Gone 4: Rache
und zwei Paletten mit Zierkram für den Garten: Engel und Zwerge und kleine Statuen.
Der sechste enthielt Fassadenfarbe und Beize für Verandaholz.
Beim siebten hatten sie endlich Glück: Er war mit Instantnudeln mit Shrimpgeschmack, Fertigsuppen mit Huhn, Kaffeefiltern und -maschinen sowie verschiedenen Teesorten beladen.
Totos Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an. »Zwischendurch mal Nudeln wären lecker gewesen.«.
»Nudeln sind gut«, sagte Sam.
»Ich hätte auch nichts gegen eine ordentliche Portion«, meinte Jack.
»Wahr. Er sagt die Wahrheit«, kommentierte Toto ungefragt. »Er hätte nichts gegen Nudeln.«
Der achte Container war leer.
Der neunte enthielt zwei große Maschinen.
»Wie heißen die noch mal?«, fragte Jack. »Ihr wisst schon, Drehbänke oder so.«
»Ja, toll«, entgegnete Dekka. »Jetzt brauchen wir nur noch zweihundertzwanzig Volt. Dann können wir eine Fabrik aufmachen.«
Sam wurde langsam nervös. Nutella und Nudeln waren gut, sogar großartig. Ein kleines Wunder. Er hatte sich aber mehr erhofft – mehr Essen, mehr Wasser, mehr Medikamente, alles Mögliche. Das Ganze erinnerte ihn auf eine absurde Weise an Weihnachten, als er noch klein war und auf etwas gehofft hatte, das er nicht einmal benennen konnte. Ein Ding, mit dem er Spielsachen, die er nicht wollte, in solche verwandeln konnte, die er sich gewünscht hatte.
Als Jack den zehnten Container öffnete, stand er zunächst einfach nur da und starrte hinein.
»Was ist drin?«, fragte Sam.
Keine Antwort.
Da warf Sam einen Blick über Jacks Schulter. Paletten über Paletten mit flachen Kartons. Jeder von ihnen trug das Apple-Logo.
»Computer«, sagte Sam, »oder iPods.« Beides wäre nutzlos.
Endlich geriet Jack in Bewegung. Er stürzte zur erstbesten Palette, zögerte kurz, aber nur, um sich die Hände an der Jeans sauber zu wischen. Dann riss er die Plastikfolie auf, hob behutsam einen Karton heraus und öffnete ihn.
Mit zitternden Fingern holte er eine weiße Schachtel hervor, auf der ein Laptop abgebildet war.
»Super, Internet!«, meinte Sam sarkastisch. »Dann bräuchten wir nur noch Strom.«
»Die werden aufgeladen geliefert«, fuhr Jack ihn an, weil ihn die Bemerkung ärgerte. »Es ist lange her … aber mit etwas Glück ist der Akku nicht ganz leer.«
»Okay«, sagte Sam beschwichtigend. »Später darfst du spielen. Schauen wir uns erst den nächsten …«
»Nein!«, rief Jack in einer Mischung aus ängstlicher Erwartung und großer Vorfreude. »Ich muss … zuerst muss ich nachsehen.«
Er verbrachte fünf Minuten damit, die Klebestreifen von der Schachtel zu lösen und den Laptop mitsamt den Füllkörpern aus Styropor herauszuziehen, als wäre er ein zerbrechliches Kunstwerk.
Es war, als sähen sie einem fremden und zutiefst religiösen Ritual zu. Sam fand es fast schon rührend. So emotional hatte er Jack noch nie erlebt.
Er zupfte geduldig an dem schmalen Klebeband, das die dünne Schaumstoffhülle des Laptops zusammenhielt. Und dann hielt er das silberne Gerät wie ein Neugeborenes in den bebenden Händen.
Er drehte ihn um. Inzwischen hatte die Spannung sogar Sam erfasst.
Jack schloss die Augen, holte tief Luft, drehte den Laptop wieder um und drückte auf die Ladekontrollleuchte. Zwei kleine grüne Striche blinkten auf.
»Zwei!«, rief Jack begeistert. »Ich hatte schon befürchtet, es würde nur ein Lämpchen leuchten.« Im Flüsterton fuhr er fort: »Zwei. Das sind anderthalb, vielleicht zwei Stunden.«
»Jack? Sag bloß, du weinst.«
Jack wischte sich die Augen ab. »Nein, Mann.«
»Er lügt. Er weint«, bemerkte Toto.
»Brauchst du eine Minute für dich?«, fragte Sam. Er bezweifelte, dass es irgendetwas gab, womit er Jack im Moment loseisen konnte.
Jack nickte.
»Okay, dann machen Dekka und ich schon mal weiter.«
Im elften Container standen noch mehr Gartenmöbel.
Der zwölfte war bis zur Decke mit Dosen gefüllt. Für Sam und Dekka der schönste Anblick überhaupt. Voller Ehrfurcht standen sie davor. Das Logo ließ keinen Irrtum zu.
»Kann man Fertigsuppen auch mit Pepsi kochen?«, fragte Dekka.
Als wäre das ihr Stichwort, stürzten sie sich auf die in Plastikfolie verpackten Paletten und zerrten Dosen heraus.
Krack-tsch!
Krack-tsch!
Krack-tsch!
Dosen, die zischend aufgingen. Dieses Geräusch hatten sie seit Monaten nicht mehr gehört. Sam, Dekka und Toto tranken begierig.
»Ah!«, stieß Dekka hervor.
»Ist das gut«, bestätigte Toto.
»Das ist … das ist, als
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