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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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ganze Aufmachung, sein militärisches Gehabe nichts anderes als ein gigantisches Tarnmanöver, das nur dazu diente, anderen Sand in die Augen zu streuen? Und, vermutete Marie Sophie, bisweilen vielleicht auch sich selbst?

    Als ihre Zofe kurz vor elf Uhr den Commissario ankündigte, hegte sie einen Moment lang die völlig irrationale Hoffnung, der Conte würde ihr mitteilen, dass es sich bei dem Gemälde, das sie auf dem Schiff des Großfürsten gefunden hatten, um das Original gehandelt habe. Doch als der Commissario den Salon betrat und sie seine Augen sah, begriff sie, dass diese Hoffnung eine Illusion gewesen war. Sie trat ihm, ganz unköniglich, einen hastigen Schritt entgegen und sah ihn gespannt an. «Und?»
    Das war als Begrüßung beinahe unhöflich, brachte andererseits einen familiären Ton in diese Begegnung, sodass dem Conte die Erwägung freistand, es handele sich um eine huldvolle Anspielung auf das halbvertrauliche Verhältnis, das sich zwei Jahre zuvor zwischen dem Commissario und ihrer Schwester Elisabeth ergeben hatte.
    Der verneigte sich respektvoll und nickte lä chelnd, so als hätte er ihre Gedanken gelesen. Dann nahm sein Gesicht einen bedauernden Ausdruck an.
    Er kam ebenfalls ohne Umschweife zur Sache. «Das Bild ist eine Kopie, Hoheit.»
    «Dann stimmt es also, dass nicht nur eine, sondern zwei Kopien angefertigt worden sind.»
    «Allerdings. So gesehen spricht einiges dafür, dass Troubetzkoy die Wahrheit gesagt hat.» Tron trat aus dem Rechteck aus hellem Sonnenlicht, in das er unversehens geraten war, in den Schatten zurück. «Eine dieser Kopien ist vor zwei Monaten an Kostolany verkauft worden. Der sie möglicherweise zuerst für ein Original gehalten hat, dann herausgefunden hat, dass es sich um eine Fälschung handelt, und das Bild an Troubetzkoy weitergegeben hat.»
    «Womit der Großfürst als Täter ausscheidet.»

    Tron nickte. «Jedenfalls ist das Bild, das wir auf der Brigg des Großfürsten gefunden haben, nicht das Bild, das aus dem Palazzo da Lezze entwendet worden ist.»
    «Und dieser Priester?»
    «Sie wissen, dass er einen … Unfall hatte?»
    Die Königin nickte. «Oberst Orlow hat es mir erzählt. Er vermutet, dass der Fall mit dem Tod des Priesters aufgeklärt ist.»
    Tron lächelte höflich. «Warum sollte er das?»
    Die Königin sah Tron an. «Oberst Orlow hat es mir genau erklärt. Pater Terenzio hat seine illegale Kopie vor zwei Monaten an Kostolany verkauft. Als wir nach Venedig gekommen sind, hat Kostolany den Pater sofort benachrichtigt und vermutlich einen Preis für sein Schweigen verlangt. Einen Preis, der Pater Terenzio zu hoch war. Er hat Kostolany getö tet und den Tizian mitgenommen, um einen Raubmord vorzutäuschen. Mit seinem Unfall dürfte der Fall erledigt sein.»
    Tron sagte: «Pater Terenzio ist nicht einfach vom Gerüst gefallen. Er ist ermordet worden. Es sollte wie ein Unfall aussehen, aber es war Mord.»
    Tron fand es bemerkenswert, dass die Königin –  anders als nach dem Verschwinden ihres Tizian –  weit davon entfernt war, auf diese Nachricht hin in Ohnmacht zu fallen. Sie beschränkte sich darauf, in knappem Ton zu fragen: «Wer könnte den Pater ermordet haben?»
    «Ich weiß es nicht. Mir fiel nur ein, was Pater Terenzio sagte, als wir miteinander in San Pantalon gesprochen hatten.»
    «Und was hat er gesagt?»
    «Darf ich vorher eine Frage stellen?»
    «Fragen Sie, Commissario.»
    «Als es darum ging, den Tizian kopieren zu lassen  – war da jemals davon die Rede, das Original eines Tages zu verkaufen?»
    Die Königin schüttelte den Kopf. «Es ging nur um ein Abschiedsgeschenk für Maximilian. An die Möglichkeit, das Original hier in Venedig zu verkaufen, hatte damals niemand gedacht.»
    «Es war also unwahrscheinlich, dass Hoheit sich eines Tages dazu entschließen würden, das Original zu verkaufen?»
    «Äußerst unwahrscheinlich. Aber Sie wollten mir verraten, was Pater Terenzio gesagt hat.»
    «Der Pater hat völlig unbefangen und ohne dass ich ihn danach gefragt hatte, von zwei Kopien gesprochen. Er schien überrascht zu sein, dass Königliche Hoheit nur von einer Kopie wussten. Wenn er gelogen hat, ist er der perfekteste Lügner, den ich je kennen gelernt habe.»
    Die Königin hatte den springenden Punkt sofort erfasst. «Dann hätte Oberst Orlow die zweite Kopie bestellt und an Kostolany verkauft. Ist es das, was Sie sagen wollen?»
    «Der Schluss liegt auf der Hand. Hat Oberst Orlow vor ungefähr zwei Monaten Rom für

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