Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
dass wir beide gerne lachten und nach dem Sex am liebsten ein kaltes Bier tranken.
Natürlich fällt es dir leicht, Schluss zu machen, würde Go sagen. Es ist ja schwierig geworden .
Aber es gab noch einen besseren Grund: In meinen Gedanken erblühte Amy zu voller Größe. Sie war verschwunden, doch sie war präsenter als alle anderen. Ich hatte mich in sie verliebt, weil ich bei ihr der ultimative Nick war. Sie zu lieben machte mich übermenschlich, gab mir das Gefühl, lebendig zu sein. In ihren pflegeleichtesten Zeiten war sie anstrengend, weil ihr Hirn ständig auf Hochtouren arbeitete, pausenlos – ich musste mich immer anstrengen, um mit ihr Schritt zu halten. Ich verbrachte eine Stunde damit, eine lässige E-Mail an sie zu schreiben, ich studierte alle möglichen geheimnisvollen Dinge, um ihr Interesse an mir aufrechtzuerhalten: die Lake Poets, der Code Duello, die Französische Revolution. Amys ruheloser Geist war ebenso weit wie tief, und durch das Zusammensein mit ihr wurde ich klüger. Ich wurde aufmerksamer, aktiver, lebendiger, fast so, als stünde ich unter Strom, denn für Amy war die Liebe wie eine Droge, wie Alkohol oder Pornographie: Es gab kein Plateau, nein, jedes Erlebnis musste noch intensiver sein als das vorhergehende, um die gleiche Wirkung zu erzielen.
Amy ließ mich glauben, dass ich außerordentlich und ihrem Niveau gewachsen war. Das war sowohl unser Glück als auch unser Verderben. Denn ich konnte mit den Anforderungen der Großartigkeit nicht umgehen. Irgendwann begann ich mich nach Bequemlichkeit und Mittelmäßigkeit zu sehnen, aber ich hasste mich dafür, und ich merkte, dass ich Amy letztendlich dafür bestrafte. Ich war es, der sie in das kühle, ständig gereizte Wesen verwandelt hatte, zu dem sie geworden war. Ich hatte ihr etwas vorgemacht, ich war nicht der Mann, der ich zu sein vorgab. Schlimmer noch, ich redete mir ein, dass unsere Tragödie einzig und allein ihre Schuld war. All die Jahre arbeitete ich daran, genauso zu werden, wie ich es ihr vorwarf: selbstgerecht und voller Hass.
Auf dem Rückflug hatte ich Hinweis vier so lange angestarrt, dass ich ihn auswendig konnte. Ich wollte mich foltern. Kein Wunder, dass ihre Briefe diesmal so anders waren: Meine Frau war schwanger, sie wollte von vorn anfangen, zu unserer strahlenden, glücklichen Lebendigkeit zurückkehren. Ich konnte mir vorstellen, wie sie in der Stadt herumgelaufen war und diese süßen Briefchen versteckt hatte, eifrig wie ein Schulmädchen darauf bedacht, dass ich es bis zum Ende schaffen würde – bis zu der Nachricht, dass sie schwanger war mit meinem Kind. Holz. Bestimmt war es eine altmodische Wiege. Ich kannte meine Frau: Es musste eine antike Wiege sein. Obwohl der Hinweis keineswegs im Ton einer werdenden Mutter gehalten war.
Stell dir vor: Ich bin ein böses, ein sehr böses Kind,
das bestraft werden muss und zwar geschwind.
Da, wo verwahrt wird, was der fünfte uns bringt,
tut mir leid, wenn das etwas verworren klingt!
So schön war es hier in der Mittagssonne,
dann schnell einen Cocktail, oh welche Wonne.
Also lauf jetzt schnell hin, ja eile dich bloß,
und öffne die Tür – die Überraschung ist groß.
Ich war schon fast zu Hause, als ich es endlich begriff. Was der fünfte uns bringt: Das Symbol für den fünften Hochzeitstag war das Holz. Und früher wurden Kinder, wenn sie bestraft werden sollten, oft in den Schuppen gebracht. Also ging es hier bestimmt um den Holzschuppen hinter dem Haus meiner Schwester – wo Teile von Rasenmähern und rostigem Werkzeug herumlagen –, ein verfallenes Nebengebäude, wie aus einem Slasher-Film, in dem ahnungslose Camper eines langsamen Todes sterben. Go setzte nie einen Fuß in den Schuppen, und seit sie eingezogen war, hatte sie oft im Scherz damit gedroht, ihn abzufackeln. Aber stattdessen hatte sie ihn immer mehr dem Unkraut und den Spinnweben überlassen, und wir hatten Witze darüber gemacht, dass es der ideale Ort war, um eine Leiche zu verscharren.
Unmöglich.
Ich fuhr durch die Stadt, das Gesicht wie betäubt, die Hände eiskalt. In der Auffahrt stand Gos Auto, aber ich schlich mich am hell erleuchteten Wohnzimmerfenster vorbei, und den steilen Abhang hinunter. Hier konnte sie mich nicht mehr sehen, weder sie noch sonst jemand. Der Ort war völlig abgeschieden.
Ganz hinten im Garten, direkt am Waldrand, stand der Schuppen.
Ich öffnete die Tür.
Neinneinneinneinnein.
Teil 2
Junge trifft Mädchen
Amy Elliott Dunne
Der
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