Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Beurteilungen meines Auftritts.
»So etwas machen Sie bitte nie – nie – wieder«, begann Tanner. »Was zur Hölle ist los mit Ihnen, Nick? Ich hab allmählich das Gefühl, ich muss Ihnen so eine Leine anziehen, wie sie kleine Kinder manchmal kriegen. Eine größere Dummheit hätten Sie kaum machen können.«
»Haben Sie die ganzen Kommentare im Internet gesehen? Die Leute finden das toll. Ich drehe die öffentliche Meinung um, wie Sie es mir gesagt haben.«
»So etwas macht man nicht in einer unkontrollierten Umgebung«, entgegnete er. »Was, wenn die Frau für Ellen Abbott gearbeitet hätte? Was, wenn sie angefangen hätte, Ihnen Fragen zu stellen, die schwieriger sind als Was würden Sie Ihrer Frau denn sagen wollen, Süßer? « Er sagte das in einem mädchenhaften Singsang, aber sein Gesicht unter der orangefarbenen Spraybräune war rot, was irgendwie radioaktiv aussah.
»Ich habe meinem Instinkt vertraut. Ich bin Journalist, Tanner, Sie müssen mir schon zubilligen, dass ich Scheiße riechen kann. Die Kleine war ehrlich nett.«
Er setzte sich aufs Sofa und legte die Füße auf die Ottomane, die niemals allein umgefallen wäre. »Das war Ihre Frau auch mal«, entgegnete er. »Und Andie. Wie geht es Ihrer Wange?«
Der Biss tat noch weh, und als Tanner mich daran erinnerte, begann er wieder zu pochen. Ich wandte mich zwecks Unterstützung an Go.
»Das war nicht schlau, Nick«, sagte sie und setzte sich Tanner gegenüber. »Du hattest ein Riesenglück, dass es gut ausgegangen ist, aber es hätte auch anders kommen können.«
»Ihr reagiert wirklich übertrieben. Können wir uns nicht mal an einer guten Nachricht freuen? Bloß dreißig Sekunden gute Nachrichten in den letzten neun Tagen? Bitte.«
Tanner blickte demonstrativ auf seine Uhr und sagte: »Okay, dann legen Sie mal los.«
Als ich loslegen wollte, hob er sofort den Zeigefinger und imitierte das warnende Geräusch, das Erwachsene ausstoßen, wenn Kinder sie zu unterbrechen versuchen. Langsam senkte sich der Finger dann wieder und landete auf dem Ziffernblatt.
»Okay, dreißig Sekunden. Haben Sie es genossen?« Er hielt inne und wartete, ob ich etwas sagte – das ostentative Schweigen eines Lehrers, nachdem er einem störenden Schüler gesagt hat: Bist du endlich fertig? »Und jetzt müssen wir reden. Wir sind an einem Punkt, an dem das richtige Timing absolut unabdingbar ist.«
»Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.«
»Oh, danke.« Er hob eine Augenbraue. »Ich möchte sehr bald zur Polizei gehen und denen melden, was da im Schuppen lagert, solange der Bohei um Sie noch anhält. Die Reporter haben Gos Haus entdeckt, und mir ist nicht wohl dabei, den Schuppen und seinen Inhalt noch länger unerwähnt zu lassen. Und die Elliotts …?«
»Auf die Unterstützung der Elliotts können wir nicht mehr zählen«, sagte ich. »Damit ist Schluss.«
Wieder eine Pause. Anscheinend hatte Tanner beschlossen, mir keinen Vortrag zu halten oder mich auch nur zu fragen, was passiert war.
»Also müssen wir zum Angriff übergehen«, sagte ich und fühlte mich unberührbar, wütend, zu allem bereit.
»Nick, lass dich nicht von einer positiven Wendung der Ereignisse dazu verführen, dich unangreifbar zu fühlen«, sagte Go und drückte mir ein paar extrastarke Kopfschmerztabletten aus ihrer Handtasche in die Hand. »Sieh zu, dass du deinen Kater loswirst, du musst heute fit sein.«
»Das wird schon«, beruhigte ich sie, warf die Pillen ein und wandte mich wieder an Tanner. »Was wollen wir jetzt unternehmen? Machen wir einen Plan.«
»Großartig, hier ist der Deal«, sagte Tanner. »Er ist vollkommen unorthodox, aber so bin ich eben. Morgen machen wir ein Interview bei Sharon Schieber.«
»Wow, das ist ja … im Ernst?« Etwas Besseres als Sharon Schieber konnte ich mir kaum wünschen: die derzeit (in der Altersgruppe 30 bis 55) am besten bewertete Reporterin im Fernsehen (nicht nur Kabel). Sie war bekannt dafür, dass sie sich gelegentlich in die unsauberen Gewässer des True-Crime-Journalismus herabließ, aber wenn sie es tat, tat sie es verflucht engagiert. Vor zwei Jahren hatte sie eine junge Mutter, die im Gefängnis saß, weil sie ihr Baby zu Tode geschüttelt hatte, unter ihre Fittiche genommen. Über mehrere aufeinanderfolgende Abende hinweg hatte Sharon Schieber ein vollständiges juristisches – und sehr emotionales – Verteidigungsplädoyer für die Frau gehalten, die heute wieder zu Hause in Nebraska ist, frisch verheiratet und erneut
Weitere Kostenlose Bücher