Gone 5: Angst (German Edition)
diese hiergelassen. Wir sollten das Siegel prüfen.«
Sam ging vorsichtig näher. Er richtete den Lichtstrahl auf das gelbe Klebeband, mit dem die Kiste versiegelt war. Das Band war sorgfältig aufgeschnitten und dann wieder angebracht worden.
»Sie sind weg«, stellte Sam fest. »Caine hat sie.«
»Aber warum lässt er dann eine zurück?«, fragte Jack.
Sam schluckte. »Weil das eine Sprengfalle ist.«
Acht
36 Stunden, 10 Minuten
»Damit darf er nicht ungestraft davonkommen!«, kreischte Penny.
Caine wollte nichts davon hören. »Wie kann man nur so blöd sein!«, schrie er sie an. »Es so weit zu treiben!«
»Er hat einen Tag lang mir gehört!«, zischte Penny. Ihre Nase hatte wieder zu bluten angefangen und sie drückte einen Lappen darauf.
»Er hat sich selbst die Augen ausgekratzt! Was hast du denn gedacht? Dass Quinn sich einfach damit abfindet? Und Albert? Hast du dir überlegt, was er jetzt tun wird?« Wie immer, wenn Caine nervös war, knabberte er an seinem Daumennagel.
»Ich dachte, du bist der König.«
Caine reagierte, ohne nachzudenken: Er holte aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Der Schlag traf sie kaum, seine Gedankenkraft umso mehr. Penny flog nach hinten, als wäre sie angefahren worden, und knallte gegen die Wand.
Caine war bei ihr, bevor sie sich sammeln konnte.
Turk stürzte mit der Waffe im Anschlag herein. »Was ist los?«
»Penny ist gestolpert«, knurrte Caine.
Pennys sommersprossiges Gesicht war weiß vor Wut.
»Tu das ja nicht …«, warnte Caine sie. Mit unsichtbarem Griff verrenkte er ihren Kopf bis zum Anschlag.
Dann ließ er sie los.
Penny keuchte und starrte ihn hasserfüllt an, beschwor aber keine Horrorfantasien herauf.
»Du kannst nur hoffen, dass Lana den Jungen wieder hinbekommt.«
»Du verweichlichst«, stieß Penny heiser hervor.
»König zu sein, heißt nicht, sich wie eine kranke Bestie aufzuführen«, erwiderte Caine. »Die Leute brauchen einen Anführer. Sie sind wie die Schafe. Nur funktioniert das nicht, wenn du anfängst, die Schafe umzubringen.«
Penny lachte spöttisch. »Du fürchtest dich vor Albert.«
»Ich fürchte mich vor niemandem und am allerwenigsten vor dir. Du lebst, weil ich dich leben lasse. Vergiss das nicht. Aber die Kids da draußen …«, sagte er und winkte mit der Hand zum Fenster. »… die hassen dich. Niemand will mit dir befreundet sein. Und jetzt hau ab! Ich will dich erst wieder sehen, wenn du angekrochen kommst und mich um Verzeihung bittest.«
Penny stieß ein »Fick dich!« hervor.
Caine lachte. »Du meinst: ›Fickt Euch, Hoheit‹.«
Mit einer kaum merklichen Handbewegung hob er Penny hoch und warf sie durch die offene Tür in den Flur.
»Sie könnte zum Problem werden, Hoheit«, sagte Turk.
»Das ist sie längst. Erst Drake, jetzt Penny. Ich bin von lauter Psychopathen und Vollidioten umgeben.«
Turk machte ein gekränktes Gesicht.
»Eines noch, Turk. Solltest du mich jemals ausrasten sehen, du weißt schon, weil Penny ihre kranken Fantasien ausspielt, dann erschießt du sie. Verstanden?«
»Absolut.« Verzögert fügte er noch ein »Hoheit« hinzu.
»Dir ist klar, dass mit dem Vollidioten du gemeint bist?«
»Äh …«
Caine murmelte: »Mann, wie ich Diana vermisse«, und verließ aufgebracht den Raum.
Als Quinn beim Clifftop ankam, zitterte er immer noch vor Wut. Aber auch vor Angst. Er hatte sich Penny zum Feind gemacht, diese extrem gefährliche Irre. Und Caine wahrscheinlich auch.
Im ehemaligen Hotel war es stockfinster. Er eilte die Treppen hinauf und gelangte in den Flur zu Lanas Zimmer. Als er über den langen Läufer tappte, hörte er auf einmal Stimmen. Kinderstimmen. In einem der Zimmer am anderen Ende des Gangs.
Er blieb überrascht stehen und horchte.
»Du hast verloren, Peace. So was von verloren.«
»Weil du mogelst, du kleine Ratte.«
»Hey, nicht so laut, okay?« Diese Stimme erkannte Quinn. Das war Virtue oder Choo, wie ihn fast alle nannten.
War Sanjit mit seinen Geschwistern ins Clifftop gezogen? Seit wann? Die Inselkids waren doch mit Lana zum See gegangen. Sie war allerdings schon nach ein paar Tagen wieder zurückgekehrt. Das Clifftop war ein Teil von ihr, der Ort, an dem sie sich sicher fühlte.
Er spürte einen leisen Stich im Herzen, weil Lana ihnen erlaubt haben musste, bei ihr einzuziehen. Was anderes war gar nicht vorstellbar. Bisher durfte niemand auch nur einen Winkel ihrer Clifftop-Schanze in Beschlag nehmen.
Ihm war zu Ohren gekommen, dass
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