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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Handschrift von Signor Altieri. Der Oberst, hier bekannt als Signor Farnese, hatte sein Zimmer (wieder Zimmer Nummer drei) vor zwei Wochen bezogen und schien es immer noch zu bewohnen.
    Doch was, zum Teufel, hatte den Oberst veranlasst, sich einen Tag nach seiner Ankunft im Regina e Gran Canal wieder ein Zimmer in der Pensione Apollo zu nehmen? Hatte er das Zimmer nur gemietet, um ungestört mit dem geheimnisvollen französischen Waffenhändler zu konferieren? Und wenn Orlow den Franzosen tatsächlich unmittelbar nach dem Besuch im Palazzo da Lezze getroffen hatte – warum hatte der Oberst nicht in Erwägung gezogen, sich von Altieri ein Alibi geben zu lassen?
    «Der Mann, den ich suche», sagte Bossi zu Altieri,
    «heißt Farnese. Er ist vor zwei Wochen hier abgestiegen, und ich frage mich, woher Ihre merkwürdige Gedächtnisschwäche stammt, Signor Altieri.»
    Einen Augenblick lang sah Altieri ihn wütend an, so als hätte er große Lust, das Gästeregister zu zerrei ßen und ihn mit einem kräftigen Tritt in den Rio della Sensa zu befördern, aber dann hatte er sich wieder in der Gewalt. Altieri räusperte sich und sagte: «Signor Farnese hatte mich …» Er brach den Satz ab und lächelte säuerlich.
    «Er hatte Sie was ?»
    «Signor Farnese hatte mich ausdrücklich um Diskretion gebeten», sagte Altieri. «Ich hatte den Eindruck, dass niemand wissen sollte, dass er sich in Venedig aufhielt.» Er räusperte sich nervös. «Und mit welchen Personen er hier Umgang pflegt.»
    Bossi musste an den geheimnisvollen Franzosen denken. «Empfängt Signor Farnese Besuch auf seinem Zimmer?»
    Altieris Antwort beschränkte sich auf ein wortloses Nicken.
    «Und wie oft kommt es vor, dass er Besuch empfängt?», forschte Bossi weiter.
    «Vielleicht alle drei Tage. Aber mit Sicherheit kann ich Ihnen das nicht sagen. Signor Farnese muss nicht den Schankraum durchqueren, um in sein Zimmer zu kommen.»
    «Trifft er immer dieselbe Person?»
    Offenbar legte Signor Altieri großen Wert darauf, über Einzelheiten dieses Vorganges nicht Bescheid zu wissen. Er zuckte die Achseln. «Vermutlich. Aber auch das weiß ich nicht genau. Ich spioniere meinen Gästen nicht hinterher.»
    «Haben Sie diesen Besucher mal gesehen, Signor Altieri?»
    «Ja, sicher. Aber es gab keinen Anlass, einzuschreiten. Es hat sich auch nie einer der anderen Gäste beschwert.»
    Das war etwas, das Bossi nicht verstand. «Warum sollte sich ein anderer Gast über Signor Farnese beschweren?»
    «Über Lärm aus dem Zimmer. Aber da hat man  nie etwas gehört. Ich wohne selbst hier im Haus.»
    «Wissen Sie zufällig, ob sich Signor Farnese  vorletzten Donnerstag hier im Hotel aufgehalten hat?
    Abends – nach zehn?»
    Signor Altieris Antwort kam sofort und ohne  nachzudenken. Bossi hatte keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass er die Wahrheit sprach. Altieri nickte.
    «Ja, das kann ich Ihnen sagen. Ich erinnere mich deshalb daran, weil ich mich über Signor Farnese geärgert hatte.»
    «Warum?»
    «Weil ich seinen Besucher auf der Treppe getroffen hatte. Er hatte offenbar den Schlüssel zum Zimmer von Signor Farnese, und das ist eigentlich nicht gestattet. Der Bursche hat dann wohl im Zimmer auf ihn gewartet.»
    «Wann war das?»
    Signor Altieri überlegte kurz. «Das muss gegen halb zehn gewesen sein.»
    «Und wann kam Signor Farnese?»
    «Gegen Viertel vor elf.»
    «Ganz sicher?»
    Signor Altieri nickte. «Ganz sicher. Signor Farnese kam durch den Schankraum. Es waren auch andere Gäste anwesend. Ich hatte mir noch überlegt, ob ich ihn darauf hinweisen sollte, dass es nicht gestattet ist, den Schlüssel anderen Personen zu geben, aber dann …»
    «Aber dann?»
    «Nun, Signor Farnese ist immer sehr großzügig zu mir gewesen. Abgesehen davon, dass er diesmal das Zimmer für zehn Tage gemietet hat und es kaum  benutzt. Eigentlich nur, wenn er sich mit jemandem trifft.»
    «Also haben Sie ihn nicht zur Rede gestellt?»
    Signor Altieri schüttelte den Kopf. «Nein, das habe ich nicht. Es schien mir klüger, darüber hinwegzusehen.»
    «Dieser Besucher, den Signor Farnese am letzten Donnerstag empfangen hat – kannten Sie den Mann?
    War es das erste Mal, dass sich Signor Farnese mit ihm getroffen hat?»
    «Es war nicht das erste Mal. Er hat sich mit ihm schon getroffen, als er vor zwei Monaten in Venedig war. Ich glaube, er hat ihn hier um die Ecke im Molino Rosso kennen gelernt.»
    «Im Molino Rosso ?»
    Signor Altieri nickte, und Bossi hatte plötzlich den

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