Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
rechnen musste, dass ich es nicht schaffte, perfekt zu sein.
Eine anstrengende Art zu leben. Ich lebte so, bis ich einunddreißig war.
Und dann war ungefähr zwei Jahre lang alles okay. Wegen Nick.
Denn Nick liebte mich. Eine Liebe mit sechs Is. Er liiiiiiebte mich. Aber er liebte nicht mich. Nick liebte ein Mädchen, das nicht existierte. Ich tat das, was ich oft tat, ich spielte ihm vor, eine Persönlichkeit zu haben. Ich kann nicht anders, das habe ich schon immer getan: So, wie manche Frauen jede Mode mitmachen, so wechsle ich meine Persönlichkeit. Welche Rolle fühlt sich gut an, was ist gerade besonders begehrt, was ist gerade in? Eigentlich glaube ich, dass die meisten Leute das machen, sie geben es nur nicht zu. Oder sie entscheiden sich für eine permanente Persönlichkeit, weil sie zu faul oder zu dumm sind, sie zu wechseln.
Bei der Party in Brooklyn habe ich die Stilvolle gespielt, das Mädchen, das ein Mann wie Nick gut findet: die Coole. Das ist immer das tollste Kompliment, das die Männer einem machen, oder nicht? Sie ist cool. Ein echt cooles Mädchen . Wenn ich die Coole bin, dann bin ich eine begehrenswerte, geistreiche, witzige Frau, die Videospiele spielt, billiges Bier trinkt, flotte Dreier und Analsex mag, sich Hotdogs und Hamburger in den Mund stopft, als veranstalte sie der Welt größtes kulinarisches Rudelbumsen, wobei sie aber stets Größe 34 beibehält, denn Cool Girl ist vor allem heiß. Begehrenswert und verständnisvoll. Cool Girl wird niemals wütend, sie lächelt nur betrübt und liebevoll und lässt ihren Kerl ansonsten tun, was er will. Nur zu, scheiß auf mich, macht mir nichts, ich bin Cool Girl.
Männer glauben tatsächlich, dass dieses Wesen existiert. Vielleicht lassen sie sich dadurch zum Narren halten, weil so viele Frauen bereit sind, diese Rolle zu spielen. Lange Zeit hat Cool Girl mich geärgert. Ich sah Männer – Freunde, Kollegen, Fremde –, die total auf diese grässlich unechten Frauen abfuhren, und ich wollte diese Männer packen und ihnen seelenruhig erklären: Dir gegenüber sitzt keine echte Frau, sondern eine Frau, die zu viele Filme von sozial inkompetenten männlichen Regisseuren gesehen hat, die gerne glauben möchten, dass solche Frauen existieren und sie möglicherweise küssen wollen. Am liebsten hätte ich den armen Kerl am Revers oder an seiner Kuriertasche gepackt und ihn angeschrien: Die Schlampe mag Chili Dogs eigentlich gar nicht so besonders – niemand ist dermaßen scharf auf Chili Dogs! Und die coolen Mädels sind noch erbärmlicher: Die tun nicht mal so, als wären sie die Frau, die sie sein wollen, die tun so, als wären sie die Frau, die der Mann sich wünscht. Oh, und wenn du kein Cool Girl bist, dann flehe ich dich an, nicht zu glauben, dass dein Mann kein Cool Girl will. Vielleicht eine leicht abgeänderte Version – vielleicht ist er Vegetarier, deshalb liebt Cool Girl Weizengluten und kann gut mit Hunden umgehen, vielleicht ist er ein Hipster-Künstler, dann ist Cool Girl eine tätowierte Intellektuelle mit Brille, die gerne Comics liest. Es gibt Variationen in der äußeren Erscheinung, aber glaubt mir, er will Cool Girl, und Cool Girl ist im Grunde genommen das Mädchen, das alles mag, das er mag, jedes einzelne verdammte Ding, und sich niemals beklagt. (Woher weißt du, dass du kein Cool Girl bist? Weil er Dinge sagt wie: »Ich mag starke Frauen.« Wenn er das zu dir sagt, dann wird er irgendwann eine andere ficken. Denn »Ich mag starke Frauen« ist der Code für »Ich hasse starke Frauen«.)
Jahrelang habe ich geduldig gewartet, dass das Pendel in die andere Richtung ausschlägt, dass die Männer anfangen, Jane Austen zu lesen, stricken lernen, so tun, als würden sie Schmuckkörbchen mögen, dass sie Scrapbook-Partys organisieren und vor unseren lüsternen Augen miteinander schmusen. Dann würden wir sagen: Ja, er ist ein Cool Guy.
Aber nichts dergleichen passierte. Stattdessen arbeiteten die Frauen landesweit eifrig weiter an ihrer Erniedrigung! Schon nach kurzer Zeit wurde das Cool Girl die weibliche Standardfigur. Die Männer glaubten, dass sie existierte – sie war nicht nur die einmalige Traumfrau. Nein, von allen wurde erwartet, dass sie Cool Girls waren, und wenn du es nicht warst, dann stimmte etwas nicht mit dir.
Sicher, es ist verlockend, Cool Girl zu sein. Für eine Frau wie mich, die Niederlagen hasst, ist es verlockend, das Mädchen zu sein, das alle Männer wollen. Als ich Nick kennengelernt habe,
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