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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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stinkigen Katzenatem riechen. Den Trockenfutternapf noch mal auffüllen, für den Fall, dass man ihn zu füttern vergisst, wenn alles ins Rollen kommt.
    Punkt 33: Nichts wie weg!
    Erledigt, erledigt, erledigt.

    Ich kann euch gern noch mehr darüber erzählen, wie ich das alles gemacht habe, aber ich möchte mich zuerst einmal vorstellen. Ich bin nicht die Tagebuch-Amy, denn die ist eine reine Fiktion (und Nick meinte, ich wäre gar keine richtige Autorin – aber warum habe ich überhaupt jemals auf ihn gehört?), sondern ich bin’s, die wirkliche Amy. Was für eine Frau würde so etwas machen? Ich möchte euch eine Geschichte erzählen, eine wahre Geschichte, dann werdet ihr es vielleicht verstehen.
    Zuerst einmal: Ich hätte eigentlich nie geboren werden sollen.
    Vor mir hatte meine Mutter fünf Fehlgeburten und zwei Totgeburten. Eine pro Jahr, als wäre es eine jahreszeitliche Verpflichtung, wie die Fruchtfolge im Ackerbau. Alles waren Mädchen, alle bekamen den Namen Hope. Ich bin sicher, dass mein Vater das vorgeschlagen hat – sein optimistischer Impuls, seine gebatikte Ernsthaftigkeit: Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, Marybeth. Aber genau das mussten sie, jedes Mal von neuem: ihre Hoffnung auf Hope aufgeben.
    Schließlich verboten die Ärzte meinen Eltern, es weiter zu versuchen. Aber meine Eltern weigerten sich. Das ist nicht ihre Art, sie geben nicht so leicht auf. So versuchten und versuchten sie es, immer wieder, und schließlich kam ich. Meine Mutter rechnete nicht damit, dass ich am Leben blieb, sie traute sich nicht, sich vorzustellen, ich wäre ein richtiges Baby, ein lebendiges Kind, ein kleines Mädchen, das irgendwann nach Hause kommen würde. Ich wäre Hope 8 gewesen, wenn es schiefgegangen wäre. Aber ich kam laut schreiend und grell neonpink auf die Welt. Meine Eltern staunten, und auf einmal merkten sie, dass sie sich nie über einen Namen unterhalten hatten, einen realen Namen für ein reales Kind. Also verbrachte ich meine beiden ersten Lebenstage im Krankenhaus ohne Namen. Jeden Morgen hörte meine Mutter, wie sich ihre Zimmertür öffnete, und fühlte die Krankenschwester im Türrahmen stehen (ich stellte sie mir immer altmodisch gekleidet vor, mit wallenden weißen Röcken und einem dieser Käppchen, die aussehen wie ein Karton vom China-Imbiss). Die Schwester wartete, und meine Mutter fragte, ohne aufzublicken: »Lebt sie noch?«
    Als ich am Leben blieb, nannten sie mich Amy, weil das ein ordentlicher Mädchenname war, ein beliebter Mädchenname, ein Name, den tausend andere weibliche Babys in diesem Jahr auch bekommen hatten, so dass die Götter dieses eine kleine Baby vielleicht zwischen all den anderen nicht bemerken würden. Marybeth sagte immer, wenn sie es noch einmal zu entscheiden hätte, würde sie mich Lydia nennen.
    In der stolzen Überzeugung, etwas Besonderes zu sein, wuchs ich heran. Ich war das Mädchen, das gegen das Vergessen gekämpft und gewonnen hatte. Bei einer Wahrscheinlichkeit von einem Prozent. Allerdings hatte ich dabei den Uterus meiner Mutter zerstört – sozusagen mein persönlicher Shermans Marsch –, und Marybeth würde kein Baby mehr bekommen können. Als Kind empfand ich bei diesem Gedanken eine lebhafte Freude: Nur ich, nur ich, ich ganz allein.
    An den Geburts- und Todestagen der anderen Hopes schlürfte meine Mutter heißen Tee, setzte sich mit einer Decke in den Schaukelstuhl und meinte, sie brauche einfach ein bisschen Zeit für sich. Nichts Dramatisches, meine Mutter ist viel zu vernünftig, um Klagelieder zu singen, aber sie wurde ernst und nachdenklich, zog sich zurück, und das konnte ich, bedürftig wie ich war, nicht zulassen. Ich kletterte auf ihren Schoß, hielt ihr ein selbstgemaltes Bild unter die Nase oder erinnerte mich plötzlich an einen schulischen Erlaubnisschein, der umgehende Aufmerksamkeit verlangte. Mein Vater versuchte mich abzulenken, lockte mich ins Kino oder bestach mich mit Süßigkeiten. Aber ganz gleich, welche List er anwendete, sie funktionierte nie. Ich war nicht bereit, meiner Mutter diese paar Minuten für sich zu gönnen.
    Ich war immer besser als die vielen anderen Hopes, denn ich war diejenige, die es geschafft hatte. Aber ich war auch immer eifersüchtig, immer – sieben tote tanzende Prinzessinnen! Sie waren perfekt, ohne sich im Geringsten dafür anstrengen, ohne auch nur einen Augenblick existieren zu müssen, während ich hier auf der Erde festsaß, mir jeden Tag Mühe gab und jeden Tag damit

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