Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
Vom Netzwerk:
formierten uns neu, eine Gruppen-Rückversicherung, dass wir uns über den Anruf keine Sorgen zu machen brauchten. Eine halbe Minute war es ganz still im Zimmer.
    »Ich muss schon sagen, ich bin echt aufgeregt, Sharon Schieber kennenzulernen«, sagte Go schließlich. »Die Frau hat echt Klasse. Das ist keine wie diese Connie Chung. «
    Ich lachte, was garantiert ihre Absicht war. Unsere Mutter hatte Sharon Schieber geliebt und Connie Chung verabscheut – sie hatte ihr nie verziehen, dass sie Newt Gingrichs Mutter im Fernsehen blamiert hatte, es ging irgendwie darum, dass Newt angeblich Hillary Clinton als b-i-t-c-h beschimpft hatte. An das Interview selbst erinnere ich mich nicht mehr, aber noch sehr gut an die Empörung unserer Mom.
    Um sechs betraten wir das Wohnzimmer, wo sich zwei Stühle gegenüberstanden, im Hintergrund der Arch, das Timing so abgepasst, dass er im Licht der Abendsonne erglühen, aber der Sonnenuntergang nicht direkt zu sehen sein würde. Einer der wichtigsten Augenblicke meines Lebens, dachte ich, diktiert vom Einfallswinkel der Sonnenstrahlen. Eine Produzentin, deren Namen ich vergessen hatte, kam auf gefährlich hohen Absätzen auf uns zugeklackert und erklärte mir, was ich zu erwarten hatte. Die Fragen wurden mehrmals gestellt, damit das Interview so flüssig wie möglich wirkte und es Gelegenheit gab, Sharons Reaktion einzufangen. Ich konnte mich nicht mit meinem Anwalt beraten, bevor ich eine Antwort gab, ich konnte eine Antwort umformulieren, aber nicht ihren Sinn verändern. Hier ist ein Glas Wasser, dann befestige ich jetzt das Mikro an Ihrem Jackett.
    Wir gingen auf den Stuhl zu, und Betsy stupste mich in den Arm. Als ich nach unten schaute, zeigte sie mir die Geleebohnen in ihrer Tasche. »Denken Sie dran«, sagte sie und drohte mir mit dem Zeigefinger.
    Dann öffnete sich plötzlich die Tür der Suite, und Sharon Schieber kam herein, so geschmeidig, als würde sie von einem Schwanenteam getragen. Sie war eine schöne Frau, eine Frau, die wahrscheinlich nie mädchenhaft gewirkt hatte. Eine Frau, deren Nase wahrscheinlich noch nie geschwitzt hatte. Sie hatte dichtes dunkles Haar und große braune Augen, die je nach Bedarf sanft wie ein Reh oder sehr böse blicken konnten.
    »Sharon!«, sagte Go, ein aufgeregtes Flüstern, das unsere Mom imitieren sollte.
    Sharon wandte sich zu ihr um und nickte majestätisch und kam zu uns herüber, um uns zu begrüßen. »Ich bin Sharon«, stellte sie sich mit tiefer, warmer Stimme vor und nahm Gos Hände.
    »Unsere Mutter hat Sie geliebt«, sagte Go.
    »Das freut mich sehr«, antwortete Sharon, und es klang tatsächlich, als käme es von Herzen. Dann wandte sie sich mir zu und wollte gerade etwas sagen, als ihre Produzentin auf ihren hohen Absätzen herbeieilte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Dann wartete sie auf Sharons Reaktion und flüsterte noch einmal.
    »Oh. Oh mein Gott«, sagte Sharon. Als sie sich wieder zu mir umwandte, lächelte sie nicht mehr.

Amy Elliott Dunne
    Zehn Tage danach
    Ich habe einen Anruf getätigt. Das vereinbarte Treffen kann allerdings erst heute Abend stattfinden – es gibt vorhersehbare Komplikationen –, also schlage ich die Zeit tot, indem ich mich feinmache und ordentlich vorbereite.
    Zuerst mal wasche ich mich auf der McDonald’s-Toilette – grünes Waschgel auf nassen Papiertüchern – und ziehe mir ein billiges papierdünnes Sommerkleid über. Ich denke darüber nach, was ich sagen werde. Ich staune, dass ich so gespannt bin. Das Leben in diesem Dreckloch hat mir zugesetzt: die Gemeinschafts-Waschmaschine – oben in der Trommel klebte unweigerlich noch die Unterwäsche eines Vorgängers, die man mit widerstrebenden Fingerspitzen herausklauben musste –, die immer verdächtig feuchte Ecke meines Hüttenteppichs, der tropfende Wasserhahn im Bad.
    Um fünf fahre ich los, nach Norden, zu unserem Treffpunkt, einem Casino namens Horseshoe Alley. Es taucht aus dem Nichts auf, ein blinkender Neonklotz mitten in einem dürren Wald. Mit dem letzten Rest des Reservetanks rolle ich auf den Parkplatz – ein Klischee, das ich noch nie in die Praxis umgesetzt habe –, ich parke und schaue mich um: eine Völkerwanderung älterer Menschen, die sich wie ramponierte Insekten auf Gehhilfen und Krücken vorwärtsbewegen und Sauerstoffbehälter zu den hellen Lampen schleifen. Zwischen den Gruppen der Achtzigjährigen eilige, allzu schick gekleidete junge Männer, die zu viele Vegas-Filme gesehen haben und nicht

Weitere Kostenlose Bücher