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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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wird es für Maximilian in Mexiko eng.»
    «Und dieser Juárez ist schlimmer als Garibaldi.»
    Orlow verzog angewidert das Gesicht. «Der reinste Hunne. Wenn die Franzosen ihre Truppen abziehen, kann Maximilian froh sein, mit dem nackten Leben davonzukommen.»
    «Ich kann verstehen, dass die Königin dem Erzherzog nicht das Original der Magdalena mit nach Mexiko geben wollte.» Tron beschloss, seinen Verdacht als interessantes Gedankenexperiment vorzutragen. Er lächelte höflich. «Was mich auf die letzte Entwicklung im Mordfall Terenzio bringt.»

    «Sie meinen, dass er ermordet wurde?»
    Tron nickte.
    Orlow sah Tron aufmerksam an. «Jetzt überlegen Sie wahrscheinlich, ob es tatsächlich der Pater war, der Kostolany getötet hat.»
    «Pater Terenzio hat behauptet, dass Sie die zweite Kopie bestellt haben.» Tron erneuerte sein höfliches Lächeln. «Woraus sich eine interessante Hypothese ergibt.»
    Orlow klang eher amüsiert als beleidigt, als er sagte: « Ich könnte die Kopie an Kostolany verkauft haben – als Original. Und mich dann geweigert haben, das Geschäft rückgängig zu machen.» Er hielt kurz inne und überlegte. «Als ich mit der Königin nach Venedig gekommen bin», fuhr er fort, «könnte Kostolany gedroht haben, der Königin alles zu erzählen, und ich könnte ihn daraufhin ermordet haben. Und ein paar Tage später Pater Terenzio.» Der Oberst nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse – diesmal ohne den Finger abzuspreizen. «Vermutlich wollen Sie jetzt wissen, was ich nach dem Besuch im Palazzo da Lezze gemacht habe.»
    «Das wäre nicht uninteressant.»
    «Ich habe jemanden getroffen.» Orlow seufzte.
    «Leider eine Person, die nicht im Traum daran denken würde, mit einer kaiserlichen Behörde in Kontakt zu treten. Kann ich mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen, Commissario?»
    «Selbstverständlich.»
    Oberst Orlow beugte sich über die Reste seiner Sachertorte und sagte mit leiser Stimme: «Es ging um Waffenlieferungen. Wo ich den Mann erreichen kann, weiß ich nicht. Er nimmt mit uns Kontakt auf.»
    Er sah Tron unsicher an. «Mache ich mich damit verdächtig?»
    «Nicht mehr als vorher. Aber auch nicht weniger.»
    Tron lächelte verbindlich. «Vielleicht sagen Sie mir, wo Sie sich am Dienstagnachmittag letzter Woche aufgehalten haben?»
    Orlow runzelte die Stirn. «War das der Tag, an dem Pater Terenzio ermordet wurde?»
    Tron nickte. «Es geht um den Zeitraum zwischen vier und fünf Uhr.»
    «Ich war an diesem Tag nicht auf der Piazza. Ich habe einen Spaziergang gemacht.»
    «Und wo?»
    «Campo San Vidal, Accademia-Brücke, dann zur  Dogana, die Zattere bis zum Ende und wieder zurück. Das dauert eine gute Stunde.» Orlow lächelte frostig. «Ich nehme an, Sie wissen, dass Sie mich nicht vernehmen dürfen. Ich könnte mich bei Toggenburg über Sie beschweren. Wollen Sie mir etwa tatsächlich unterstellen, ich hätte Pater Terenzio auf dem Gewissen?»
    «Das war eine reine Routinefrage.»
    Der Oberst trank einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. «Hatten Sie nicht ursprünglich Troubetzkoy im Verdacht?»
    «Das Bild, das auf der Karenina gefunden wurde, hat sich als Fälschung erwiesen», sagte Tron. «Da der Tizian aus dem Palazzo da Lezze ein Original war, scheidet der Großfürst als Täter aus.»
    Orlow schob die Reste der Sachertorte mit dem Zeigefinger auf die Kuchengabel. Dann sagte er in beiläufigem Ton etwas, das Trons sämtliche Theorien mit einem Schlag zusammenstürzen ließ: «Aber nur unter der Voraussetzung, dass die Königin nicht mit einer Kopie nach Venedig gekommen ist.»
    Wie bitte? Trons Knie stieß an die Tischkante und brachte Orlows Tasse zum Klirren. «Die Königin hat versucht, eine Fälschung zu verkaufen?»
    Orlow schüttelte den Kopf. «Nein. Aber sie  könnte die Bilder verwechselt haben.» Die Kuchengabel verschwand in seinem Mund, und nachdem er die Krümel verschluckt hatte, fuhr er fort. «Wir haben die Kopie und das Original dadurch auseinander gehalten, dass das Original in seinem alten Rahmen war und die Kopie ungerahmt blieb. Aber …»
    «Aber?»
    Orlow zuckte die Achseln. «Nun, ich kam zufällig in den Raum, als die Königin gerade damit beschäftigt war, die Bilder auszutauschen. Beide Gemälde standen ungerahmt an der Wand. Die Königin hat mich dann gebeten, eines der beiden Bilder wieder im Rahmen zu befestigen und es in ihren Salon zu tragen.»
    «Das Original, das sie in Venedig verkaufen wollte?»
    Orlow nickte. «Das war zweifellos

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