser barsche alte Graf – jeder will wissen, was der Oberpage dazu meint.«
    Deryn schluckte. Diese Frau war entweder ziemlich verrückt oder gefährlich durchtrieben. Geschickt hatte sie Alek gestern Abend in Verlegenheit gebracht, was wirklich lustig gewesen war. Aber langsam wurde sie zu … perspikuitiv.
    »Ich bin recht sicher, dass ich nicht weiß, worauf Sie hinauswollen, Miss Rogers.«
    »Meine Mutter hat mir nur eine einzige Sache beigebracht: Die Diener haben immer die Schlüssel.«
    »Ich bin kein Diener. Ich bin ein dekorierter Offizier!«
    »Das gilt genauso für den Oberpagen in einem guten Hotel! Sonst wäre er ja nicht der ›Ober‹-Page. Ich würde Sie niemals mit einem gewöhnlichen Lauf jungen verwechseln, bestimmt nicht.«
    Deryn wich einen Schritt zurück. Was genau meinte sie damit?
    »Nur weil ich eine Reporter in bin, brauchen Sie nicht zu denken, Sie könnten –« Miss Rogers’ nächste Worte wurden von einem Alarmsignal

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