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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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zwischen dem Ende des Besuches der Königin und der Ankunft Manins zugetragen hat.»

    «Das verstehe ich nicht.»
    «Dann will ich es Ihnen erklären.» Tron lächelte.
    «Wissen Sie, was mir an der ganzen Geschichte nicht gefällt?»
    «Was denn?»
    «Dass das Verhalten Kostolanys nicht zu der Person passt, die Sivry beschrieben hat», sagte Tron.
    «Sivry hat Kostolany als jemanden geschildert, der sich nie auf unsaubere Geschäfte eingelassen hätte.
    Vielleicht hat Kostolany ja auch nie einen Preis für sein Schweigen gefordert, sondern es kategorisch abgelehnt zu schweigen.»
    Bossi runzelte die Stirn. «Aber er hat geschwiegen.»
    Jetzt konnte Tron die Bombe platzen lassen.
    «Weil er bereits tot war, als die Königin und Oberst Orlow den Palazzo da Lezze besucht haben.» Er registrierte befriedigt, dass Sergente Bossi ihn anstarrte wie einen brennenden Dornbusch.
    Er stand auf und trat einen Moment lang vor das geöffnete Fenster. Der wolkenlose Sommerhimmel über den Dächern wurde von einer fast senkrecht aufsteigenden, dünnen Rauchsäule in zwei Teile geteilt, was die strahlend blaue Makellosigkeit des Himmels zusätzlich betonte. Wer hatte ihm einmal erzählt, dass die leeren Räume zwischen den Sternen rabenschwarz waren? Bis auf ein paar winzige Lichtpünktchen schwärzer als die schwärzeste Gondel?
    Wenn dies zutraf, dachte Tron, dann war dieser emailleblaue Himmel nichts weiter als eine trügerische Illusion, eine gigantische Maske aus aufgesogenem Sternenlicht.
    Ihm wurde schwindlig. Er drehte sich um, setzte sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl. Auf einmal hatte er das Bedürfnis, mindestens eine halbe Schachtel Demel-Konfekt in sich hineinzustopfen.
    «Troubetzkoy hat Kostolany besucht», sagte Tron langsam. «Das hat er ja auch zugegeben. Aber nicht, um ein harmloses Gespräch mit ihm zu führen, wie der Großfürst behauptet hat.»
    «Sondern?»
    «Um Kostolany zu töten. In Absprache mit Orlow. Troubetzkoy hat Kostolany erwürgt und anschließend die Leiche Kostolanys in den Flur befördert. Und dann ist er in die Rolle Kostolanys geschlüpft. Was kein Problem war, denn die Königin hatte den echten Kostolany nie gesehen.» jetzt sah Bossi ein wenig benommen aus. «Eine ziemlich gewagte Theorie.»
    «Aber sie lässt sich einfach verifizieren. Wir müssen der Königin nur die Fotografie zeigen, die Sie von der Leiche Kostolanys gemacht haben.»
    «Und der Mord an Pater Terenzio?»
    «Da hat sich Toggenburg eingeschaltet», sagte Tron. «Der Stadtkommandant war heute Morgen bei Spaur und hat betont, dass gegen Offiziere befreundeter Streitkräfte nur die Militärpolizei ermitteln darf. Toggenburg befürchtet, dass die Königin sich an die Hofburg wenden könnte, falls wir Orlow nicht in Ruhe lassen.»

    «Wenn Ihre Theorie stimmt, wird sie das kaum  tun, nachdem sie die Fotografie von Kostolany gesehen hat.»
    «Sobald die Königin aus Triest zurück ist, zeigen wir ihr die Fotografie Kostolanys und fragen sie, ob das der Mann war, mit dem sie im Palazzo da Lezze verhandelt hat.»
    «Und wenn sie sagt, dass er es nicht war?»
    «Dann wird Oberst Orlow ein paar Erklärungen  abgeben müssen. Und was Troubetzkoy angeht: Der genießt diplomatische Immunität. An den kommen wir nicht ran. Aber wir können ihn und Orlow unter diesen Umständen dazu bewegen, den Tizian herauszurücken.»
    Bossi schluckte und räusperte sich. «Moment mal.
    Damit ich das richtig verstehe: Troubetzkoy erwürgt Kostolany, nimmt den Tizian mit und schafft anschließend das Bild weiß-der-Himmel-wohin?»
    Tron nickte.
    «Und bringt dann», fuhr Bossi fort, «sicherheitshalber den Tizian, den er vor zwei Monaten von Kostolany übernommen hatte, auf die Karenina .»
    «So ist es, Bossi. Es sei denn, die Königin ist mit einer Kopie nach Venedig gekommen.» Tron dachte kurz nach. Das war eine ziemlich komplizierte Variante, weil sich unter dieser Voraussetzung alle Parameter wieder verschoben, aber so brillant, wie sein Gehirn momentan funktionierte, durchaus erläuterbar. Tron sagte lebhaft: «In diesem Fall hätten wir ein völlig ver ändertes Szenario. Dann wäre es nämlich so, dass …»

    Tron brach ab, als er sah, dass der Gesichtsausdruck des Sergente auf einmal katatonisch starr war.
    Bossi atmete schwer und röchelte leise – wie ein Mann kurz vor einem Herzanfall. Tron beugte sich über den Schreibtisch. «Wollen Sie, dass ich weiterrede, Sergente?»
    Bossi rieb sich die Schläfen. «Soll ich Ihnen sagen,

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