Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
mich ausfüllst. Ich fühle mich so leer.«
Damit kriege ich ihn. Über seiner Schulter verziehe ich das Gesicht, während er noch ein paar Mal in mich stößt und dann kommt, was ich um ein Haar verpasse – Oh, das ist also sein jämmerlicher Orgasmus-Laut –, aber ich kann noch schnell genug ein paar Oohs und Aahs produzieren, sanfte Kätzchengeräusche. Dann versuche ich, mir ein paar Tränen abzudrücken, denn ich weiß, dass er sich vorstellt, ich würde beim ersten Mal mit ihm weinen.
»Schätzchen, du weinst ja«, sagt er und zieht sich aus mir zurück. Sanft küsst er eine Träne.
»Ich bin nur glücklich«, sage ich. Denn genau das sagen solche Frauen.
Dann verkünde ich, dass ich ein paar Martinis bereitgestellt habe – Desi liebt einen dekadenten Nachmittagsdrink –, und als er Anstalten macht, sein Hemd überzuziehen und die Getränke zu holen, bestehe ich darauf, dass er im Bett bleibt.
»Jetzt möchte ich zur Abwechslung auch mal was für dich tun«, sage ich.
Ich flitze in die Küche und hole zwei große Martinigläser aus dem Schrank. In meines fülle ich Gin und eine einzelne Olive, in seines drei Oliven, Gin, Orangensaft, Wermut und meine letzten Schlaftabletten, drei Stück, zerkleinert.
Dann trage ich das Ganze ins Schlafzimmer, es wird gekuschelt und geschmust, und währenddessen schlürfe ich meinen Gin, denn ich muss mich ein wenig betäuben.
»Magst du meinen Martini nicht?«, frage ich ihn, weil er nur einen Schluck davon trinkt. »Ich hab mir immer vorgestellt, ich wäre deine Frau und würde Martinis für dich mixen. Das ist albern, ich weiß.«
Ich beginne zu schmollen.
»Oh, Schätzchen, das ist überhaupt nicht albern. Ich hab mir nur Zeit gelassen und genossen. Aber …« Er kippt das ganze Glas runter. »Wenn es dich glücklich macht!«
Er ist beduselt, siegestrunken. Sein Penis schlüpfrig – ein Eroberer. Im Grunde ist er einfach so wie alle Männer. Bald wird er schläfrig, dann fängt er an zu schnarchen.
Und ich kann beginnen.
Teil 3
Junge bekommt Mädchen zurück (oder andersherum)
Nick Dunne
Vierzig Tage danach
Auf Kaution frei, wartete ich auf den Prozess. Man hatte mich erkennungsdienstlich erfasst – das entpersönlichte Ein und Aus des Gefängnisses, die Kautionsverhandlung, die Fingerabdrücke und Fotos, die Rotation, das Umhergeschlurfe, das Handling –, ich fühlte mich nicht wie ein Tier, sondern wie eine Ware, wie etwas, was an einem Fließband hergestellt wird. Was hier hergestellt wurde, war Nick Dunne, der Killer. Es würde Monate dauern, bis der Prozess eröffnet wurde (mein Prozess – das Wort drohte mich immer noch zu zermalmen, mich in schrilles Gelächter ausbrechen zu lassen, in einen Irren zu verwandeln). Eigentlich hätte ich mich privilegiert fühlen müssen, weil ich auf Kaution draußen war: Ich hatte mich nicht vom Fleck gerührt, als klar war, dass ich verhaftet werden würde, deshalb ging man davon aus, dass keine Fluchtgefahr bestand. Vielleicht hatte Boney auch ein gutes Wort für mich eingelegt. Jedenfalls durfte ich noch die paar Monate in meinem Haus verbringen, ehe ich ins Gefängnis gekarrt und vom Staat umgebracht werden würde.
Ja, ich war wirklich ein Glückspilz.
Ich fand es seltsam, dass immer noch Mitte August war. Es ist noch Sommer, dachte ich. Wie kann so viel passiert sein, und es ist noch nicht mal Herbst? Es war brutal warm. Hemdärmel-Wetter hätte meine Mom es genannt, die sich mehr um ihre Kinder als um die tatsächliche Temperatur kümmerte. Hemdärmel-Wetter, Jacken-Wetter, Mantel-Wetter, Parka-Wetter – das Jahr im Wandel der Oberbekleidung. Für mich würde dieses Jahr noch das Handschellen-Wetter kommen, dann wahrscheinlich das Gefängnisoverall-Wetter. Oder das Schwarze-Anzug-Wetter, denn ich hatte nicht vor, ins Gefängnis zu gehen. Ich würde mich vorher umbringen.
Tanner hatte ein Team von fünf Detektiven auf die Suche nach Amy angesetzt. Bisher ohne Erfolg. Es war, als versuchte man Wasser einzufangen. Wochenlang hatte ich jeden Tag meinen kleinen beschissenen Teil beigetragen: Ich hatte eine Botschaft an Amy auf Video aufgenommen und sie auf Rebeccas Whodunnit-Blog gepostet. (Wenigstens Rebecca war loyal geblieben.) Auf den Videos trug ich Klamotten, die Amy mir gekauft hatte, ich hatte mir die Haare so gekämmt, wie sie es mochte, und ich versuchte, ihre Gedanken zu lesen. Meine Wut auf sie war wie Heizdraht.
Morgens platzierten sich meistens die Kamerateams auf meinem Rasen.
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