Goliath: Roman (German Edition)
Passagiere einen ausgiebigen Blick auf die turbulente Szene am Boden werfen können. Tausende Demonstranten haben sich an dem mit Stacheldraht gesicherten Tor der Flottenbasis versammelt; ihre Autos verstopfen die schmale Zufahrt, als finde hier ein neues Woodstock statt. Andere Gruppen paddeln in Kanus umher und schleudern Abfall aufs Deck des einzigen strategischen U-Boots, das noch vor Anker liegt. Soeben nähern sich drei Boote der Küstenwache, um die Paddler mit Wasserwerfern auf Distanz zu halten.
Der Hubschrauberpilot zeigt auf das U-Boot. »Das ist Ihr Boot, General, die HMS Vengeance . Ihren drei Schwesternschiffen hat man den Befehl zum Ablegen schon gegeben, als die Demonstranten gewalttätig geworden sind.«
General Jackson nickt, nicht ohne das Gesicht zu einer nachdenklichen Grimasse zu verziehen. Als der Angriff der Goliath auf die amerikanische Flotte und der Raub der russischen Atomraketen bekannt wurde, sind überall auf der Welt zahlreiche Proteste gegen die atomare Rüstung aufgeflammt.
Der Hubschrauber landet. Captain Spencer Botchin, der Kommandant des Stützpunkts, begrüßt den amerikanischen General und dessen drei Begleiter und führt sie zu einem wartenden Jeep.
Jackson steigt vorne ein, Gunnar, Rocky und David klettern auf den Rücksitz. Alle vier halten sich fest, als Botchin den Jeep mit hohem Tempo durch die fast leere Basis jagt. Menschentrauben hängen an den Toren. An der Innenseite des hohen Zauns sind Polizisten in Kampfausrüstung postiert und versuchen, die gewalttätigeren Demonstranten mit Pfefferspray in Schach zu halten.
Der Jeep hält vor einer Wellblechbaracke gleich neben dem Nordtor. Während Gunnar aussteigt, wird eine Flasche über den Zaun geschleudert und explodiert, als sie auf dem Asphalt aufkommt.
Captain Botchin schiebt die Besucher eilig durch die Tür.
Das Innere der Baracke ist in nüchternem militärischem Grau gehalten, als einzige Dekoration dienen Pinnwände aus Kork. Bekanntmachungen und ein Kalender mit bevorstehenden Veranstaltungen hängen an den Stiften. Um einen Billardtisch steht eine Reihe von Klappstühlen.
»Auf der Heizplatte finden Sie frischen Tee, falls Sie welchen wollen. Tut mir leid, dass ich Sie hier empfangen muss. Ich hätte Sie ja gern in mein Büro gebracht, aber ein paar der Rowdys haben letzte Nacht das Südtor gestürmt und das Gebäude in Brand gesetzt. Sobald Sie abgelegt haben, werden wir Faslane dem Mob überlassen.« Botchins Akzent verrät seine Herkunft aus Manchester.
Rocky gießt sich eine Tasse Tee ein; Gunnar nimmt einen Klappstuhl und stellt ihn ans Fenster. Als er die Jalousie auseinanderzieht, kann er beobachten, wie ein großer Lastwagen sich von draußen dem Tor nähert. Die Menge weicht auseinander. Auf der offenen Ladefläche des Lasters sind riesige Lautsprecher montiert.
»Wie geht es weiter?«, erkundigt sich General Jackson.
»Die Vengeance wird in weniger als einer Stunde ablegen. Ihrer Anordnung entsprechend, ist auf ihrem Deck ein Mini-U-Boot montiert. Sobald Sie den Treffpunkt erreicht haben, wird dieses Boot Sie zur Colossus transportieren. Kommandant der Vengeance ist Paul Whitehouse; er hat den Befehl, die Straße von Gibraltar anzusteuern. Das Boot hat sechzehn Atomraketen an Bord. Hoffentlich beißt Covah an.«
Gunnar beobachtet durchs Fenster, wie die Demonstranten ein Mikrofon auf der Ladefläche des Lasters aufstellen. Ein auf dem Dach eines nahen BBC -Transporters postierter Kameramann filmt einen gut gekleideten Mann, der sich durch die Menge drängt.
»Captain, wer sind diese Leute eigentlich?«, fragt Gunnar trocken. »Von Greenpeace?«
Botchin holt tief Luft, als bereite ihm die Antwort Schmerzen. »Schlimmer. Sie nennen sich ›Pflugscharen‹ nach der biblischen Prophezeiung, einst würde man Schwerter zu Pflugscharen machen.«
»Pflugscharen? Von denen hab ich noch nie gehört«, sagt General Jackson.
»Sie sind Anfang der Achtzigerjahre in den Vereinigten Staaten entstanden, als eine Art Underground-Friedensbewegung. Bei uns in England sind sie bekannt geworden, als ein paar Weiber einen der Hawk-Jets demoliert haben, die wir nach Indonesien liefern sollten. Die Damen haben behauptet, ihre Aktion sei nicht gesetzwidrig gewesen, da sie ihrer Meinung nach einen Völkermord verhindert hätten. Tatsächlich hat das Gericht sie freigesprochen. Seither haben sich Tausende der Bewegung angeschlossen, darunter auch Politiker. Sie fordern eine weltweite atomare Abrüstung – als ob
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