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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Tag
    Ich bin viel glücklicher jetzt, wo ich tot bin.
    Genau genommen werde ich nur vermisst. Aber bald bin ich mutmaßlich tot. Aber der Kürze halber sagen wir einfach: tot. Es sind erst ein paar Stunden, aber ich fühle mich schon besser: die Gelenke locker, die Muskeln entspannt. Heute Morgen gab es einen Punkt, da merkte ich, dass mein Gesicht sich seltsam anfühlte, anders. Ich schaute in den Rückspiegel – Carthage, das schreckliche Kaff, lag dreiundvierzig Meilen hinter mir, mein blasierter Ehemann hing sicher in irgendeiner klebrigen Bar herum, während die Katastrophe an einem dünnen Stahldraht über seinem blöden vernagelten Kopf schwebte – und mir wurde klar, dass ich lächelte. Ha! Etwas ganz Neues.
    Meine Checkliste für heute – eine von vielen Checklisten, die ich im Lauf des letzten Jahres erstellt habe – liegt neben mir auf dem Beifahrersitz, ein Blutfleck direkt neben Punkt 22: Mich ritzen. Aber Amy hat doch Angst vor Blut, wird der Tagebuchleser jetzt einwenden. (Das Tagebuch, ja! Zu meinem brillanten Tagebuch kommen wir gleich noch.) Nein, habe ich nicht, kein bisschen, ich habe es aber das ganze letzte Jahr behauptet. Ich habe Nick wahrscheinlich ein halbes Dutzend Mal erklärt, wie viel Angst ich vor Blut habe, und wenn er dann meinte: »Ich erinnere mich gar nicht, dass du damit solche Probleme hast«, habe ich entgegnet: »Aber das habe ich dir doch gesagt, ich hab es dir schon so oft gesagt!« Nick hat ein echt schlechtes Gedächtnis, was die Probleme anderer Menschen angeht, er hat einfach angenommen, dass es stimmt. Dass ich im Plasmazentrum in Ohnmacht gefallen bin, war ein hübsches Detail. Es ist wirklich passiert, ich hab es nicht nur aufgeschrieben. (Keine Sorge, das werden wir alles klären: was wahr ist und was nicht und auch, was genauso gut wahr sein könnte.)
    Punkt 22 – mich ritzen – steht schon lange auf der Liste. Jetzt ist es Realität geworden, und mein Arm tut weh. Sehr weh sogar. Man braucht eine ganz besondere Art von Disziplin, wenn man sich selbst tiefer schneiden will, nicht nur Papierschnittniveau, sondern bis auf den Muskel. Man will eine ganze Menge Blut, aber man darf nicht so viel verlieren, dass man ohnmächtig wird, denn sonst wird man womöglich Stunden später in einem großen roten Planschbecken entdeckt und hat einiges zu erklären. Zuerst hab ich mir ein Teppichmesser ans Handgelenk gehalten, aber als ich dann so das Kreuz und Quer der Adern betrachtet habe, kam ich mir vor wie ein Bombentechniker in einem Actionfilm: Wenn du die falsche Leitung kappst, bist du tot. Schließlich habe ich mich für die Innenseite des Oberarms entschieden und dabei fest auf einen Lappen gebissen, um nicht zu schreien. Ein langer, ordentlicher Schnitt. Zehn Minuten kauerte ich im Schneidersitz auf dem Küchenfußboden und ließ das Blut heruntertropfen, bis sich eine nette fette Pfütze gebildet hatte. Die wischte ich dann so schludrig weg, wie Nick es getan hätte, wenn er mir den Schädel eingeschlagen hätte. Ich möchte, dass das Haus eine Geschichte von einem Konflikt zwischen Richtig und Falsch erzählt. Das Wohnzimmer sieht inszeniert aus, aber das Blut ist weggewischt worden: Das kann nicht Amy gewesen sein!
    Die Selbstverstümmelung hat sich also gelohnt. Obwohl der Schnitt unter dem Ärmel und dem Druckverband schmerzt, auch jetzt noch, Stunden später. (Punkt 30: Wunde sorgfältig verbinden, dafür sorgen, dass kein Blut irgendwohin getropft ist, wo es nicht sein soll. Teppichmesser einpacken und in die Tasche stecken, später wegwerfen.)
    Punkt 18: Das Wohnzimmer in Szene setzen. Die Ottomane umkippen. Erledigt.
    Punkt 12: Den ersten Hinweis in die Schachtel packen und an einer Stelle deponieren, wo die Polizei ihn finden wird, bevor der verwirrte Ehemann auf die Idee kommt, danach zu suchen. Die Schachtel muss in den Polizeibericht. Ich will, dass der Ehemann gezwungen ist, mit der Schatzsuche zu beginnen (sein Ego wird ihn dazu bringen, sie zu Ende zu führen). Erledigt.
    Punkt 32: Unauffällige Klamotten überziehen, Haare unter Kappe verstecken, zum Flussufer runterklettern, bis zum Ende der Wohnanlage dicht am Wasser entlangschleichen, obwohl die Teverers – die einzigen Nachbarn mit Blick auf den Fluss – garantiert in der Kirche sind. Man weiß ja nie. Lieber auf Nummer Sicher gehen, ein bisschen extra Mühe hast du noch nie gescheut, das macht dich zu der, die du bist.
    Punkt 29: Von Bleecker verabschieden. Noch einmal seinen

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