Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
ob das die Wurzel seines Abscheus ist: Er hat mir seine Schwächen offenbart, und dafür hasst er mich jetzt.
Er hat mich gestoßen. Heftig. Vor zwei Tagen. Ich bin gestürzt und habe mir den Kopf an der Kücheninsel angeschlagen, so dass ich drei Sekunden nichts sehen konnte. Ich weiß echt nicht, was ich davon zu halten habe. Der Schock war größer als der Schmerz. Ich habe ihm gesagt, ich könnte einen Job kriegen, etwas Freies, damit wir eine Familie gründen und ein richtiges Leben haben können …
»Und wie nennst du das, was wir jetzt haben?«, fragte er.
Die Hölle, dachte ich, sagte es aber nicht.
»Wie nennst du unser Leben, Amy? Häh? Wie nennst du es? Ist das in den Augen von Miss Amazing etwa kein Leben?«
»Es ist nicht meine Vorstellung von einem Leben«, antwortete ich da, und er machte drei große Schritte auf mich zu. Ich dachte: Er sieht aus, als wollte er … Und dann rammte er mich auch schon, und ich fiel hin.
Wir schnappten beide nach Luft. Er hielt seine Faust mit der anderen Hand fest und machte ein Gesicht, als würde er gleich weinen. Es tat ihm nicht nur leid, er war schlicht fassungslos. Aber eines möchte ich klarstellen: Ich wusste, was ich tat, ich brachte ihn gezielt und absichtlich in Rage. Ich habe zugeschaut, wie er sich immer mehr angespannt hat – ich wollte, dass er endlich etwas sagt , etwas tut . Selbst wenn es etwas Schlechtes ist, selbst wenn es das Allerschlimmste ist, tu etwas, Nick . Lass mich hier nicht allein herumirren wie ein Geist.
Aber dass er so etwas tun würde, habe ich nicht geahnt.
Ich habe nie darüber nachgedacht, wie ich reagieren würde, wenn mein Mann mich angreift, weil es in den Kreisen, in denen ich aufgewachsen bin, keine häusliche Gewalt gab. (Ich weiß, ich weiß: Gewalt kennt keine sozioökonomischen Grenzen. Aber trotzdem: Nick?) Das klingt platt, aber es kommt mir so unglaublich absurd vor: Ich bin eine misshandelte Hausfrau. Amazing Amy und der gewalttätige Ehemann.
Er hat sich überschwänglich entschuldigt, hat sich sogar bereiterklärt, über eine Paarberatung nachzudenken, was ich nie für möglich gehalten hätte. Finde ich gut. Im Kern ist Nick so ein guter Mann, dass ich bereit bin, die Sache auf sich beruhen zu lassen, zu glauben, dass es ein Ausrutscher war, verursacht durch den Stress, unter dem wir beide stehen. Manchmal vergesse ich, dass Nick genauso viel Stress hat wie ich: Er trägt nicht nur die Verantwortung dafür, mich hierherverpflanzt zu haben, er möchte außerdem, dass ich nicht mit Jammermiene hier rumhänge, sondern glücklich und zufrieden bin, und das kann einen Mann wie Nick – der fest daran glaubt, dass irgendwie jeder seines Glückes Schmied ist – ganz schön unter Druck setzen.
Deshalb hat mir das Schubsen an sich keine Angst gemacht, so heftig und schnell, und gleich wieder vorbei. Was mir Angst gemacht hat, war Nicks Gesicht, als ich blinzelnd, mit dröhnendem Kopf auf dem Boden lag. Dieser Ausdruck – er musste sich zusammenreißen, um mir nicht noch einen Schlag zu verpassen. Wie sehr er das wollte! Und wie er mich seither ansieht: schlechtes Gewissen und Ekel vor dem schlechten Gewissen. Absoluter Ekel.
Das ist der finsterste Teil. Gestern bin ich zur Mall rausgefahren, wo ungefähr die halbe Stadt Drogen kauft, und es ist genauso leicht, wie ein Rezept einzulösen; das weiß ich, weil Noelle es mir erzählt hat. Ihr Mann geht gelegentlich hin, um sich einen Joint zu holen. Aber ich wollte keinen Joint, ich wollte eine Waffe, für den Fall des Falles. Für den Fall, dass bei Nick wirklich alle Sicherungen durchbrennen. Erst als ich fast dort war, ist mir eingefallen, dass Valentinstag ist. Und ich dachte: Nicks Dad hat recht gehabt: Du bist eine dumme Schlampe. Denn wenn du glaubst, dass dein Mann dir etwas antut, dann haust du ab. Aber du kannst deinen Mann nicht verlassen, der gerade seine tote Mutter betrauert. Das geht nicht. Dafür müsstest du eine maßlos grässliche Frau sein – es sei denn, es stimmt wirklich etwas nicht. Du müsstest ehrlich davon überzeugt sein, dass dein Mann dir etwas antun will.
Aber ich glaube nicht wirklich, dass Nick mir etwas antun will.
Ich würde mich nur sicherer fühlen mit einem Revolver.
Nick Dunne
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