Goliath: Roman (German Edition)
Jianggezhuang, ein unterirdisches Areal an der Südküste des Golfs von Bohai, von Quingdao aus gesehen an der gegenüberliegenden Seite der Shandong-Halbinsel«, erklärt Pertic. »Vor sieben Jahren hat einer unserer Agenten berichtet, der frühere chinesische Präsident Yang Shangkun sei insgeheim mit Jiang Zemin und einer Reihe führender chinesischer Militärs zusammengekommen, um seinen politischen Einfluss zu verstärken. Dabei habe er sich mit Verbindungen zu einem hochrangigen Informanten gebrüstet, der an einer Forschungsabteilung des NUWC in Keyport arbeite. Dieser Informant habe offenbar Zugang zu den Konstruktionsplänen einer experimentellen Waffe, mit der die gesamte Flotte der Vereinigten Staaten schachmatt gesetzt werden könne.«
Außenminister Nunziata schüttelt den Kopf. »Ich kenne Yang persönlich. Ende der Achtzigerjahre hat er versucht, seine Beziehungen zu den chinesischen Streitkräften spielen zu lassen, um an die Macht zu kommen. Er ist zwar gescheitert, hat dann aber eine entscheidende Rolle bei der Unterdrückung der Demokratiebewegung gespielt, die sich 1989 in China formiert hatte.«
Pertic nickt, dann fährt er fort. »Obwohl Yang offiziell zum Rücktritt gezwungen wurde, hat er hinter den Kulissen weiterhin die Fäden in der Hand behalten. Inzwischen waren mehrere Jahre vergangen, seit die Chinesen in Los Alamos eine Reihe militärischer Geheimnisse entwendet hatten, und die ohnehin unwirksamen Sanktionen der Regierung Clinton waren ausgelaufen. Angesichts dessen waren die Chinesen bereit, das Vorhaben von Yang Shangkun zu finanzieren. Die Konstruktionspläne wurden gestohlen, außerdem die zentralen Komponenten eines biochemischen Computers, dem man den Namen Sorceress gegeben hatte. Sieben Jahre später konnte die chinesische Marine ein umgerechnet achtzehn Milliarden Dollar teures Geheimprojekt erfolgreich abschließen – den Bau der Goliath , der wirksamsten Mordmaschine, die je konstruiert wurde. Wie sich gezeigt hat, handelt es sich tatsächlich um eine Waffe, die das militärische Gleichgewicht entscheidend verändern kann.«
Direktor Pertic schaut Gunnar direkt in die Augen. »Was den Diebstahl der Pläne betrifft, haben damals alle Indizien auf Captain Wolfe hingedeutet, der für die Waffensysteme des Projekts zuständig war.«
Bevor Gunnar etwas erwidern kann, schließt der »Bear« seine Pranke um seinen Unterarm. Auch das Funkeln in Jacksons braunen Augen erinnert den ehemaligen Ranger daran, ja den Mund zu halten.
»Inzwischen wissen wir natürlich, dass es sich bei dem Verräter nicht um Captain Wolfe gehandelt hat, sondern um einen seiner engsten Freunde in Keyport«, fährt Pertic fort. »Wollen Sie uns selbst erzählen, wer dieser Freund war, Captain, oder soll ich seine Identität enthüllen?«
Das Blut pocht Gunnar in den Ohren. »Es ist Ihre Party. Ich bin nur ein geladener Gast.«
»Aber Sie wissen doch, wer es getan hat, nicht wahr?«
Gunnar nickt. »Ich habe gewisse Vermutungen.«
»Verdammt, Mann, wo blieb damals eigentlich Ihre Loyalität?«, fährt Verteidigungsminister Tapscott wütend Gunnar an. »Wir haben doch beide am Golfkrieg teilgenommen. Sie waren einer unserer besten Leute und haben mindestens ein Dutzend Mal das Leben für Ihr Land aufs Spiel gesetzt. Hätten Sie den Namen des Verräters preisgegeben, wäre uns das womöglich alles erspart geblieben!«
Gunnar spürt, wie es ihm die Kehle zusammenzieht. »Sir, damals hatte ich keine Ahnung, dass Simon die Pläne gestohlen hatte.«
»Simon Covah?«, stöhnt Rocky.
Pertic legt eine neue Scheibe ins Laufwerk des Projektors ein. Ein rotierendes Bild erscheint. Es ist ein übel mit Narben bedecktes Männergesicht. Der Schädel ist kahl rasiert, an der einen Gesichtshälfte sind die Spuren zahlreicher Hauttransplantationen erkennbar. Ein dicker rötlichbrauner Schnurr- und Kinnbart verdeckt den Großteil der Brandmale um den Mund.
»Simon Bela Covah, 1956 als ältestes von sechs Kindern in Russland geboren. Covahs Vater war ein U-Boot-Kommandant, der seit dem Zweiten Weltkrieg bei der sowjetischen Marine diente. Während ihr Mann auf See war, musste Covahs Mutter die sechs Kinder allein in einem kleinen Bauerndorf aufziehen. Der junge Simon, der einen IQ von hundertzweiundachtzig besaß, wurde im zarten Alter von vierzehn Jahren an der Moskauer Universität eingeschrieben. Drei Jahre später beendete er sein Studium als Jahrgangsbester und erhielt eine hochrangige Position bei der geheimen
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