Goliath: Roman (German Edition)
einzugehen, öffnet Jackson die Tür und schiebt Gunnar hinein. Der frisch ernannte Oberbefehlshaber der amerikanischen Spezialeinheiten fühlt sich, als würde er ein Lamm zur Schlachtbank führen.
Rocky steht abwartend im Hintergrund. Ihr Vater winkt sie zu sich, als ein langer, schlaksiger Zivilist mit dichtem, welligem Haar auf ihn zutritt, um ihn zu begrüßen.
»Commander Jackson, das ist Marinesekretär Gray Ayers«, sagt der »Bear« förmlich. »Herr Staatssekretär, darf ich Ihnen meine Tochter, Commander Rochelle Jackson-Hatcher vorstellen.«
Thomas Gray Ayers jr. reicht Rocky die Hand. »Wir sind uns alle bewusst, welchen Verlust Sie erlitten haben. Bestimmt wären Sie lieber ganz woanders, aber gerade diese Besprechung erfordert Ihre Anwesenheit. Wenn der Präsident Sie etwas fragt, formulieren Sie Ihre Antworten bitte kurz und präzise. Drücken Sie sich nicht zu technisch aus, aber halten Sie auch nichts zurück. Präsident Edwards ist mit allen Wassern gewaschen und mag es nicht, wenn man versucht, ihn einzuseifen.« Ayers wendet sich Gunnar zu und verzieht das hagere Gesicht zu einer angewiderten Grimasse. »Mr. Wolfe, ich weiß nicht recht, was ich zu Ihnen sagen soll. General Jackson meint, Sie könnten etwas Licht auf das Geschehen werfen, und ich respektiere seine Ansicht, aber eigentlich hätte ich nichts dagegen, wenn man Sie wegen Hochverrats an die Wand stellen würde.«
Nach einem knappen Kopfnicken zu General Jackson stolziert Ayers davon und nimmt am Konferenztisch Platz.
Gunnar knirscht mit den Zähnen. »Ganz meinerseits, du Arschloch«, zischt er vor sich hin.
Jackson packt ihn am Ellbogen und führt ihn und seine Tochter zu drei freien Sesseln.
Zwei weitere Männer treten ein. Der »Bear« beugt sich zu Gunnar, um ihn zu informieren, dass es sich bei dem schwarzhaarigen Mann mit den stechenden blauen Augen um Austin Tapscott handelt, den neuen Verteidigungsminister. Der ehemalige Scharfschütze bei einem Fallschirmjägerregiment nickt ihnen flüchtig zu. Sein Begleiter hat schütteres Haar und trägt eine Generalsuniform. Es ist Marc Ben-Meir, der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs. Er spricht Rocky sein Beileid aus, wobei er sich deutlich Mühe gibt, Gunnar nicht einmal eines Blickes zu würdigen.
Ein kleiner Mann betritt das Besprechungszimmer, schiebt Ben-Meir beiseite, setzt sich an den Tisch und blättert förmlich in seinen Akten. Es ist Nick Nunziata jr., den Präsident Edwards soeben zum Außenminister ernannt hat.
Der ehemalige Senator aus Georgia ist der Sohn des verstorbenen demokratischen Kongressabgeordneten Nicholas Nunziata, hat aber nichts von dessen jovialer Persönlichkeit geerbt. Seine geringe Körpergröße täuscht über sein energisches Temperament hinweg. Seine direkte, sachliche Art, die fast einen kleinen Napoleon-Komplex offenbart, verstärkt den Eindruck, dass mit ihm nicht zu spaßen ist.
Der Präsident der Vereinigten Staaten tritt durch eine getäfelte Holztür, gefolgt von CIA -Direktor Gabor Pertic. Der stählerne Ausdruck in Edwards’ wachsamen braunen Augen verrät den Ernst der Lage. Jeff Edwards ist ein entschieden konservativer Demokrat mittleren Alters, dessen Gesicht man die Strapazen seiner ersten Amtsjahre bereits deutlich ansieht. Die neuesten Ereignisse haben das einst dunkelbraune Haar an seinen Schläfen fast über Nacht grau werden lassen.
Der Präsident nimmt in der Mitte der Runde Platz.
»Also, an die Arbeit. Für diejenigen unter Ihnen, die es noch nicht wissen: Direktor Pertic und ich haben den Großteil der vergangenen achtundvierzig Stunden mit Li Peng und mehreren Mitgliedern seines Kabinetts konferiert. Es hat den chinesischen Präsidenten allerhand Mut gekostet, auf uns zuzukommen, aber wenn er dazu nicht bereit gewesen wäre, hätten unsere Vergeltungsmaßnahmen gegen sein Land wahrscheinlich den Dritten Weltkrieg ausgelöst.«
Die letzten Worte von Edwards schweben drohend in der Luft. Rocky spürt, wie sich ihr Magen zusammenkrampft.
Auf ein Zeichen des Präsidenten hin zieht der CIA -Direktor eine Minidisk aus seiner Jackentasche und schiebt sie in den Projektor, der in der Mitte des Konferenztischs steht. Das Hightechgerät kann einem im Kreis sitzenden Publikum dasselbe dreidimensionale Bild präsentieren.
Zuerst erscheint das verschwommene Bild der chinesischen Küste, dann zoomt die Satellitenkamera das Betondach einer riesigen Fabrikhalle heran. »Das ist die chinesische Unterseeboot-Basis
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